Für Überraschungen gut
Nunatak wird bereits als heißer Anwärter für das Spiel des Jahres 2024 gehandelt. Nach unseren Testläufen würde es uns nicht überraschen, ginge die Auszeichnung an dieses Spiel. Zuerst einmal geht man mit Nunatak auf eine Art Blindflug durchs ewige Eis.
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Nr. 1507: Nunatak | Spielwiese-Code | |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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| So sieht eine Partie Nunatak am Ende aus: Eine Pyramide mit Eisblöcken, die die Spieler in ihren Farben gemeinsam (aber nicht kooperativ!) errichtet haben. Bild: spielwiese.at |
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Die gute Nachricht
Zurecht einer der Hingucker des Jahres!
Die schlechte Nachricht
Da gibt es nichts zu mäkeln, höchstens dass der Spielspaß zu zweit nur mäßig ist
Rein ins Spiel!
Cool im doppelten Wortsinn kommt dieses Setz- und Legespiel daher. Nunataks, lernen wir bei dieser Gelegenheit, sind Gipfel, die aus den ebenen Flächen der Antarktis oder eines Gletschers hervorragen. Die Spieleredaktion macht uns natürlich vor, dass es in Wirklichkeit Eistempel sind, die von einer längst vergessenen Zivilisation erbaut wurden. Ganz egal: Am Ende haben wir eine beeindruckende Eispyramide auf dem Tisch stehen. Alle haben an ihr gebaut und einer von uns geht als Sieger oder Siegerin mit den meisten Punkte hervor.
Schon beim ersten Mal überkommt einen die Baulust mit dem tollen Spielmaterial, allerdings ist die erste Partie ein Blindflug. Wer sie dann gewonnen hat, kann eine große Überraschung sein. Denn bei Nunatak bestehen sehr viele Wechselwirkungen zwischen den Eisblöcken, mit denen man an der Pyramide setzt, und den Karten, die das alles steuern und erlauben. Diese Wechselwirkungen sind schematisch zwar auf den Spielübersichten abgebildet. Doch wie sich eine Aktion dann tatsächlich auswirkt, dazu muss man sich das notwendige Gefühl erst einmal erspielen.
Merke: Die zweite Partie wirst du garantiert anders anlegen.
Wir stufen Nunatak als gehobenes Familienspiel ein. Trotz zahlreicher Variablen, wodurch automatisch keine Partie der anderen gleicht, fehlt zu einem Kennerspiel noch ein großer Schritt. Übermäßig kompliziert ist es ohnehin nicht und dann spielt auch noch etwas Glück eine Rolle. Die erste Variable ist der Spielplan. Er symbolisiert eine weite Eisfläche und besteht aus 25 Bodenplatten, die zufällig zu einem Quadrat angeordnet werden. Sie haben zentral unterschiedliche Symbole. Die zweite und dritte Variable sind die sogenannten Baukarten und Segenkarten. Vier Baukarten werden aufgedeckt, sie zeigen sechs unterschiedliche Personen wie Eisschnitzer oder Älteste sowie Lastentiere. Diese sieben Kategorien korrespondieren wiederum mit den den Symbolen der Bodenplatten. Was dann in einen typischen Spielzug bei Nunatak mündet: Du nimmst biespielsweise eine Baukarte Eisschnitzer aus der Auslage und setzt einen Eisblock deiner Farbe auf eine entsprechende Bodenplatte. Segenkarten ermöglichen zusätzliche Aktionen oder bringen Vorteile bei der Schlusswertung. Ihre Auswirkungen sollten nicht unterschätzt werden, wir lassen sie hier aber außen vor.
Denn im Kern geht es bei jedem Zug um zwei Dinge bei Nunatak – ein vorerst „verstecktes“ Element und eines, das sofort sichtbar wird. Beide sind nachhaltig, man kann bei Nunatak nichts verlieren, alles zählt. Beginnen wir bei den unmittelbar sichtbaren Folgen eines Zuges, sie machen auch den Reiz des Spiels aus. Du setzt einen Eisblock und schon wächst das Nunatak dreidimensional in die Höhe. Die transluzenten Farben der Eisblöcke unterstreichen den Eindruck einer Eislandschaft dabei hervorragend. Schon bald kann es zu ersten Zwischenwertungen kommen. Wenn eine waagrechte oder senkrechte Reihe mit Eisblöcken entstanden ist oder – und hierbei sorgt Nunatak für den absoluten Motivationskick – wenn mit dem vierten Eisblock ein Quadrat gebildet wird. Wer die meisten Eisblöcke in diesem Quadrat hat, bekommt 5 Punkte, wer die zweitmeisten hat, 2 Punkte. Die Regeln für Gleichstände sind schwer in Ordnung, denn sie unterstreichen noch einmal das Bemühen, seine Eisblöcke optimal einzusetzen. Jedes neue Quadrat hat zudem weitere Auswirkungen. Zuerst einmal wird darauf eine neue Bodenplatte gelegt, also der Boden für die 2., 3. Etage usw. Damit kommt das nächste Symbol ins Spiel, auf das mit der entsprechenden Baukarte wiederum ein Eisblock gesetzt werden kann. Der Karton der Bodenplatten ist dermaßen gestanzt, dass ab der 2. Etage die vier Eisblöcke darunter in den Farben der jeweiligen Spieler „Grundpfeiler“ hervorlugen … heißt: Setze ich einen Eisblock in einer höheren Etage und wird er von darunter befindlichen Eisblöcken meiner Farbe gestützt, gibt es für jeden einen Zusatzpunkt.
Nunatak-Neulinge konzentrieren sich unweigerlich auf diese sehr schönen und sichtbaren Mechanismen und freuen sich über jeden damit erzielten (Zusatz-)Punkt wie kleine Schneekönige. Sie vernachlässigen damit allerdings das zweite Kernelement von Nunatak: die Baukarten. Wie schon erwähnt, werden sie aus einer Auslage von vier offen liegenden Baukarten ausgewählt (neudeutsch: gedraftet) und für Eisblöcke eingesetzt. Sie sind damit nicht aus dem Spiel, sondern die Spieler legen sie offen vor sich ab. Am Spielende wirken sie sich unterschiedlich in Siegpunkten aus. Wer, als Beispiel, am meisten Arbeiter gesammelt hat, bekommt 20 Siegpunkte. Der Wert von Eisschnitzern steigt exponentiell mit deren Anzahl, die Zahl der Lastentier-Karten wird mit der Zahl der darauf abgebildeten Symbole multipliziert. Dann sind da noch mögliche Punkte der gesammelten Segenkarten und einen Bonus gibt es auch für jenen Pyramidenbauer, von dem auf den vier die meisten Eisblöcke sichtbar sind.
Die Erfahrung aller Testrunden war die gleiche: Die erste Partie Nunatak endet mit Überraschungen und Aha-Effekten bei der Wertung, weil kaum jemand bis dahin wirklich alles im Auge behalten und entsprechend gespielt hat. Nicht dass man das jetzt als Anfängerfehler verteufeln sollte oder das Spiel als überladen bezeichnen müsste. Überahupt nicht. Es hat allen große Freude bereitet und darauf kommt es an. Und jeder wollte es wieder spielen.
Nunatak bietet – auch buchstäblich – geschickt verwobene Ebenen, man wächst sozusagen in dem tollen 3D-Setting. Egal wie fortgeschritten man in seiner Spielerfahrung mit Nunatak ist, ob man sich auf diese oder jene Bau- und Segenkarten zu konzentrieren versucht – als Um und Auf bleibt gezielt Quadrate zu bilden und das möglichst mit vielen eigenen Eisblöcken als kleinem Punkteturbo für die nächste Etage.
Eigentlich ganz einfach … und zu dritt am besten!
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| Nochmals spielen? Ja, sehr gerne. |
Rund ums Spiel Das Rezensionsexemplar wurde von Kosmos zur Verfügung gestellt |




… miteinander rechnen, Gegensätze nach vereinbarten Regeln austragen, dem Chaos Einhalt gebieten, das gemeinsame Leben in zwanglose Formen bringen.