Dem Spielwarenfachhandel droht das Ende – sagen deren Vertreter, und viele Befürchtungen bleiben unwidersprochen. Am Rande des Österreichischen Spielefests in Wien hat ein "Orientierungsgespräch" zwischen Händlern und den größten Spielehersteller stattgefunden.
Barbie als Sündenfall
Vorweg: Österreich ist ein Unikum, denn hier werden noch 50 Prozent des Umsatzes mit Spielwaren im Fachhandel umgesetzt. In Deutschland sind es nur noch 28 Prozent, in der Schweiz 20 und in Frankreich gar nur bescheidene 15 Prozent. Der jeweilige Rest kommt aus der so genannten Großfläche – Spielwaren werden also in Einkaufsmärkten, bei Diskontern, in Warenhäusern etc. gekauft. Großteils also als Mitnahmeprodukte ganz ohne Beratung.
Darüber kann man jammern, wie naturgemäß die verbliebenen Einzelhändler, oder es einfach zu Kenntnis nehmen. Der österreichische Fachhandel jedenfalls war bei der letzten Branchensitzung in einer "sehr düsteren Stimmung, wie die oberste Branchenvertreterin in der Wirtschaftskammer Heidi Heinz das "Orientierungsgespräch" in Wien schilderte. Und deshalb einen Aussprachetermin wünschte. Denn dass Barbie-Puppen zum Schnäppchenpreis bei Hofer (= der österreichische Name von Aldi) landen und den Fachhandel brüskieren, brachte aus Händlers Sicht das Fass zum Überlaufen.
Bitte lieber ohne Protokoll
Irgendwie sollte das verboten werden. Meint der Fachhandel. Denn der sieht sich benachteiligt. Unmissverständliche Antwort aller Spielwarenhersteller: Wir leben in einer freien Marktwirtschaft, "sind Kaufleute wie Sie" und müssen uns ebenso nach Angebot und Nachfrage richten. Und wenn Hofer (oder ein anderer Diskonter) will, dann … Ein "Industrievertreter" weist sogar darauf hin, dass beispielsweise in Frankreich ein solches Gespräch bereits nahe am Tatbestand der Preisabsprache verliefe und es eine Klage setzen würde (die Vertreterin der Wirtschaftskammer weigert sich aus genau diesem Grund, das Gesprochene in Form eines Protokolls festzuhalten).
Aber, so der Tenor aus dem Fachhandel, w i r seien es doch, die für die breite Basis sorgen, für Nahversorung, für einen Großteil der Umsätze … also (flehentlich) macht uns das Leben nicht schwer! "Sie werden den Zug nicht aufhalten können!", heißt es von den Herstellern, die durchaus auch Verständnis zeigen. Der Trend zur Großfläche sei ein globaler, sei in anderen Ländern bereits vollzogen, die Konzerne richteten ihre Strategien darauf ab: "Sie werden diese Lawine nicht stoppen können!" Da spielten – "ehrlich gesagt" – die zwei Prozent Anteil Österreichs am Spielemarkt Europas keine Rolle. Sorry.
Aus Sicht der Konsumenten
Wie sieht die Geschichte aus Konsumentensicht aus? Die dürfen sich über die Preissschlachten freuen. Am Beispiel "Spiel des Jahres" erklärt: warten. Es wird ja spätestens Anfang Dezember erfahrungsgemäß von irgendjemand zum Einkaufspreis angeboten. Und der Fachhändler ums Eck soll doch nicht so blöd sein, heißt die Botschaft der Hersteller, sich auf diesen aussichtlsosen Kampf einzulassen, sondern stattdessen ein "andereres", ein "eigenständiges" Sortiment zusammenzustellen. Eines, das sich eben von Müller, Toys'R'Us, Pennymarkt, Hofer & Co. unterscheidet.
Nur damit könne auch die Stärke des Fachhandels demonstriert werden: dass er beraten kann. Das Wesen der Großfläche sei ja, dass dort nur Massenartikel verkauft würden, die eigentlich keine Beratung erforderten.
Am Ende der Diskussion schienen alle froh, ihn geführt zu haben. Doch konkrete Lösungen für wirkliche und scheinbare Probleme gab es nicht. Was wohl auch damit zusammehing, dass zwar alle großen Anbieter kompetente Sprecher in den Nebenraum des Spielefests entsendeten, aber ausgerechnet diejenigen,die den Dialog eingefordert hatten, in Zahl und Repräsentanz für Österreich schwach vertreten waren.