Alles da: Schlüsselbund, Türen und Kanonenkugeln
Einmal mehr hat Kosmos bekannte Literatur kongenial ins Spiel gebracht: Das kleine Gespenst ist Kinderspiel des Jahres 2005.
Sie öffnen das erste Mal die Schachtel und merken, dass sich im Deckel ein Spielplan festgeklemmt hat. Stimmt so nicht, denn der ist ringeklebt und Teil eines durchdachten Spielaufbaus. Genau genommen wird das, was im Schachteldeckel ist, für einen ergänzenden Nebenschauplatz gebraucht.
Im wahrsten Sinn des Wortes spielt sich die Geschichte des kleinen Gespensts im Innenteil der Schachtel ab. Dort liegen Original-Illustrationen aus dem weltbekannten Kinderbuch (siehe Kasten Hintergrund) hinter 13 roten Türen verborgen. Mit magnetischer Zauberkraft – ein Megathema in diesem Spielejahrgang – können sie vom Kleinen Gespenst geöffnet werden. Wie im Buch dreht sich alles um die Uhr bzw. die zwölf Stunden, in denen das kleine Gespenst unverschuldeterweise Verwirrung stiftet. Zwei bis vier Kinder sollen helfen, den Spuk im Guten zu beenden.
Das kleine Gespenst ist ein Merkspiel mit mehreren plastischen Elementen. Man kann es auf zweierlei Art gewinnen: Ein Kind deckt in einer Runde nacheinander sechs richtige Türen auf (weiß also, welche Motive sich dahinter verbergen) oder durch eine Mischung aus Merkfähigkeit und Geschick. Das ist die sympathischere Variante, weil nicht alle gleich gut im Memorieren sind.
Im Detail: Hinter jeder Ziffer der Uhr verbirgt sich ein Motiv aus dem Buch. Alle Motive befinden sich auf einem Ring unter dem Zifferblatt. Mit einem kleinen Stab, der in eine der Vertiefungen gesteckt wird, lässt sich der Ring um jeweils eine Stunde drehen. Zu sehen ist immer nur ein Motiv, nämlich in einem Fenster unter der Zwölf.
Die Kinder müssen das zum jeweils sichtbaren Motiv passende Pendant hinter einer der Türen entdecken. Dazu nimmt man die große Spielfigur des Kleinen Gespensts in die Hand und öffnet mit dessen magnetischem Schlüsselbund eine Tür. Stimmt's, darf man weiterspielen, stimmt's nicht, muss man die Tür(en) wieder verschließen und der Nächste ist an der Reihe. Damit es nicht zu einfach ist, lässt jedes Kind zu Beginn zuerst ein neues Bild unter der 12 erscheinen.
Für jede richtig geöffnete Tür legt der Spieler je eine seiner acht Kanonenkugeln in den Schachteldeckel und während die anderen Kinder von zehn rückwärts zählen, versucht das Kind an der Reihe die kollernde(n) Kanonenkugel(n) in kleinen Vertiefungen zum Stillstand zu bringen. Wer als Erster alle seine Kanonenkugeln nacheinander versenkt hat, hat das Spiel gewonnen. Er hat, so die Geschichte, dem kleinen Gespenst sehr geholfen, möglichst viele Orte während der Geisterstunde zu besuchen.
Einmal mehr hat Kosmos damit Literatur sehr treffend in ein Spiel verpackt. Auch der Osnabrücker Spieleautor Kai Haferkamp ist darin bestens geübt: von ihm stammen unter anderem für Kosmos Märchenumsetzungen, Der kleine Prinz (Spielwiese 68), Spiele zu Jim Knopf, Die wilden Fußballkerle, und für Amigo Lauras Sternenspiel.
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Literatur im SpielDie "Verspielung" des Kinderbuch-Klassikers ist keineswegs ein Sonderfall. Schon immer hat es Spielumsetzungen bekannter Bücher gegeben, jedoch hat die Zahl dieser Adaptionen in den letzten Jahren zugenommen. Waren es früher auch eher Spiele mit Würfelabenteuern bekannter Romanfiguren (zB Karl May-Spiele), so halten sich Verlage und Autoren nun viel eher an die Buchvorlage. Kosmos hat so zum Beispiel Sofies Welt, Saint-Exuperys Der kleine Prinz (Spielwiese 68), Kishons Der Blaumilchkanal, Vernes' In 80 Tagen um die Welt sowie die Tolkien-Trilogie Der Herr der Ringe (Spielwiese 61) in Brettspielen aufleben lassen. Herr der Ringe-Spiele gab es allerdings auch schon vorher und bei mehreren Verlagen.Weitere aktuelle Beispiele: Flaschenteufel ist eine Adaption des Stevenson-Romans bei Bambus, Droll aus dem Kleinverlag Love Games nimmt sich Shakespeares Sommernachtstraum an, Emil und die Detektive (Spielwiese 74) feierte 2004 Auferstehung bei Schmidt, nachdem vor vielen Jahren die Geschichte schon bei Ravensburger als Spiel erschien. Natürlich spielt heute auch Cross-Marketing eine Rolle: wenn etwa die Harry Potter-Romane oder andere moderne Kinder(buch)geschichten verfilmt werden, sind Brettspiele dazu nicht weit. |
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Fazit
Das Spielmaterial ist ausgezeichnet, lediglich die Sache mit dem Stab hätte man sich etwas robuster und praktischer gewünscht. Bei Das kleine Gespenst werden Buch und Titelfigur durch viel Liebe zum Spieldetail sehr lebendig, etwa wie das Gespenst mit dem Schlüsselbund durchs Schloss wandert oder mit den Kanonenkugeln durch den Rittersaal poltert.
Da vergisst man, dass es eigentlich nur ein einfaches Merkspiel ist und dessen Reiz nach einiger Zeit wieder verblassen wird.
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Nr. 890: Das kleine Gespenst |
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Spielwiese-Code | |
2005: Kosmos |
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Themen: Märchen, Literatur
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Spielanleitung zum Herunterladen |
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Auszeichnungen
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