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Zu 500 Jahre Reformation ist auch den Spieleverlagen einiges eingefallen. Luther – Das Spiel ragt dabei heraus.
Nr. 1216: Luther – Das Spiel | Spielwiese-Code | |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Ein Viertel des Spielplans gehört dem berühmten Cranach-Bild des Reformators. Wie man sieht, hat es nicht nur dekorativen Charakter: Zu Beginn ist es verdeckt und seine Freilegung definiert nicht nur das Spielende, sondern Feld für Feld sammelt man sogenannte Erfahrungspunkte. Wie, das ist ein spannendes und dynamisches Spielelement. Bilder: spielwiese.at, AK Vorarlberg |
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Die gute Nachricht
Wen Luther überhaupt nicht interessiert, hat trotzdem ein spannendes Familienspiel in der Hand
Die schlechte Nachricht
Fachkenntnisse sind unnütz, so mag manch einer enttäuscht sein
Rein ins Spiel!
Thomas Matt ist ein guter Freund des Hauses und als Journalistenkollege Experte für Religion. spielwiese.at bat ihn, Luther – Das Spiel aus dem theologischen Blickwinkel zu betrachten. Er sagte gerne Ja. Ihm gehört deshalb der Einstieg:
»Machtwort und Wohlgefallen, Ebenbild und Glaubenskampf, Wortgezänk und Feuereifer – alles Wörter, die sich der deutsche Reformator Martin Luther hat einfallen lassen, als er auf der Wartburg als Junker Jörg die Bibel in die Sprache des Volkes übesetzt hat. Aber mochte er Käse? Und was macht der alte Augstinermönch neuerdings auf den Spieltischen des Landes? Als Gemälde, wie ihn Lucas Cranach auf die Leinwand brachte. Als Ausgang und Ziel eines Brettspiels.
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Das Ehepaar Erika und Martin Schlegel hat sich das Spiel ausgedacht. Ursprünglich war Konrad Adenauer Gegenstand einer Reise duch 16 deutsche Landeshauptstädte. Aber die Konrad-Adenauer-Stiftung schreckte der Preis. Also haben die Spieleerfinder ihre Idee anläßlich 500 Jahre Thesenanschlag kurzerhand auf Martin Luther umgemünzt. Aus den Landeshauptstädten wurden zwölf Städte in Deutschland, die für Luther besondere Bedeutung hatten. Erfurt, wo er studiert hat, Frankfurt, wo er auf seiner Reise zum Reichstag nach Worms abstieg, und natürlich Wittenberg, an dessen Schlosskirche Luther 1517 seine 95 Thesen bekannt gemacht hat.
Auch das wichtigste persönliche Umfeld Luthers spielt auf der Reise eine Rolle: Porträtplättchen von Lucas Cranach, Katharina von Bora, Philipp Melanchthon u.a. kann der gewiefte Spieler sammeln auf seinen Tagesreisen, die in Wahrheit in Minuten verstrichen sind. Und während er so von Proviantkarten für Käse und Brot und dem besonders nahrhaften Dünnbier vorangetrieben durch das Deutschland am Rande zur Neuzeit spaziert, lernt er allerlei. Er sammelt Erfahrungspunkte, die letztendlich den Sieger ausmachen. Ereignis- und Vorteilskarten sorgen für so manche unerwartete Wendung.
Es ist dies ein spannendes, lehrreiches und abwechslungsreiches Spiel. Und vielleicht die gelungendste Art, den großen Reformator wieder in die Familien zu holen. Mal abgesehen von den Luther-Socken mit der Aufschrift "Hier stehe ich und kann nicht anders", aber die sind eine andere Geschichte.«
Wie man spielt
Nach Matts Ansicht hat Luther – Das Spiel also Potenzial, auf spielerische Weise das Thema Reformation zugänglich zu machen. Denn theologische Vorkenntnisse oder in der Bibel sattelfest zu sein sind unerhebliche Voraussetzungen, das Spiel zu gewinnen.
Schauen wir im zweiten Teil des Spielwiese-Tests deshalb näher an, wie man dem Sieg näher kommt.
Von der Spielmechanik her ist Luther – Das Spiel ein klassisches Sammelspiel. Gesammelt werden sogenannte Erfahrungspunkte. Das geschieht, indem die Spieler von einem Ort zu Ort auf dem Spielplan ziehen, wobei die taktische Überlegung eine Rolle spielt, wie weit die einzelne Reise führt und was es am jeweiligen Endpunkt zu holen gibt. Da ist einerseits eine Art Rückerstattung der Reisekosten: Gemessen werden die Schritte in Tagesreisen, je zwei Tagesreisen bringen einen Erfahrungspunkt. Andererseits liegen auf den Stationen sogenannte Porträtplättchen. Je mehr man davon gesammelt hat, umso exponentiell höher fällt bei der Schlusswertung der Punkteertrag aus.
Durch Ereignis- und Vorteilskarten werden, wie Thomas Matt bereits erwähnte, die Dinge beeinflusst, beschleunigt oder gehemmt. Als Motor für die Fortbewegung durch das „Luther-Land“ des 16. Jahrhunderts dienen Proviantkarten. Paarweise wird zu Beginn jeder Runde ein Paar Proiviantkarten mehr offen ausgelegt, als Spieler am Tisch sitzen. Der Startspieler entscheidet als Erster, welches Paar er nimmt, dann folgen die Mitspieler, für die die Auswahl immer geringer wird. Das ist ein bekannter und bewährter Spielmechanismus.
Ungewöhnlicher ist, dass man auf diese Art und Weise nicht nur Zahlenwerte (Kartenrückseite) für die bis zu 8 Tagesreisen dauernden Überbrückungen zwischen Orten erhält, sondern je nachdem, welche Art von Proviant man wählt, auch auf einen der beiden Stapel an Sonderkarten zugreifen kann. Von steigendem Interesse sind die Luther-Karten, durch ein blaues Siegel gekennzeichnet. Damit zum Luther-Bild, dem berühmten Cranach-Porträt des Reformators, das ein Viertel des Spielplans einnimmt und die insgesamt hervorragende stimmige Optik des Spiels trägt. Wer eine Luther-Karte ausspielt, nimmt ein Plättchen vom Bild und kassiert zunächst dafür zwei Erfahrungspunkte. Für jedes bereits freigelegte Feld in derselben Reihe und derselben Spalte gibt es einen weiteren Punkt. Je länger Luther – Das Spiel dauert, desto mehr Punkte sind in einem Zug zu holen. Ist das Luther-Bild vollständig freigelegt, gibt es noch eine Schlussrunde.
Fazit
Wer mehr über die handelnden Personen und die Bedeutung der 16 Orte für die Reformation wissen will, für den gibt es einem Begleitheft entsprechende Informationen. Für das Spiel selbst sind sie nicht von Bedeutung. Handelt es sich also um Etiketten-Schwindel? Nein, denn auch ohne Luther-Thema (siehe Adenauer-Verweis oben) haben Erika und Martin Schlegel ein tragfähiges Familienspiel mit spannenden Details und verflochtenen Elementen ersonnen. Kein sogenanntes Kennerspiel und nicht mit dem Anspruch von Thurn und Taxis, an das es etwas erinnert. Den – nicht nur optischen – Kick erhält Luther – Das Spiel zweifellos durch das Freilegen des Luther-Bilds. Eine bereichernde Idee für ein Familienspiel!
Verspieltes Luther-Jahr
spielwiese.at hat nach weiteren Spielen geforscht, die aus Anlass des Jubiläumsjahres oder bereits zuvor erschienen sind: Überblick: Spielerisch durchs Luther-Jahr
Nochmals spielen? Durchaus, was Spieler angeht, die weniger am Thema interessiert sind, sondern vom Spielwert überzeugt wurden. Andererseits: In der kirchlichen Gemeindearbeit ist Luther – Das Spiel auch deshalb sehr gut aufgehoben, weil es dem einen und anderen (Erwachsenen) das Aha-Erlebnis bescheren wird, dass Spiele spielen heutzutage etwas sehr Spannendes ist und um den Sieg "kämpfen" muss. |
Rund ums Spiel
Das Rezensionsexemplar wurde von Kosmos zur Verfügung gestellt |