Mit Dominion schreibt Donald X. Vaccarino gerade Spielgeschichte. Gerade kam die erste Erweiterung des Kartenspiels heraus. Warum der 40-jährige Amerikaner bisher "abgetaucht" war und was er alles noch vorhat mit seinem Bestseller, erzählte er der Spielwiese in Essen.
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Dominion-Autor Donald X. Vaccarino mit Spielwiese-Herausgeber Arno Miller (.) auf der Spielmesse in Essen.
Bild: Schmidt/Brunner |
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Dale Yu, Valerie Putman, Bernd Brunnhofer und Jay Tummelson (v.l.) – das Team im Hintergrund bei der Realisierung von Dominion.
Foto: Spiel des Jahres
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Feixen zum Anfang
Donald X. Vaccarino sieht genau so aus wie auf dem einzigen Foto, das bislang im Internet von ihm herumgeisterte. Irgendwie haben die Verlage für die Internationalen Spieltage in Essen die Person so hingekriegt – ein bisschen Feixen darf erlaubt sein, nach allem, was über den Dominion-Autor im Ungewissen gehalten wurde, nach Geschichten wie der vom verpassten Flugzeug zur Preisverleihung von Spiel des Jahres in Berlin. Und nach den vielen Gerüchten, die es um ihn oder ein angebliches Pseudonym gab.
"Sind Sie es wirklich und können Sie es auch beweisen?" Der korpulente Mann mit Dreitagebart pariert mit einem Ja, und den Beweis über seine Urheberschaft bleibt er durch viele Details im Gespräch mit der Spielwiese keinesfalls schuldig. Die Geheimniskrämerei, "das war keineswegs Marketing!", bekräftigt er. Er sei nicht wirklich scheu, glaube aber auch nicht an ein wirkliches Interesse an Spieleautoren. Mit einem "Ich reise nicht gerne" rechtfertigt er seine bisherige Absenz. Näheren Details weicht er aus. Er lebe in New York. Ja, der Name gehe auf sizilianische Vorfahren zurück – "Meine Großmutter sprach noch Italienisch." – und das X in seinem Namen bedeute "nichts, es ist nur ein X. Jeder kann sich ein weiteres Initial geben. Ich mag das". Das ist echte amerikanische Unbekümmertheit.
Vaccarinos Lieblingskarten
Ungleich gesprächiger wird Vaccarino, wenn es ums Spielen geht. Zum Beispiel auf die Frage, ob er bei Dominion persönliche Favoriten unter den Karten habe. "Den Handlanger aus der Edition Die Intrige. Mit ihr kann man unheimlich viel machen, sie ist sehr flexibel einzusetzen, ich genieße die Kraft dieser Karte, dabei ist sie so billig! Zweifellos auch den Thronsaal – ein Stern im Basisspiel! –, oder auch die Bibliothek."
Nicht alle Karten finden sich heute da, wo sie Vaccarino ursprünglich für ihren Einsatz vorgesehen hatte. Der Kanzler zum Beispiel sei von der ersten Erweiterung ins Basisspiel gewandert. Denn von Anfang an, erzählt er, seien das Basisspiel, Die Intrige und Seaside als zwei Erweiterungen festgestanden. Zumindest zu dem Zeitpunkt, als er es Jay Tummelson von Rio Grande Games zeigte. Zuvor schon hatte Vaccarino Spiele entwickelt und unter anderem auch beim Sammelkartenspiel Magic mitgearbeitet.
Von Castle Builder zu
Dominion sei jedoch nicht von Magic inspiriert worden, "sondern von einem anderen Spiel, an dem ich arbeitete. Ich nannte es Spirit Warriors – ich muss für mich den Spielen einen Namen geben; Dominion war Castle Builder, daraus wurde dann schell Kingdom Builder. Die ersten zehn Karten, die ich für Spirit Warriors hatte, waren Teil einer Burg. Ich hatte Helden, die Abenteuer zu bestehen haben, und für jeden Helden hatte ich acht Karten mit verschiedenen Fähigkeiten. Ich erkannte, es dauert zu lange sich zu entscheiden, wenn man das alles auf der Hand hat, und dass man falsche Entscheidungen trifft. Also musste ich, um das Problem zu lösen, das Ganze reduzieren, nämlich auf ein Deck." Die Regeln für das Spiel mit zehn Karten habe er an einem Wochenende gehabt, "eine Sache von ein paar Stunden".
"Ich bin eine math person"
Sein ursprünglicher Beruf als Programmierer von Dialysegeräten und von Spracherkennungs-Software habe ihm indirekt bei der Entwicklung geholfen, sagt Vaccarino: "Ich bin eine ,math person'. Für manche Spiele ist das gut, wenn man die Balance zwischen verschiedenen Abläufen und Möglichkeiten finden muss, und das dann analysiert wie ein Mathematiker. Sie finden eine Reihe von ,math people' unter den Spieleautoren." Irgendwie, glaubt auch er, wird es wohl einen Zusammenhang geben.
Die A-B-C-Regel
Das "Ur-Dominion" war schließlich innerhalb von ein paar Monaten mit praktisch allen Karten im Jahr 2006 fertig. Zusammen mit Rio Grande, dem Verlag in den USA, wurde ab Juni 2007 an der Feinabstimmung des Basisspiels gearbeitet, für Die Intrige dauerte es ein halbes Jahr. Welche Rolle spielten Jay Tummelson, Dale Yu und Valerie Putman, die ja spekulativ als eigentliche Dominion-Autoren gehandelt worden waren? "Jay kümmerte sich um die Künstler, ums Papier usw., also um das alles, wie Dominion aussieht", erzählt Donald X. Vaccarino, "Valerie und Dale koordinierten die Spieletester und schlugen kleinere Regeländerungen vor, wenn es bei den Testspielen Probleme gab. Die größte Änderung aus dieser Erfahrung heraus betrifft die Bestimmung des Spielendes. Denn entweder war das Spiel zu schnell fertig, wenn ein Spieler eine bestimmte Strategie verfolgte, und die anderen hatten keine Zeit ihre Decks zu bilden. Oder es ging zu lange und war damit langweilig." Für das Englisch-sprachige Publikum hätten Yu und Putman außerdem den Einstieg insofern vereinfacht, indem sie für jeden Spielzug die A-B-C-Abfolge betonten, wie er auch in der US-Regel steht. Vaccarino: "Nämlich action, buy a card, clean up."
Mittelalter, aber kein Brettspiel
Kingdom Builder wäre sicher auch ein guter Titel gewesen. Aber Dominion ist international und lässt mehr zu. Was noch kommt, "ist ein Geheimnis", sagt der Autor. Ideen habe er noch mehrere im Kopf. Das Thema bleibt: "Mittelalter, aber nicht historisch, sondern mit einem Touch Fantasy. Wie King Arthur. Diese Welt will ich nicht verlassen."
Und auch das schließt Vaccarinio konkret aus: ein Dominion-Brettspiel. Das läge zwar auf der Hand und im Trend, denn Verlage machen aus Brettspielen Kartenspiele und umgekehrt. "Aber ich denke, es wird Spin-offs geben, bei denen die Kartendeck-Mechanik verwendet wird. Da denken vermutlich auch schon andere darüber nach
Ich möchte schneller sein (lacht). Ich würde sagen: Nicht Dominion als Brettspiel, aber Dominion mit einem Brett".
Aber jetzt kommt erst einmal die Erweiterung Seaside auf den Spieltisch