Zwei neue interessante Ausstellungen öffnen in diesen Tagen in Deutschland. Die eine thematisiert eines der ältesten und bekanntesten Kartenspiele, nämlich Schwarzer Peter, die andere stellt das Mittelalter im Spielzeug ins Scheinwerferlicht. Die Schwarzer Peter-Ausstellung bei Stuttgart umfasst neben anderen Exponaten allein 350 Spiele - darunter solche mit eindeutig rassistischem HIntergrund.
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Das Plakat zur Ausstellung in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart. |
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Spielplan von Das Turnier. Ein Künstlerspiel um das Jahr 1905. Autor und Gestalter war der Münchner Hans Röhm, Hersteller der R. Voigtländer Verlag aus Leipzig. Foto: Spielzeugmuseum Nürnberg |
Soziologie eines Kartenspiels
Meistens handelt es sich heutzutage beim Schwarzen Peter um ein Kinderspiel. Das war jedoch nicht immer so. Eine plausibel klingende Legende zur Entstehungsgeschichte resultiert in sozialen Umbrüchen der Zeit um 1800. Demnach reichen die Wurzeln des Spiels 200 Jahre zurück in die Zeit der Napoleonischen Epoche. Die territoriale Neuordnung, wie sie damals in vielen Gegenden Europas stattfand, lief nicht reibungslos ab. Die Bevölkerung litt erheblich unter dem Verlust ihrer vielen jungen Männer durch Kriege, unter Missernten und Hunger sowie marodierenden Soldatenheeren. Die soziale Not brachte manchen Verarmten auf die schiefe Bahn. Räuberbanden entstanden und in dem Umkreis des bis heute bekannten "Schinderhannes" wird sogar die Entstehung des "Schwarzen Peters" vermutet.
Vom Bild des Räubers entwickelte sich der angekohlte Außenseiter über den Farbigen der Kolonialzeit zum Musiker, Clown und Kaspar. Eine weitergehende Verniedlichung kam aus der Tierwelt als sich sein Bild von der menschlichen Figur auf den Schwarze Peter-Spielkarten in einen Raben oder einen schwarzen Kater verwandelte. Diese Spiekartenfiguren sind bis heute beliebt.
Die Ausstellung erlaubt eine Zeitreise von Spielen aus Urgroßvaters Spielkiste bis zu modernen Beispielen. Die Auswahl stammt aus der Dortmunder Privatsammlung von Klaus Thiel. Sie wurde sorgfältig in mehr als 20 Jahren zusammengetragen und zählt wohl zu den umfangreichsten Sammlungen zum Thema Schwarzer Peter weltweit.
Die Ausstellung wird am 28. März eröffnet und ist bis 3. Februar 2008 zu sehen.
Das Mittelalter im Spielzeug
Die zweite Ausstellung, auf die Spielwiese Online besonders hinweisen möchte, wird heute im Spielzeugmuseum Nürnberg eröffnet und dauert bis 30. September 2007: Ritter, Burgen und Turniere - Das Mittelalter im Spielzeug.
Das europäische Mittelalter umfasst die Zeitspanne vom Untergang des Römischen Reiches bis zur Entdeckung Amerikas Ende des 15. Jahrhunderts. Im Spielzeug ist die historische Realität dieses bewegten Jahrtausends zwar nur begrenzt nachvollziehbar, doch vermittelt es auf kindgerechte Weise durchaus Geschichte „zum Anfassen“. Seit gut zwei Jahrhunderten sind vor allem die Lebenswelten der Ritter, ihre glanzvollen Turniere und Abenteuer Themen für Spielzeug, Spiele und Kinderbücher. Mittelalterliche Architektur dient immer noch als gern genutztes Vorbild für Baukästen, Burganlagen und den Modellbau. Faszinierende Völkerschaften wie Germanen oder Wikinger und große Heldensagen von den Nibelungen bis zur Tafelrunde des sagenumwobenen König Artus beschäftigen bis heute die Fantasie der Spielzeughersteller und ihrer Kundschaft.
Die Ausstellung zeigt, wie das Thema Mittelalter im Spielzeug des 19. und 20. Jahr-hunderts umgesetzt wurde. Womit spielten Kinder und Erwachsene im Mittelalter aber tatsächlich? Nur wenige Spielsachen aus der Zeit vor 1500 haben die Jahrhun-derte überdauert. Ausgrabungen sowie Schrift- und Bildquellen beweisen aber, dass es viel mehr Spielmittel gab als allgemein angenommen wird.
Neben Spielsachen aus Holz gabe es auch bewegliche Ritter- und Turnierübungsspiele, bei denen Figuren an Schnüren über den Tisch gezogen wurden, Das Spiel mit Murmeln, Kreiseln und Kegeln erlangte im Spätmittelalter große Popularität. Murmeln waren meist aus hellem Ton gefertigt und billig zu haben. Holzkreisel gab es in verschiedenen Formen als Wurf- oder Peitschenkreisel.
Im Spielverhalten der Erwachsenen spiegeln sich die sozialen Gegensätze des Mittelalters wider. Während sich das einfache Volk mit Würfel- und Kartenspielen die Zeit vertrieb, spielten reiche Bürger, Klerus und Adel Schach. Das Schachspiel gehörte neben Dichten, Reiten, Schwimmen, Fechten, Bogenschießen und Falkenjagd zu den sieben ritterlichen Fertigkeiten.
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Deutsches Spielkartenmuseum |