Der Verkauf des Münchner Spieleverlags Zoch an den Spielzeugmulti Simba-Dickie ist ein Lehrstück dafür, dass ein großes kreatives Potenzial und selbst hohe Reputation und Erfolg allein in der Spielebranche keine Garantie fürs Überleben sind. Unter den bunten (Hühner-)Federn, mit denen sich die Münchner in Anlogie zu ihrem erolgreichen Spiel Zicke Zacke Hühnerkacke schmückten, war ganz offensichtlich sehr wenig Fleisch am Knochen.
Man hatte sich auseinandergelebt. Nach erfolgsverwöhnten Jahren – Stichwort: Zicke Zacke Hühnerkacke – zog sich Firmengründer und Namensgeber Klaus Zoch immer mehr in die französischen Berge zurück und Partner Albrecht Werstein erledigte von München aus das Geschäft.
Vom abermals kreativen und herzerfrischenden Bunte-Holzklötze-Spielverlag über Erfolge im "normalen" Brettspiel-Business war zuletzt ein Angebot vorhanden, mit dem man wohl in zu vielen Bereichen gleichzeitig und krampfhaft einen Fuß drin haben wollte. Als Beispiel: Wer hätte je das Strandspiel Boochie bei Zoch gesucht? Eine klare Ausrichtung war Zoch und Werstein in den vergangenen Jahren immer mehr abhanden gekommen. Daran änderte sich auch nicht Grundlegendes, als mit Hermann Hutter ein "Macher" einstieg. Vielmehr noch verstärkten sich die Spannungen, war überall hinter vorgehaltener Hand zu hören, und dass es Zoch "nicht gut geht", war ein offenes Geheimnis in der Branche. Ein Jahresumsatz von zuletzt drei Millionen Euro sind ernüchternd für einen Verlag, der unter anderem das Kultspiel Bausack, zwei Spiele des Jahres und ein Quasi-Kinderspiel des Jahres im Programm hat.
Dabei hätte dem Zoch-Verlag jeder den dauerhaften Erfolg gegönnt. Sympathische Leute mit Herzblut, immer wieder hervorragende Spieleideen und -umsetzungen.
Die Geschichte lehrt aber noch etwas anders: Die Fokussierung einer ganzen Branche auf die Auszeichnung Spiel des Jahres ist eine fatale. Der begehrte rote Pöppel spült nur für einen gewissen Zeitraum Geld in die Kassen. Ein Spiel des Jahres ist kein Wundermittel.
Was wird passieren? Das ist schwer zu sagen. Versinkt auch die Marke Zoch ins Wahrnehmungs-Nirwana der Spielefans, wie es Goldsieber ergangen ist, nachdem Simba die (eigene) Marke unter die Fittiche des (zugekauften) Verlags Noris überführte? Denn dort prallen zwei unterschiedliche Aufgaben aufeinander: Kinderspiele für Laden- und Handelsketten zu produzieren verlangt einen anderen Ansatz als ausgefallene Spiele zu kreieren und über den verbliebenen Fachhandel zu verkaufen.
Außer Zweifel steht, dass Noris bzw. Simba-Dickie ihr Handwerk beherrschen. Für Zoch sind der Vertriebsapparat und das kaufmännische Know-how der Fürther eine riesige Chance. Ob das Zusammenführen der, wie man heute so schön sagt: unterschiedlichen Unternehmenskulturen gelingt, ist die offene und spannende Frage.
Arno Miller
Zur Meldung über die Übernahme von Zoch durch Simba