
Morgen öffnet die Internationale Spielwarenmesse in Nürnberg ihre Tore. Sie dauert bis 6. Februar. Es werden rund 80.000 Besucher aus der ganzen Welt erwartet. Im heutigen Teil unserer Vorschau geht es um die Verschmelzung der tradtionellen Brett- und Kartenspiele mit der elektronischen Welt. Was ist in Nürnberg Neues zu erwarten?
Die wichtigste Nachricht kommt - vielleicht ein zweites Mal - aus Dietzenbach bzw. Dresden. Die Spielwarenmesse kündigte in einer "Trendvorschau" an, dass das Dresdner Unternehmen PublicSolution für Amigo so genannte hybride Spielsysteme entwickelt hat, die konventionelle Spielelemente und die Vorzüge elektronischer Spiele intelligent miteinander verbinden. Ein Prototyp mit dem Namen Little Amadeus war schon im Herbst in Essen zu sehen.
Zwar stellt Amigo in Nürnberg merhere Little Amadeus-Spiele vor, die sind jedoch mit konventionellen Material. Ob auch mit den hybriden Elementen bereits die Serienreife erreicht ist, war bis unmittelbar vor Messebeginn noch nicht zu erfahren. Wenn ja, und darauf deutet die Information der Messe hin, wird man vermutlich heute Mittwoch bei der Neuheitenschau mehr erfahren.
PublicSolution und Amigo passen gut zusammen: Amigo hat sich als Anbieter bzw. Distributeur von Sammelkartenspielen wie Magic einen Namen gemacht - dabei kommt es auf höchst unterschiedliche und flexible Werte und Einsatzmöglichkeiten von Spielkarten an. Und PublicSolution arbeitet daran, verschiedene Spielmaterialien digital aufzurüsten, die untereinander dann "korrespondieren" können.
Die Vorreiter der letzten Jahre
Man darf also gespannt sein - ob die traditionelle Spielewelt schon in Kürze revolutioniert wird, bleibt abzuwarten. Denn schon bei anderen Gelegenheiten wurde das zum Teil vollmundig angekündigt:
- Im Herbst 2003 brachte Ravensburger King Arthur als "erstes Brettspiel mit künstlicher Intelligenz" auf den Markt. Ein zweifellos viel beachteter Schritt, da hier durch gleichzeitige Berührung einer Spielfigur mit der einen und bestimmten Punkten des Spielbretts mit der anderen Hand bestimmte Dinge automatisiert abliefen: das elektronische System verteilte eigenständig Aufgaben (analog würde man das Ereigniskarten nennen), das System merkte sich die Züge und Spielstände der Spieler und unterband weitgehend unkorrekte Spielzüge, vor allem aber "wuchs" durch die Datenspeicherung mit jedem Spiel King Arthur quasi mit den Spielern und ihrer jeweilgen Stärke, passte sich deren Strategien und Taktiken an. Technische Kinderkrankheiten wurden beim Nachfolger Die Insel ausgemerzt.
- Zwei Jahre nach King Arthur , 2005, schlug die große Stunde der DVD als Vehikel für Brettspiel: Gleich mehrere Verlage, allen voran Mattel und Hasbro mit Parker und MB, banden erstmals die Silberscheiben in breitem Umfang aktiv ins Spielgeschehen ein.
- Vergangenen Herbst stellte Philips mit seinem Entertaible ein System vor, das traditionelles Spiel mit einem Touchscreen für den Tisch verknüpft (Bericht).
Was passiert mit all diesen Innovationen? Was ist auf der Spielwarenmesse in Nürnberg und darüber hinaus in nächster Zeit von den Spielern an praktikablen Verknüpfungen zwischen elektronischer und "Kartonwelt" zu erwarten?
Die von Ravensburger vorgestellte Technologie hat sich als sehr teuer erwiesen. Ein drittes Spiel dieser Art wird deshalb nicht kommen, auch wenn die Vorteile für die Spieler auf der Hand liegen, auch wenn sich das konventionelle Brettspiel mit King Arthur und Die Insel einen deutlichen Schritt in die Richtung bewegt hat, wie sie als interaktive Erlebniswelten zur Zeit nur PC- und Konsolenspiele zu bieten haben. Und das System wäre ausbaufähig - trotzdem. Daran angelehnt - so klang es jedenfalls bei einer ersten Ankündigung heute Mittwoch in Nürnberg - dürfte allerdings das Kinderkrimispiel Wer war's? sein, das im Herbst erscheint.
Kurzfristig mehr Zukunft hat, und das zeigt sich in Nürnberg, die DVD. Schließlich wird hier eine Technologie genutzt, die bereits im Großteil der Haushalte vorhanden ist.
An der DVD führt - noch - kein Weg vorbei
Und bei Quizspielen drängt es sich geradezu auf, Fragen in filmischer Form - wie etwa der SceneIt?-Serie - darzustellen. Das niederländische Unternehmen Identity Games hat dieses Genre jetzt um ein aufwendig und stilvoll gestaltetes DVD-Brettspiel erweitert, das die Welt der Wildtiere Afrikas zum Thema hat. Das Spiel Wildlife wurde mit dem Innovationspreis ausgezeichnet und bietet spektakuläre Filmaufnahmen des bekannten Naturfilmers Hugo van Lawick aus dem Serengeti-Nationalpark. Aber bringen solche Spiele die Entwicklung wirklich grundlegend weiter? Nein. Selbst beim von Noris System GameDisk werden zwar die Interaktion, Abrechnung und Kontrolle vereinfacht - schlussendlich ist es aber "nur" ein Frage-Antwortspiel. Noris hat auf alle Fälle eine Reihe neuer DVD-Lernspiele angekündigt.
Das Angebot an Spielen, die mehr also nur Spielplan, Karton, Plastik und/oder Holzteile bieten, wird steigen. Weil einerseits Chips & Co, die man dafür braucht, billiger werden, und andererseits ständig neue Ideen für die Digitalisierung unserer Welt "geboren" werden. Man braucht sich nur einmal mit etwas Fantasie zu überlegen, was alles mit dem neuen Multitouchscreen möglich wird, den Apple in sein Handy einbaut, das im Frühsommer in den USA und zu Jahresende in Europa auf den Markt kommt.
Spielbrett: Elektronik statt Pappe?
Genau in diese Richtung, nämlich spielen über einen flachen Bildschirm, der das Spielbrett ersetzt, forscht Philips mit seinem Entertaible. Philips denkt vorerst an den Einsatz in der Gastronomie, prinzipiell aber wird mit sinkenden Preisen für die Technologie über kurz oder lang auch ein relativ kostengünstiger Einsatz in den eigenen vier Wänden denkbar: Das elektronische Spielbrett wird zwar einiges kosten, aber die Software - sprich: die Spiele - sind relativ günstig zu haben. Wie das funtioniert, kennen wir von den Konsolen bereits zur Genüge.
Der Unterschied zu den Konsolenspielen ist, dass die Spieler nicht mit irgendwelchen Joysticks oder anderem Gerät vor einem Fernseher sitzen, sondern Aug' in Aug' rund um den Tisch. Und damit kommt man dem "klassischen" Spielgefühl wesentlich näher.
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