Man könnte es als Provinzposse abtun, und zweifellos hat die Causa für Außenstehende Unterhaltungswert. Tatsächlich aber sehen sich engagierte Spieler, die ihre Leidenschaft mit anderen teilen wollen und dafür eine Spieleveranstaltung organisieren, von Ferdinand de Cassan verfolgt.
Ferdinand de Cassan ist der Macher des Österreichischen Spielefestes in Wien. Dafür, und fürs Spielen allgemein, hat er sich in 24 Jahren eine Menge Meriten erworben. Doch seit er vor nicht ganz drei Jahren den Begriff "Spielefest" beim Patentamt schützen ließ, stellt er sich in die Ecke der Streithansln und setzt damit seinen guten Ruf aufs Spiel. Mit "wienXtra" hat er nicht irgendeinen Pimperlverein, sondern praktisch die Stadt Wien vor den Kadi gezerrt.
Das war ein Schuss ins Knie.
Nicht nur in erster Instanz hat Ferdinand de Cassan verloren, sondern auch beim Obersten Gerichtshof. Das Markenschutz-Papier des Patentamts Wien sei nichts wert, erklärten die Höchstrichter, jeder kann eine Veranstaltung Spielefest nennen, weil dies ein Gattungsbegriff ist. Ob nun Urteil oder Beschluss über dem Richterspruch steht, ist juristische Spitzfindigkeit, bedeutet am Ende aber immer dasselbe.
Statt den Spruch der höchsten Gerichtsinstanz der Republik zu respektieren, geht alles von vorne wieder los. Dazu werden unter anderem die Spielwarenhändler zwischen Bodensee und Neusiedlersee für ein Gutachten mit der Frage belästigt, ob sie im Jahre 2006 der Ansicht waren, dass ein "Spielefest" nur mit Ferdinand de Cassan zu tun haben konnte. Davon hängt nämlich der juristisch so genannte entscheidende Verkehrsgeltungsnachweis ab. Als ob die Justiz nicht weltbewegendere Themen und die Spielwarenhändler im Moment keine anderen Sorgen hätten!
Ferdinand de Cassan will es also wissen. Selbst nimmt er es allerdings keineswegs so genau, wenn es um rechtliche Bestimmungen geht. Da fehlt beispielsweise im Impressum seiner Webseiten, was das Mediengesetz an Mindeststandards vorschreibt. Stattdessen ist seit einiger Zeit eine "Stiftung Spielen in Österreich" als angebliche Betreiberin genannt. Nun, eine Stiftung ist entweder eine Privatstiftung nach klaren gesetzlichen Regeln, oder eine gemeinnützige Stiftung nach ebenso klaren gesetzlichen Regeln. Diese hier ist weder das Eine noch das Andere, sondern Angeberei: Er und seine Frau würden ihre Arbeit fürs Spielen "in diese Art Arbeitsstiftung" einbringen. Eine weitere rechtliche Ungenauigkeit: Es fehlt die Vereinsregisternummer des Vereins "IG Spiele", der offiziell als Veranstalter des Österreichischen Spielefests fungiert. Ohne die sucht man im Vereinsregister vergebens nach näheren Informationen. Im Vereinsvorstand, immerhin das erfährt man auf der Webseite, sitzen er, seine Frau und ein weiteres Mitglied des Wiener Spielekreises, aber keine Vertreter mehr von Verlagsseite, wie es Usus war. Die haben sich vergangenes Jahr in einen Beirat zurückgezogen, und sind somit nicht mehr haftbar.
Vor diesem Hintergrund fordert Ferdinand de Cassan es geradezu heraus, sein Verhalten gegenüber anderen Spieleveranstaltern zu interpretieren und zu kommentieren. Durch Androhung von "Anwalt" und "Schwierigkeiten", die ich bekommen werde, versuchte er zu verhindern, dass die Spielwiese über Auseinandersetzung zwischen ihm und "wienXtra" schreibt. Sorry, Herr Magister, noch darf in Österreich über gerichtliche Entscheidungen berichtet werden.
Ferdinand de Cassan ist es ernst mit dem Markenschutz. Wie ernst es ihm dabei ist, erlebte ich dieser Tage selbst. Offensichtlich grast de Cassan systematisch alle möglichen Quellen nach Wörtern wie Spielefest oder auch Spielfest ab. Big Ferdinand is watching you. Als nämlich das Land Vorarlberg irrtümlich einen internen Besprechungstermin auf seine Liste der Pressetermine setzte, die wiederum automatisch auf der Terminvorschau der Austria Presse Agentur landet, erhielt ich eine E-Mail, in der Ferdinand de Cassan um Aufklärung bat. Kein Problem, er bekam postwendend Antwort: Bei der Besprechung im Vorarlberger Landhaus, geht es um eine geplante Spieleveranstaltung im kommenden Jahr – 600 Kilometer von Wien entfernt. Ich bin dazu als Spieleexperte eingeladen und deshalb auf dem Landhaus-internen Papier angeführt. Nebenbei: Natürlich wurde der Besprechungstermin von der Liste genommen worden, als der Fehler entdeckt wurde.
Für eine weitere völlig unabsichtliche Beunruhigung von Ferdinand de Cassan reichte die kurzzeitige öffentliche Präsenz des Termins. Schon zuvor im Zuge der Recherchen betonte er, bei der Wahrung des Markenschutzes gehe es um seine Existenz. Und er vermittelte auch den Eindruck, dass ihm eine Lösung des Konflikts mit "wienXtra" außerhalb des Gerichts nur recht wäre. An dem besagtem Tag des Zeitungsartikels habe deshalb auch ein Vermittlungsgespräch stattgefunden. Irritierend ist allerdings, dass das einer Überprüfung nicht standhielt. Normalerweise könne sie sich daran erinnern, an welcher Sitzung sie vor zwei Tagen teilgenommen habe", sagte beispielsweise mit sarkastischem Unterton eine angebliche Teilnehmerin der Gesprächsrunde.
Verliert Ferdinand de Cassan langsam den Überblick seiner Anstrengungen die Marke Spielefest zu verteidigen? Vielleicht wäre es an der Zeit, die Notbremse zu ziehen. Deshalb mein Appell: Lieber Ferdinand, lass den Markenschutz löschen, nachdem schon zwei Gerichte dessen Rechtmäßigkeit bestritten haben. Lass andere Spielefans ihre Veranstaltungen nennen, wie sie wollen! Natürlich nicht Österreichisches Spielefest, aber was steht denn wirklich einem Tiroler Spielefest, einem Sattledter Spielefest, einem Ramba Zamba-Riesenspielefest, und, und, und entgegen? Verwechslungsgefahr? Sicher nicht. Was zählt sind Spaß und Nutzen für die jeweiligen Besucher, schlussendlich überzeugt die Qualität des Angebotes und nicht der Name.
Das Österreichische Spielefest ist eine wunderbare Veranstaltung! Sein Ansehen sollte nicht durch weitere juristische Aktionen beschädigt werden.
Arno Miller
Zur Meldung über die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen Ferdinand de Cassan und "wienXtra"