Wer aufmerksam hinschaut, entdeckt bei dieser und jener Spielanleitung Versionsnummern. Wie bei digitalen Produkten. Das verrät etwas über die Fehlerkultur in Verlagen.
27. JULI 2023
Es war vor über 20 Jahren, als Hotelzimmer sogar noch in der Nähe der Essener Spielemesse erschwinglich waren. Eines hatte eine beliebte Kellerbar, wo sich Verlags- und Medienmenschen mit Publikum mischten, die mit Spielen nichts am Hut hatten. Ich weiß noch gut, dass ich damals dort einen Servicetechniker von Microsoft tödlich beleidigt hatte. Ich war nämlich der Meinung (und stehe nach wie vor dazu), Microsoft liefere sein Betriebssystem Windows unfertig aus und spare sich enorme Entwicklungskosten, weil die Käufer als Versuchskaninchen Fehlerquellen melden, die dann der Reihe nach behoben würden.
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Ganz so ist es heute nicht mehr. Die Fehlerkultur bei Microsoft ist eine andere geworden. Sogar als alter und überzeugter Macianer räume ich gerne ein, Bill Gates und seine Nachfolger haben gehörig dazugelernt und Windows & Co werden ausgereift übergeben.
Warum mir das dieser Tage wieder eingefallen ist? Aus zwei Gründen, die mit unserem Lieblingshobby zu tun haben.
Im Moment fühle ich mich wie Bill Gates, damals vor 20, 25 Jahren. Technisch gesehen ist die Service-Plattform spielwiese.at derzeit eine leidige Baustelle, weil der (notwendige) Umstieg auf ein neues CMS-System, das alle Inhalte verknüpft, nicht reibungslos funktioniert. Ich gebe das offen zu und kann nur vertrösten: Sorry about that! Es steckt einfach zu viel in der Plattform drin, das nicht von der Stange ist. Nach und nach beseitigen wir hier die Stolpersteine. Auch Bill Gates hatte es vermutlich nur gut gemeint.
Den guten Willen setze ich auch bei vielen Spieleautoren und Spieleredakteuren voraus. Weil nicht jeden Tag eine grundlegend neue Spieleidee geboren wird, werden vorhandene auf immer wieder neue Art und Weise miteinander verknüpft. Anders gesagt: Auch Spiele werden zwangsläufig komplexer und komplizierter. Und so kommen leider auch immer mehr Spiele auf den Markt, bei denen man den Eindruck gewinnt sie seien zu früh auf die Menschheit losgelassen worden. Unklare oder widersprüchliche Regeln, schwer verständliche oder lückenhafte Spielanleitungen. Oder überhaupt Spiele, die irgendwie ins Nichts führen.
Eine Spielanleitung ist im Grunde auch nichts anderes als ein Betriebs- oder Content-Management-System, das immer mehr Anforderungen erfüllten sollte. So schließt sich der Kreis zur Computeranwendung, wobei ein wichtiger, hoffnungsspendender Unterschied immer bleiben wird: Beim Spiel gehört zur Grundbedingung, dass der Ausgang offen ist.
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Siehe auch: Kurzzeitige Störungen möglich
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Was denkst du darüber?