Nichts bleibt ohne Folgen
Wissen wir, wie's unseren Urvätern ergangen ist? Mit welchen Problemen sie zu kämpfen hatten? Sicher mit anderen, als uns dieses Spiel weismachen möchte. Aber egal: Am Spieltisch liegen auf jeden Fall die Utensilien für einen spannenden Wettkampf mit Steinzeit-Flair ausgebreitet.
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Am Anfang ist das mit Details reichlich angehäufte Spielbrett in der Mitte doch einigermaßen verwirrend Bilder: Hans im Glück |
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Vor allem das macht Anfängern zu schaffen: Bei den Zivilisationskarten geht es nicht nur um die Symbole in der oberen Hälfte, sondern auch um die Männer im unteren Teil, die für die Endwertung maßgebend sind. Ihre Anzahl wird dann mit bestimmten anderen Materialien, die man erworben hat, multipliziert. Es lohnt sich also nicht, die Zivilisationskarten wahllos zu sammeln. Eine kleine Übersicht auf dem Tableau jedes Spielers verschafft etwas Überblick dazu. |
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Mehrere Zivilisationskarten haben diese obere Hälfte – ein gut gelungenes Spielelement. Der Spieler, der die Karte erworben hat, nimmt für jeden Teilnehmer von Stone Age einen Würfel. Danach sucht er sich als Erster einen Würfel aus und erhält dafür – zum Beispiel – für eine 4 ein Stück Gold aus dem Vorrat. Dann folgen die anderen Spieler und wählen. Es hat also jeder Mitspieler etwas davon. |
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Abgesehen von einigen Zivilisationskarten bringen im Spielverlauf nur Gebäude direkt Siegpunkte. Für das mittlere, für dessen Erwerb ein Holz, ein Lehm und ein Gold erforderlich sind, rückt man auf der Wertungsleiste um 13 Felder vor. Beim Gebäude links ist es variabel: Es müssen vier Rohstoffe in drei unterschiedlichen Sorten sein. Die Wertungspunkte ergeben sich aus der Wahl der Rohstoffe, die unterschiedlich viel wert sind. |
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Mit Geschichte ist es so eine Sache. Wir wissen vieles, aber nicht alles. Wir können uns vieles vorstellen, wie es denn war oder gewesen sein könnte. Erwiesen ist, in welchen Stufen sich unsere Zivilisation entwickelte. Das Spiel Stone Age reduziert wichtige Schritte leichtfüßig auf eine Epoche, die hier "Steinzeit" genannt wird – auch wenn in der tatsächlichen Steinzeit weder der Ziegelbau schon erfunden war, noch erst recht nicht die Menschen der Faszination des Goldes erlegen waren.
Sieht man über diese historischen Irreführungen hinweg, findet man sich bei Stone Age eher in der Jetztzeit als in der Steinzeit wieder. Die Themenstellung entspricht mehr unserem globalen Verteilungswettbewerb und den bekannten Rohnstoffspekulationen. Insofern ist das, was sich hier auf dem Tisch abspielt, in seinen Zusammenhängen recht gut nachvollziehbar.
An mehreren Plätzen des zentralen Spielplans darf man sich als Spekulant auf steigende Lebensmittelpreise gerieren oder Rohstoffe bunkern, um sie dann in den Bau von Gebäuden zu investieren. Mit zwei Holz und einem Lehm sichert man sich ein Gebäude mit zehn Siegpunkten das kommt uns auch von Die Siedler von Catan bekannt vor. Das ist Stone Age aber schon deshalb nicht, weil hier nicht gehandelt und getauscht wird, sondern vorwiegend gezockt.
Dadurch verliert das Spiel seinen anfänglichen Schrecken aufgrund einer achtseitigen Spielregel plus Beiblatt, auf dem beidseitig die zahlreichen unterschiedlichen Karten noch im Detail ihrer Bedeung erklärt werden. Was zu Beginn gar nicht so aussieht: Bei Stone Age gibt es nicht viele, sondern eigentlich zwei grundsätzlich verschiedene Aktionen, die die Spieler ausführen können.
Allerdings ist es so, dass man darauf erst kommt, wenn man sich einmal auf das Spiel eingelassen hat und am Ende die Schlusswertung macht. Wer das erste Spiel gewinnt, ist ziemlich sicher Glückssache, denn man braucht ein Supergedächtnis, um sich all die Feinheiten der Karten merken zu können, die am Ende punkterelevant sind. Der Sieger einer ersten Partie Stone Age wird die entsprechenden Karten, die ihm den Triumph brachten, wahrscheinlich unbewusst gesammelt haben.
Vordergründige Ziele
Eine zweite und dritte Partie wird man ganz anders angehen. Somit scheidet Stone Age als Spiel für Einsteiger, die sonst nie einen Pöppel in die Hand nehmen, aus. Auch die Altersempfehlung von 10 Jahre halten wir für stark untertrieben.
Bevor wir uns den Spielmechanismus noch genauer ansehen, ein Wort zur Stimmung, die das Spiel entwickelt. Hat man die Mühen der Regelerklärung einmal überwunden und zwei, drei Runden gespielt, sind die grundsätzlichen Mechanismen in Fleisch und Blut übergegangen und die vordergründigen (!) Ziele erkannt: Rohstoffe und Hilfsmittel sammeln, damit die vermeintlichen Steinzeit-Bewohner ihrer Bestimmung nachgehen und durch dieses Tun auch ernährt werden können. Der Blick darauf, was wichtig und richtig ist, entwickelt sich rasch – das vielfältige und mit Liebe fürs Detail gestaltete Spielmaterial unterstützt uns als Spieler dabei sehr gut.
Eine Menge an Details
Wir sind in diesem Spiel für anfangs fünf Steinzeitbewohner verantwortlich. Jeder Spieler bekommt neben den Figuren als Grundausstattung ein Tableau, auf das er seine Figuren stellt und Nahrung in Form von Zahlenchips. In der ersten Phase einer Runde bringen die Spieler ihre Figuren auf den großen zentralen Spielplan in der Tischmitte und besetzen damit bestimmte Orte, in der zweiten Phase kommen die Figuren wieder zurück, das heißt: die mit den Orten verbundenen Aktionen werden ausgeführt und es wird quasi geerntet, um in der dritten Phase die eigenen Spielfiguren zu "ernähren". Dann geht es wieder von vorne los, bis zwei mögliche Fälle fürs Spielende eintreten.
Aber bis dorthin ist es noch ein weiter Weg. Der Verlag gibt 60 bis 90 Minuten als Spieldauer an – beim ersten Mal sind auch eineinhalb Stunden kaum zu schaffen.
Zurück in die angebliche Steinzeit, zurück ins Spiel. Beginnend mit dem Startspieler setzen die Spieler reihum ein oder mehrere ihre Figuren aufs große Spielfeld. Bei den Rohstoffen haben insgesamt nur jeweils sieben Leute Platz, an allen anderen Orten meistens nur eine Spielfigur. Die beiden Ausnahmen: die Hütte, die man wählt, um ab der nächsten Runde zusätzliche Figuren einsetzen zu können, und die große Wiese für die Jagd, auf der insgesamt beliebig viele Figuren stehen dürfen.
Was sich auf dem Jagdgrund abspielt, ist vom Prinzip her das gleiche wie bei den Rohstoffen: Haben alle Spieler ihre Figuren gesetzt, nimmt der Startspieler so viele Würfel, wie er an dem Ort platziert hat, würfelt und dividiert die Augensumme durch einen bestimmten Wert. Der ist für Nahrung der kleinste, nämlich 2, und für Gold der höchste, nämlich 6. Anders gesagt: Nahrung ist am billigsten, Gold am teuersten, und dazwischen liegen mit aufsteigendem Wert Holz, Lehm und Steine.
Die Rohstoffe braucht man, um damit Gebäude zu bekommen. Wer es auf ein besimmtes Gebäude abgesehen hat, weil er die dafür erforderliche Rohstoff-Mischung schon gesammelt hat, platziert eine seiner Figuren auf der entsprechenden Gebäudekarte. Darauf hat nur eine Figur Platz, sie kann einem also nicht streitig gemacht werden. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Dieses Prinzip ist vor allem für zwei wichtige Felder in der Mitte des Spielplans entscheidend, und die deshalb begehrt sind: den Acker und den Werkzeugmacher. Über den Acker sichert sich ein Spieler eine zusätzliche Nahrung für jede folgende Runde, während Nahrung von der Wiese (Jagd) nur einen Einmaleffekt hat. Werkzeuge nimmt man sich auf sein Tableau, mit ihnen können Summen der Würfe mit den Würfeln erhöht werden – ein Werkzeug = 1 Würfelpunkt. Die siegrelevante Möglichkeit des Werkzeug-Einsatzes darf nicht unterschätzt werden, also ist dieses Feld von schlauen Spielern recht begehrt.
Um den Acker sollte man sich kümmern, wenn man als Startspieler an der Reihe ist und dieses Feld mit seiner ersten Figur besetzen. Oder alternativ dazu über eine Zivilisationskarte, die den selben Bonus bietet. Das müsste unter normalen Umständen ausreichen, seine Mannschaft auch mit fortschreitender Köpfeanzahl mit Nahrung zu versorgen.
Doppeldeutige Karten
Am schwierigsten zu durchschauen ist für Anfänger die Rolle der Zivilisationskarten, von denen pro Runde vier offen liegen. Auch sie können mit einer Figur besetzt und somit gesichert werden, haben aber zwei Bedeutungen. Die Symbole in der oberen Hälfte gelten für Aktionen, die sofort ausgeführt werden. Zum Beispiel gibt es dadurch sofort Rohstoffe, Nahrung oder Siegpunkte. Erworbene Zivilisationskarten legen die Spieler vor sich ab, und am Ende werden diese ausgewertet. Dabei kommt es dann auf die Illustrationen in der unteren Hälfte an. Die Anzahl an Zivilisationskarten mit grünem Hintergrund wird mit sich selbst multipliziert, also drei Karten bringen 3 x 3 = 9 Siegpunkte, fünf 5 x 5 = 25 Siegpunkte, usw. So weit, so einfach zum Merken.
Komplizierter ist es mit den Zivilisationskarten mit sandfarbenem Hintergrund. Darauf sind kleine Bauern, Werkzeugmacher, Hüttenbauer oder Schamanen gezeichnet, die ohne Blick ins Regelheft bzw. das Beiblatt nicht als solche wahrgenommen und identifziert werden. Sie bringen am Spielende aber die wirklich fetten Punkte: Die Anzahl der Werkzeugmacher wird dann nämlich mit der Anzahl der Werkzeuge multipliziert, die man auf seinem Tableau gesammelt hat, und als Siegpunkte gutgeschrieben. Schamanen werden mit der Anzahl der Spielfiguren multipliziert, Bauern mit dem Wert auf der Nahrungsleiste, Hüttenbauer mit gesammelten Gebäuden.
Ergo: Bei Stone Age wird also nichts getan, was später ohne Folgen bliebe.
Auf keinen Fall ein Allerweltsspiel
Folgendes Fazit kann gezogen werden: Atmosphärisch ist Stone Age sehr gut geplant und spricht mit seinem Mix aus Würfelzocken und strategischem Besetzen von Schlüsselpositionen theoretisch einen großen Kreis an Spielern an. Hardcore-Spieler akzeptieren den Glücksfaktor, den es zum Erwerb der Rohstoffe braucht, umgekehrt wachsen Gelegenheitsspieler mit der Aufgabe, vor die sie die Bedeutung der strategischen Orte wie Acker, Gebäuden, Werkzeugmacher und Zivilisationskarten stellt. Insgesamt ausgewogen, auf keinen Fall ein Allerweltsspiel. Unerfahrene sollten von spielerisch Geübten eingeführt werden, sonst ist Frust nur schwer zu vermeiden.
Stone Age zählt zu jenen Spielen, die nach den ersten Partien nicht restlos erschlossen sind. Man spürt, welches Potenzial an Abwechslung darin liegt, und neugierige Menschen oder engagierte Spieler wollen diese Vielfalt ausloten. Der Wiederspielreiz ist bei Oft- und Freakspielern also mit Sicherheit sehr groß. Und es ist wie bei mittlerweile fast jedem "Blockbuster" aus Hollywood: Man spürt förmlich, dass die Macher eine mögliche Fortsetzung bereits angedacht haben. Sollte Stone Age am Markt auch nur einigermaßen erfolgreich sein, werden Erweiterungen fast nicht zu verhindern sein.
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Nr. 981: Stone Age |
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Spielwiese-Code | |
2008: Hans im Glück |
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Themen: Steinzeit |
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