Bei Eiern und Pfeffer hält sich Hunger in Grenzen
Zwei Lehrstücke dafür, wie man schlechte Karten an Mitspieler loswird – und wie die Sache oft doch schief geht.
Aus Spielwiese 46 (1998)
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Bei Blindes Huhn will man die Karten mit den Hühnern loswerden. Die Eier zählen nämlich minus. In diesem Fall sogar doppelt: 6 Eier x 2 Hühner = 12 Minus! Fotos: Spielwiese |
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Pepper: Die "scharfen" Einser gilt es den anderen Spielern unterzujubeln. |
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Für die wachsene Fangemeinde des Kartenspiels Bohnanza (Spielwiese 42) ist es nichts Neues mehr, daß man nur solche Karten ausspielen darf, die sich auf der Hand ganz rechts befinden. Michael Schacht, aufstrebender Frankfurter Nachwuchsautor, hat ein ähnliches Element in sein Spiel Blindes Huhn gepackt: einmal sortiert, darf die Reihenfolge der Karten auf der Hand nicht mehr verändert werden, und in diesem Spiel darf der Spieler nur die äußerste linke oder äußerste rechte Karte ausspielen. Fragen Sie etwas leichteres, was das für Sinn macht, wenn jeder der 60 Karten ohnehin nur einmal vorkommt und keiner weiß, wohin während des Spiels die Reise geht!
Aber es ist nun einmal so, und es ist gut so! Die Spieler mühen sich hierbei ab, möglichst keine Karten zu erhalten, auf denen das Blinde Huhn Eier gelegt hat. Anders ausgedrückt: Die Eier-Karten, die man hat, muß man loswerden. Denn Eier-Karten bedeuten Minuspunkte.
Je nach Anzahl der Spieler werden 36 bis 60 Karten gleichmäßig andie Spieler ausgeteilt. Reihum werfen die Spieler pro Stich eine Karte (die linke oder rechte), der Spieler mit der höchsten Karte erhält den Stich – und hoffentlich keine Eierkarten. Eierkarten sind alle Karten, deren Wert sich durch fünf teilen läßt (mit Ausnahme der 5). Vier davon zeigen zwei Eier, vier weitere drei Eier, zwei Karten vier Eier. Alle anderen Karten sind am Ende belanglos.
Das Pech ist ein Teufel, der unerbittlich zuschlagen kann: Befinden sich im Stich mehrere Karten mit Hühnern, wird die Anzahl der Eier mit der Anzahl der Hühner multipliziert! Eieieieia!
Und sagen Sie jetzt ja nicht, das kann Ihnen nicht passieren! Das ist schon den gewieftesten Taktikern widerfahren. Denn welche Taktik, bitteschön, soll man denn anwenden, wenn man überhaupt keine Ahnung, welchen Verlauf das Spiel nehmen wird?!
Die Spielwiese hat interessanterweise in allen Testrunden dasselbe Verhalten der Neulinge festgestellt: Beim ersten Spiel haben es die meisten dem Zufall überlassen, beim zweiten aber wurden die Karten fast immer so sortiert, daß die hohen – rein theoretisch – früh an die Reihe kommen. Dieses Aufsparen der niedrigen Karten hat den meisten aber auch nichts genützt. Die Verfasser der Spielregel sind ehrlich und schreiben: "Letztendlich entscheidet jedoch meist das Glück." Viele brächten sich allerdings um ein Vergnügen, würden sie deswegen Blindes Huhn unbeachtet lassen. Nicht alle. Die Meinungen über das Spiel gingen weit auseinander. Für die einen ist das Schema zu starr, bietet Blindes Huhn "null Action". Und die Hühnerbesitzerin Isabella störte überhaupt das negative Image, das hier den Eiern zuteil wird. Andere Testpersonen wiederum hatten Spaß – auch im direkten Vergleich mit Pepper (siehe unten).
Blindes Huhn ist jedenfalls mehr als eine Blödelei, es ist wie Roulette: In seinem innersten Winkel glaubt jeder, daß es doch ein System gibt.
"Scharfes" Spiel
Anspruchsvoller ist da schon Pepper. Auch hier geht es darum, ja keine miesen Karten zu erwischen. Dies sind die Einsen, die "Pepper"-Karten. Wie bei fast allen Kartenspielen, holt die höchste ausgespielte Karte den Stich. Sind nun Pepper-Karten drin, muß man diese offen vor sich ablegen. Für die Abrechnung gilt: jede "Pepper"-Karte zählt zwei Minuspunkte, außerdem zählt jede Stichkarte in der Farbe einer "Pepper"-Karte einen zusätzlichen Minuspunkt. Wer keine Pfefferschoten an Land zieht, kann demnach auch keine Minuspunkte machen. Überhaupt: Ziel muß sein, gar keinen Stich zu machen!
Farbenlehre
Gleich zum Problem des Spiels: Die Farben der Karten sind indiskutabel! Vielleicht haben die Grafiker das Spiel direkt unter einer Flutlichtlampe gestaltet – aber im Hausgebrauch sind Rot, Braun und Violett kaum zu unterscheiden. Auch die Kartonqualität ist mäßig. Sieht man davon ab, hat man ein höchst amüsantes Kartenspiel in der Hand.
Denn bei Pepper gibt es die Möglichkeit, die miesen Karten wieder los zu werden. Wer an der Reihe ist, muß sich zwar prinzipiell an den Farbzwang halten. Dazu kann – muß aber nicht – der Spieler auch die passende, schon vor ihm abgelegte "Pepper"-Karte verwenden. Wer nicht bedienen kann, wirft eine beliebige Karte ab. Beliebig heißt: Das kann auch irgendeine "Pepper"-Karte sein.
Dieser Art machen die unerwünschten Mieslinge oft mehrmals die Runde. Das Jauchzen unter den Spielern ist heftig, vor allem dann, wenn eine Spieler mit einer "Pepper" den Stich eröffnet, kein anderer aber diese Farbe bedienen kann und der Spieler nicht nur seine, sondern noch ein oder zwei weitere "Pepper"-Karten zurückerhält. Warnung: Das kommt gar nicht so selten vor! Geübte Spieler tun deshalb gut daran zu verfolgen, ob noch Karten einer Farbe, in der sie gefährdet sind, im Spiel sind.
Die Spieler erhalten zu Beginn übrigens zwölf Karten, die höchsten Werte variien nach Spieleranzahl. Gespielt werden fünf Durchgänge, am Ende gewinnt der Spieler mit den wenigsten Minuspunkten. Zu beachten ist, wie die einzelnen Durchgänge enden: Unmittelbar nach dem Durchgang, wenn ein Spieler keine Karte mehr auf der Hand hat. Wer noch welche in der Hand hält, muß sie zu seinen Stichkarten geben, was eventuell die Anzahl der Minuspunkte erhöht.
Das, so stellte sich heraus, ist für einige Spieler etwas verwirrend, aber rasch erklärt: Die mit ziemlicher Sicherheit unterschiedliche Anzahl der Handkarten rührt daher, daß im Laufe des Spiel immer wieder schon abglegte "Pepper"-Karten ausgespielt werden.
Nr. 439: Pepper |
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