Nichts für schlechte Nerven und für schlechte Verlierer
Mit seinem Zockerspiel Verflixxt! hat das Autorenduo Kramer/Kiesling neue Qualitäten bewiesen.
Aus Spielwiese 77
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Blitzschnell wendet sich das Blatt bei Verflixxt!: Was ganz harmlos beginnt, entwickelt sich sehr schnell zu einem ausgebufften Zockerspiel für starke Nerven. Freud und Leid sind garantiert. Foto: Ravensburger |
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Wenn ein Spieler alleine auf einem Feld übrig bleibt, muss er irgendwann das Kärtchen nehmen – ob plus oder negativ, ganz egal. Foto: Spielwiese |
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| Die grünen Kärtchen sind immer gut, rote zählen nur dann plus, wenn man sie mit einer Glückstafel (ganz links) "umpolen" kann. | |
Wolfgang Kramer kennt man als erfolgreichen Einzelautor, aber auch als Teil verschiedener Autorenduos und -gruppen. Das Gespann Wolfgang Kramer und Michael Kiesling ist seit den Spielen des Jahres Tikal (Spielwiese 51) und Torres (Spielwiese 52) auch einem breiteren Publikum für durchaus üppigere Spiele bekannt. Mit Verflixxt! haben sie als Duo ihre bisherigen Bahnen verlassen und bedienen Brettspieler nun mit einer unglaublich spannenden Zockerei, die mit extrem wenig Spielmaterial auskommt. Angesichts der großen Schachtel dem einen und anderen sogar mit zu wenig Material: nur 34 Kartontafeln, 26 Spielfiguren und ein Würfel. Mehr nicht.
Doch nicht der Umfang, sondern der Spielspaß rechtfertigt die Anschaffung. Der Spaß ist garantiert, außer man gehört zu jenen, die partout nicht verlieren können und sich bei feindlichen Attacken einfach nur ärgern und Galle spucken. Denen sei gesagt: Mensch, ärgere dich nicht!
Ein Hauch Malefiz
Mit dem gleichnamigen Spiel darf Verflixxt! durchaus verglichen werden, weil es beinahe genau so einfach ist. Oder auch mit Malefiz. Anders gesagt: Vermutlich haben wir dieses Jahr die Geburt eines neuen Spieleklassikers erlebt.
Bei allen Spielen mit Verflixxt!-Neulingen trug sich das Gleiche zu. Anfängliche Skepsis, Naserümpfen, abschätzige Bemerkungen von der Sorte "Kinderkram". Das änderte sich auch nach den ersten Spielzügen nicht – doch plötzlich war alles ganz anders! Da wurde taktiert und sich gegenseitig in die Wadln gebissen – die Spiellust gewann Oberhand. Ja, Verflixxt! ist ein fieses Spiel. Trotz ganz einfacher Regeln und scheinbar unspektakulären Zwischenereignissen ist auch wirklich bis zum Ende offen, wer vielleicht doch den Kürzeren ziehen wird.
Gehen wir einmal eine fiktive Partie an. Zwischen die blaue Starttafel, auf die alle Spieler alle ihre Figuren stellen, und einer Zieltafel werden 32 Wegetafeln gelegt. Acht haben positive Zahlenwerte, 18 negative und sechs sind neutral, die so genannten Glückstafeln. Die vordergründige Aufgabe ist, alle Figuren durch Würfeln über die Strecke hinweg ins Ziel zu ziehen.
Das Nehmen ist Pflicht
Nun kommen aber ein paar dicke "Aber". Auf einer Tafel (man könnte auch sagen: auf einem Feld) dürfen mehrere Figuren stehen. Es gibt kein Rausschmeißen. Der Letzte, der mit seiner Figur ein Feld verlässt, muss die Tafel in seinen Besitz nehmen. Bei positiven Werten ist das ja kein Problem, bei negativen Werten scheint es offenkundig eines zu sein. Muss es aber nicht. Glückstafeln, die man ergattert, wandeln nämlich bei der Schlussabrechnung die höchsten negativen Tafeln, die man nehmen musste, ins Gegenteil um: Aus Minus wird Plus.
Doch damit nicht genug. Neben den Figuren der Spieler sind auch noch so genannte Wächter im Spiel. Das sind neutrale Holzzylinder, die zu Beginn ein bisschen abseits vom der Starttafel auf acht Tafeln verteilt werden. Zwar darf man – natürlich! – nicht mit fremden Spielfiguren ziehen, aber alternativ zu einer eigenen Figur mit einem der Wächter. Die Voraussetzung für einen solchen Zug ist allerdings, dass sich auf dem Ausgangsfeld des Wächters auch mindestens eine Figur eines beliebigen Spielers befinden muss. Angenommen auf dem Feld "-7" stehen eine rote Spielfigur und ein Wächter: ziehen Sie den Wächter ab, hat der Spieler Rot ein Problem. Kommt kein anderer Spieler oder Wächter mehr auf diese Tafel, muss er irgendwann die schlechte 7 schlucken. Wächter eignen sich natürlich auch hervorragend dazu, lukrative Felder "aufzufüllen".
Verteidigung bis zum Allerletzten
Verflixxt! wird vom Würfelzufall und damit von einer Riesenportion Glück getragen. Dem lässt sich mitunter ein bisschen nachhelfen. Wer mit anderen auf einer Glückstafel steht, sollte seine Position bis zum Allerletzten verteidigen. Und das ist wirklich so gemeint. Wer schon Glückstafeln besitzt sollte, wenn er kann, auf hohe Minuswerte ziehen. Die schlagen zum Schluss ja durch eine Glückstafel positiv zu Buche (leider gibt es so wenige davon!).
Was vor dem ersten Mal nach einer faden Start-Ziel-Zieherei aussieht, entpuppt sich als eine äußerst gelungene Herausforderung für Hasardeure. Sie kann süchtig machen. Immer wieder wechseln die Voraussetzungen, weil sich durch das Herausnehmen der Tafeln, nachdem sie eine Figur als Letzter verlassen hat, der Weg zur Zieltafel ständig verkürzt: Gute, aber auch schlechte Felder befinden plötzlich in Reichweite des ganz normalen Sechser-Würfels.
Beinhartes Kämpfen
Spielbar ist Verflixxt! für zwei bis sechs Spieler. Ideal ist die goldene Mitte von vier Spielern. Dann sind Glück bzw. Pech und Taktik in einem günstigeren Verhältnis. Zu dritt ist das Spiel beinhart, dann darf kein Spieler zur Gattung der Mimosen gehören. Und bei mehr als vier Spielern wird man doch zu spürbar fremdgesteuert.
Doch unterm Strich ist das Spiel ein kleines Meisterwerk und wurde zu Recht zum Spiel des Jahres nominiert: Flott, einfach und schnell zu begreifen, heimtückisch und ideal für muntere Erwachsenenrunden wie auch erst recht für Familien mit Mitgliedern jeder Altersstufe zwischen 8 und 88.
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Nr. 901: Verflixxt! |
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Spielwiese-Code | |
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2020: Amigo
2005: Ravensburger
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Themen: keines |
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Auszeichnungen
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