Der Weg ist das Ziel
Ob Sherlock Holmes am Ende den Fall löst, hängt nicht von seinen kognitiven Fähigkeiten ab. Holmes ist, auch wenn es den Anschein erweckt, kein Deduktionsspiel, sondern ein im Thema gut umgesetztes Sammelspiel.
![]() |
Nr. 1266: Holmes | Spielwiese-Code | ![]() ![]() |
|
Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
|
![]() |
|
Das Spiel läuft sehr übersichtlich ab. Es gibt ein Tableau, auf dem die Tage = Runden klar ersichtlich sind und wo die beiden Spieler ihre Figuren von einer Person zur nächsten ziehen. Bilder: spielwiese.at |
|
![]() |
|
Ebenso einfach und übersichtlich: Eine gezogene Figur wird gelegt. So ist immer beiden Spielern klar, welche Figuren innerhalb der Runde noch bewegt werden können. |
|
Die gute Nachricht
Die Fähigkeiten der Personenkarten sind sehr gut ausgewogen, was die Spannung hoch hält
Die schlechte Nachricht
Ein echter Wettkampf zwischen Gut und Böse ist es nicht. Es ist völlig egal, ob man als Holmes oder als Moriarty gewinnt
Rein ins Spiel!
Der Ansatz ist schon mal interessant. Man spielt über sieben imaginäre Tage = Runden. Jeden Tag gibt es eine zusätzliche Auskunftsperson, die zur Klärung – oder aus Sicht des Bösewichts zur Vertuschung – eines Falles führen soll. Und alle Personen, die sich da auf einem kleinen Tableau tummeln, können immer wieder „befragt“ werden.
Holmes ist ein Konstrukt, gaukelt uns etwas vor. Eine Überführung des Übeltäters in Form eines klassischen Deduktionsspiels mit Schlussfolgerungen gibt es nicht. Holmes ist ein Sammelspiel: Der Spieler, der mit seinen Hinweiskarten mehr Punkte zusammenbringt, hat gewonnen. Welcher Art diese Hinweise sind, ist im Grunde genommen unerheblich.
Das klingt jetzt sehr negativ. Holmes vermittelt jedoch ein Spielgefühl, das es trotz der Einwände zu einer runden Sache macht. Tatsächlich ist die Atmosphäre dicht und stimmig und der Mechanismus lässt die Spieler glauben, wirklich den Wettstreit zwischen dem berühmtesten Detektiv der Welt und seinem Widersacher zu erleben.
Was wir haben und was wir tun
Das Geschehen gliedert sich in zwei Bereiche auf dem Tisch. In der Mitte liegt das Tableau mit dem Rundenanzeiger und den großteils noch verdeckten Personen, die bei Holmes ins Spiel kommen. Daneben oder darunter legen die Spieler den verdeckten Stapel mit den Hinweiskarten und vier Hinweiskarten offen nebeneinander. Das ist die allgemeine Auslage. Um die Karten dort geht es, sie sammelt man. Je mehr man bei Spielende von der gleichen Sorte hat, umso besser. Hinweiskarten erhält man, vereinfacht gesagt, durch die Personen vom Tableau und durch den Einsatz sogenannter Einflussmarker. Das sind sinnigerweise kleine Lupen.
Das Tableau zeigt vorgedruckt bereits drei Personen. Dr. Watson, Mrs. Hudson und Inspektor Lestrade. Wer Mrs. Hudson besucht, erhält drei Lupen aus dem Vorrat. Wer Dr. Watson besucht und eine Lupe abgibt, nimmt eine Hinweiskarten aus der offenen Auslage (die stets sofort wieder auf vier Karten ergänzt wird). Bei Inspektor Lestrade wird es schon ein bisschen teurer, aber auch einträglicher: drei Einflussmarker (Lupen) gegen zwei Hinweiskarten.
Generell miz solchen Tauschhandeln läuft Holmes ab. Dafür kommen mit der Zeit insgesamt acht von zehn Personenkarten ins Spiel. Am Tag 1 zwei, an den Tagen 2 bis 7 je eine. Welche zwei nicht ins Spiel kommen, weiß man nicht. Jede Person erlaubt andere Aktion. Der Londoner Straßenjunge Wiggins zum Beispiel ist immer dienlich. Wer seine Figur auf ihn stellt, nimmt fünf Einflussmarker aus dem Vorrat.
An jedem der sieben Tage absolvieren die beiden Spieler drei Aktionen. Eine Aktion bedeutet, Holmes oder Morairty stellen (am Anfang) eine ihrer drei Figuren auf eine Person bzw. ziehen (später) von einer Person auf eine andere. Am Tagesende wird eine, wie wir meinen, sehr hübsch bezeichnete Idee schlagend: Diese Person wird „unpässlich“, wenn sie sowohl von Holmes und Moriarty besucht wurde. Die Figuren der beiden Spieler bleiben für die Folgerunde liegen, müssen also einen Tag = Runde pausieren und die Person kann in der Folgerunde auch nicht besucht werden. Denn auf einer Person darf niemals mehr als eine Figur eines Spielers stehen. Weil Dr. Watson, Holmes Zimmervermieterin Mrs. Hudson und Inspektor Lestrade qausi zum unerlässlichen Stammpersonal des Detektives zählen, sind diese drei Personen niemals „unpässlich“, auch wenn sich Figuren beider Spieler darauf befinden.
Welche Hinweiskarten die beiden Spieler sammeln, bleibt ihrem taktischen Gespür überlassen und unterliegt auch einem relativ hohen Glücksfaktor, welche vier Hinweiskarten gerade offen in der Auslage sind. Bei einer Sorte Hinweisen sollte man auf jeden Fall zuschlagen, sie ist oft spielentscheidend: es gibt insgesamt fünf Fragmente einer Karte des Londoner Parlaments. Die Punktezahl steigt exponentiell. Ein Fragment schlägt mit 1 Minuspunkt zu Buche, 2 Fragmente bringen 1 Punkt, alle fünf Fragmente aber 10 Punkte. Alle übrigen Hinweiskarten zeigen Fingerabdrücke, Fußspuren, Zigarettenkippen und derlei aus Krimis bekannten Indizien.
Die Fragmente der Karte gehören zur Staffage des Spiels, bei dem es um einen Anschlag auf das Parlament geht. Doch wie gesagt: Die Geschichte hinter dem Spiel spielt eigentlich keine Rolle, die „Aufklärung“ des Falles hängt nicht von Denkarbeit ab. Wer nach sieben Tagen die besseren Karten hat, gewinnt. Ob der Spieler das Gute oder Böse verkörpert, darf niemanden jucken.
Der Weg ist das Ziel.
Nochmals spielen? Ja, man möchte zumindest ein Mal die Fähigkeiten aller Personen ausprobiert haben. |
Rund ums Spiel Das Rezensionsexemplar wurde von Kosmos zur Verfügung gestellt |