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Invicta/Parker/Hasbro/Goliath: Mastermind (1971)
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| 2001 krempelte Parker das Erscheinungsbild von Mastermind radikal um und belebte auch die Kinderversion neu als Mastermind junior – Der Grips-Trip, indem der Code mit farbigen Autos im Stau ein Thema erhielt.
Bild: Parker |
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Es gibt nur wenige sogenannte Boomer, die in jungen Jahren nicht mit dem Deduktionsspiel Mastermind in Berührung gekommen sind. Allein bis zum Jahr 2000 wurden über 55 Millionen Spiele in 80 Ländern verkauft. Seither ist die Verbreitung auf rund 100 Länder ausgedehnt.
Aber der Reihe nach. Werfen wir zuerst einen Blick auf das Spielbrett und das Spielprinzip.
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| Daran werden sich die Boomer erinnern: So sah Mastermind ab 1975 aus, als von vier auf fünf Lochreihen erhöht wurde. Hier in einer Schweizer Ausgabe bei Carlit, die exakt vom britischen Original lizensiert wurde.
Bild: privat |
Wikipedia schreibt so nüchtern wie treffend: „Als Spielbrett dient eine Lochplatte mit hintereinander angeordneten Viererreihen Rundlöcher zur Aufnahme pilzförmiger Farbsteine und parallel daneben jeweils vier kleinere Löcher in quadratischer Anordnung zur Aufnahme nagelförmiger Stifte.“
Der eine Spieler legt verdeckt einen vierstelligen Farbcode fest, der aus sechs Farben ausgewählt werden kann. Jede Farbe kann mehrmals verwendet werden. Der andere Spieler hat nun zwölf Runden Zeit, diesen Farbcode zu knacken. Dazu setzt er einen gleichartigen Farbcode als Frage und tastet sich anhand der Antwort(en) an die Lösung heran. Auf jeden Zug hin bekommt der Ratende die Information, wie viele Stifte er in Farbe und Position richtig gesetzt hat und wie viele der übrigen Stifte zwar die richtige Farbe haben, aber an einer falschen Position stehen. Ein Treffer in Farbe und Position wird durch einen schwarzen Stift angezeigt, ein farblich richtiger Stift an falscher Stelle durch einen weißen Stift. Siehe ein erklärendes Beispiel im folgenden Kasten.
Das Ganze schult das logische Denken ungemein und Spiele, die das fertigbrachten, waren zur damaligen Zeit stark nachgefragt: Wenn das Kind schon spielen will, dann soll es dabei auch was lernen, lautete die Intention zahlreicher Eltern. Aus heutiger Sicht bedeutete das auch zeitweises Leiden auf beiden Seiten. Für den Denksportler, der sich unter Druck anstrengen sollte den Farbcode zu knacken und für den Aufgabensteller die schiere Downtime, wie das modern ausgedrückt würde. Schon in den 90ern merkte spielwiese.at mit einer Portion Sarkasmus an: „Es war ja ganz lustig zuzuschauen, wie sich der Mitspieler beim Knacken des Codes plagte, wie er seine Stirn runzelte und seine Farbstifte immer wieder neu gruppierte, bis er dann sagte: ,So, das müßte es jetzt sein!’ Aber in Wirklichkeit war das verlorene Zeit!“
.So funktioniert das Mastermind-PrinzipDas Internet ist voll von Anleitungen und guten Tipps, wie man einen Farbcode á la Mastermind am besten knackt. Wir nehmen als gutes Beispiel jene Hilfe, die Wikipedia bietet. Gesucht ist der Farbcode: grün – rot – blau – grün (ganz oben) 1. Rateversuch: rot – gelb – rot – grün Antwort: Einmal schwarz (weil an der vierten Position grün richtig ist), einmal weiß (weil rot im gesuchten Code einmal vorkommt, aber nicht an der ersten oder dritten Stelle). 2. Rateversuch: grün – grün – orange – rot Antwort: Einmal schwarz (weil grün diesmal an der ersten Position richtig ist), zweimal weiß (weil 1. grün im gesuchten Code ein zweites Mal vorkommt, aber nicht an der zweiten Position und 2. rot im gesuchten Code vorkommt, aber nicht an der vierten Position). Wenn der richtige Farbcode gefunden wurde, lautet die Antwort viermal schwarz. Der ratende Spieler hat normalerweise zwölf Versuche, um die richtige Lösung zu finden. Je nach Ausführung des Spiels kann diese Anzahl variieren; die kleinere Reise-Ausführung bietet nur Platz für sechs Versuche. |
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| Beispiel-Stellung nach dem zweiten Lösungsversuch.
Bild: Wikipedia |
Auch wenn Mastermind zu jenen Spielen gehört, die gefühlt immer schon da waren, ist dem nicht so. Es gibt einen Erfinder und eine Entstehungsgeschichte. Der Mann heißt Mordechai Meirowitz, manchmal auch als Marco Meirovits, M. Meirowitz oder Marco Meirovitz geschrieben, wurde 1930 in Rumänien geboren, war ein israelischer Nachrichteningenieur und lebte in Paris. Er erfand Mastermind 1970, blitzte damit jedoch bei mehreren Spielefirmen ab und stellte es deshalb im Jahr darauf selbst auf der Spielwarenmesse in Nürnberg vor. Dort entdeckte es ein gewisser Edward Jones-Fenleigh, der 1946 die kleine englische Firma Invicta Plastics in Leicester gegründet hatte, und kaufte alle Rechte. Denn es passte hervorragend in das Portfolio der Plastikfirma, die zu der Zeit unter anderem Plastikdinosaurier und Schachspiele herstellte. Invicta brachte Mastermind Ende 1971 auf den Markt. Kurz nach seinem Erscheinen wurde es zum bis dahin am schnellsten verkauften Spiel der Geschichte. 1973 veröffentlichte es in den USA auch Parker, mit Pressman Toy trat 1981 ein weiterer international aufgestellter Hersteller auf den Plan. Unter verschiedenen Namen erschienen im Laufe der Jahrzehnte Ausgaben bei annähernd 50 Verlagen und Herstellern.
In der Bundesrepublik Deutschland vertrieb es Invicta zuerst selbst und zeitgleich mit dem Vereinigten Königreich. In der DDR wurde es vom Hersteller Plasicart Logik Trainer, dann Super Code getauft, auch eine Variante mit zwei mal drei Stiften, bei der zwei Spieler gegenseitig raten, wurde in der DDR unter der Bezeichnung Variablo hergestellt. Parker, heute eine Marke bei Hasbro, übernahm Mitte der 1970er den Vertrieb für Deutschland und benannte es für kurze Zeit als Superhirn, um aber bald wieder auf Mastermind umzuschwenken. Secret Code, Master Mind und selbst Master Mind Superhirn waren dann Titel in den Jahren danach, als unter anderen auch Jumbo, Top-Game, Top-Toy und Spear in ihren Versionen das Spiel auch mit deutscher Anleitung verlegten. Bei Toys’R’Us hieß das Spiel 2010 unter der Eigenmarke Pavillon Playmind.
Dass der Spielmechanismus geradezu einlädt, ihn in ein Onlinespiel oder auf eine Spielkonsole zu transferieren, blieb Programmieren nicht lange verborgen. Auch in der digitalen Welt gibt es unzählige Ableger. Das bot und bietet noch immer Anlass für rechtliche Auseinandersetzungen. Typisch Ami, könnte man jetzt sagen: Hier hat vor allem Pressman Toy als einer der offiziellen Lizenznehmer zahlreiche Onlinespiele-Anbieter abgemahnt.
Die bewegte Geschichte geht bis in die Gegenwart munter weiter. Hasbro setzte 2023 anstelle des Parker-Logos „Hasbro Games“ auf die neueste Ausgabe, die es jedoch nicht lange gab, denn 2025 wurde das Spiel als The Original Mastermind bei Goliath (Bild rechts) herausgebracht. Mitte des Jahres gaben die beiden Firmen bekannt, dass Goliath sich durch einen neuen mehrjährigen Vertrag mit Hasbro die weltweiten Herstellungs- und Vertriebsrechte für den modernen Klassiker gesichert hat. Das niederländische Spieleunternehmen plane, die Marke Mastermind mit neuen Marketinginitiativen neu zu beleben, die speziell auf jüngere Spieler ausgerichtet sind.
Da wird dann wohl auch die Kinder- bzw. Jugendversion auferstehen. Aus der vereinfachten DDR-Version Variablo gingen international bei Parker, Invicta und bei Pressman Toy jene Varianten hervor, in denen die Anordnung von Disney-Figuren oder bunter Tiere anstelle abstrakter Farbstifte herauszufinden war. In der Ausgabe Mastermind Junior – Der Grips Trip waren es 2001 dann farbige Autos.
Um die Bandbreite der Mastermind-Ableger abzurunden: Wer wollte, konnte in den 1980ern Mastermind auch zu viert versuchen und bei der Version Mastermind Challenge lösten 1994 zwei Spieler einander gegenüber sitzend an einer Plastikwand gleichzeitig das Rätsel des anderen. Die Spielwiese zeigte sich in ihrer Kritik begeistert: „Hier ist Mastermind nicht mehr Brett, sondern vertikales Objekt: Auf Stäben werden die Codes wie Perlen aufgereiht (…) Die Anzeige, was richtig ist oder annähernd stimmt, ist in den Sichtschutz integriert. Die Spielsteine werden in einem Behälter verstaut, dessen Deckel in der Schachtel ein Durcheinander verhindert. So rundum perfekt kann ein Spiel sein!“
Mastermind hat vielfach sein Aussehen geändert, ist in Dutzenden Größen und Ausstattungen erschienen. Mordecai Meirowitz hat noch einige andere Denk- und Deduktionsspiele ersonnen, für Ravensburger beispielsweise 1976 Erkennst du mich? und 1978 Geheim Code X4. Die Firma Invicta gibt es zwar noch, hat aber mit dem Spielehersteller von damals nichts mehr zu tun. 2013 wurde das strauchelnde Unternehmen an zwei Direktoren der Firma verkauft, deren neuer Firma Make A Material Difference Ltd allerdings kein Erfolg beschieden war.
Fun Facts
- Mit Mastermind zeichnte 1973 der britische Spielwarenhändlerverband erstmals ein "Spiel des Jahres" aus, bis dahin waren es ausschließlich Spielzeuge
- 2008 bringen Editions Atlas und Hasbro Frankreich Mastermind – Le Cadeau de César, übersetzt also "Das Geschenk von Cäsar" im Outfit von Asterix heraus. Dabei bilden "gallische Schwerter" in sechs Farben die Basis für den Farbcode




… die reinste Entspannung: Ich spiel am liebsten Spiele, wo ich wenig denken muss und viel Glück habe!