BUCH. Von der rasanten Entwicklung des Spielens in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, der Entstehung von Spieleverlagen und heutigen Spieleklassikern wie Catan, Carcassonne oder Activity handelt ein Sachbuch des Spieleexperten Tom Werneck (Bild). „Diese 50 Jahre waren für die Brettspielbranche von eminenter Bedeutung. Es wurden beispielsweise mit Spielefesten neue gesellschaftliche Gruppen erreicht und nachhaltig begeistert. Das schlägt sich bis heute im ökonomischen und sozialen Stellenwert der Branche nieder“, betont Dieter Strehl, Piatnik-Chef und Herausgeber des Werks.
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An unterentwickeltem Selbstwertgefühl hat Tom Werneck nie gelitten. Das darf man sagen, denn er weiß es. Tom gehört zu jener Sorte Menschen, nach der sich wie von Geisterhand gelenkt alle Menschen umdrehen, sobald er den Raum betritt. Die damit einhergehenden Möglich- und Fähigkeiten Verbindungen zu schaffen, hat er in seinem Leben reichlich genutzt. Über Strecken handelt das vorliegende Buch davon. Aber nicht nur.
Wichtig sind zwei Sätze zur Erklärung. 1. „Das moderne Brettspiel – Die unglaubliche Entwicklung von 1950 bis 2000“ ist die überarbeitete und stark gekürzte Fassung jener Dissertation, mit der Tom Werneck mit 85 seinem Namen ein Dr. voranstellen durfte. Hut ab und nachträglich Gratulation! 2. Da Tom Werneck die angesprochene Entwicklung in der einen und anderen Art tatsächlich beeinflusst hat, kann dieses Buch nicht zu 100 Prozent objektiv sein. Passagen, wo’s wirklich subjektiv wird, sind typografisch eigens gestaltet und somit gekennzeichnet. Denn es ging Tom Werneck auch darum, bestimmte Dinge und das eigene, nicht immer unumstrittene Wirken ins rechte Licht zu rücken. Darf er. Das macht das Erzählte deshalb nicht weniger aufschlussreich.
Es ist kein spannender Roman auf 250 Seiten. Es ist eine sehr genaue Beobachtung und Analyse über ein halbes Jahrhundert Spiel-, Verlags- und Vertriebswesen. Wer ein wenig am Thema interessiert ist, wird zügig und manchmal auch sehr unterhaltsam durch diese fünf Jahrzehnte geleitet. Wer, wie ich, immerhin eineinhalb Dekaden dieser Zeitspanne dabei war, den überfallen Erinnerungsschübe en masse. Denn es ist auch ein Buch über eine vergangene Zeit. Das Wort Marketing kannten und gebrauchten die wenigsten einer kleinen, überscvhaubaren und oft freundschaftlich miteinander verbundenen "Szene". Nur so war es überhaupt möglich, dass zum Beispiel die Auszeichnung Spiel des Jahres entstand, weil sich ein bunter Haufen Männer in Tom Wernecks Wohnung traf und über Sinn und Wert dieser weitgehend noch unbeachteten Gattung Brettspiele philosophierte.
Der Jurypreis Spiel des Jahres, dieser Turbo für die ganze Branche, ist der rote Faden durch Tom Wernecks Buch. Auch wenn er längst nicht mehr Mitglied der illustren Gesellschaft ist, sein Vater-Stolz klingt auf vielen Buchseiten durch und ist berechtigt. Viele Buchseiten sind allerdings auch mit statistischem und bibliografischem Material gefüllt. Das gehört zu einem solchen Projekt, da gibt es selbst für Insider einiges zu entdecken, die Auswahl ist manchmal jedoch eigenartig und nicht immer auf der Höhe der Zeit, beispielsweise in der Beschreibung von Spielverlagen.
Jedenfalls ist es ist gut und Dank angebracht, dass ein wichtiger Zeitzeuge die unzähligen Daten, Meilensteine und Anekdoten als Vermächtnis zusammengetragen hat und ein Spieleverlag, nämlich Piatnik, das Ganze in verständlicher Sachbuchform veröffentlicht.
Arno Miller
Tom Werneck: Das moderne Brettspiel – Die unglaubliche Entwicklung von 1950 bis 2000
(Herausgeber Dieter Strehl)
Piatnik Wien 2025, 256 Seiten
ISBN 978-3-200-10424-2
Preis: 24,90 Euro
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Bilder: Piatnik
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