Zu Markte getragen
Eines der besten Spiele von Wolfgang Kramer der letzten Jahre ist Hazienda. Es steckt sehr viel drin - nicht nur an Material.
|
![]() |
|
Spieler Rot spielt eine Schweine-Karte aus und verlängert seine Schweineherde durch einen Tierchip. Verbindet er damit seine Landkette (oben) mit einem Markt, wie in diesem Fall, gibt es Geld aus der Kasse. | ||
![]() |
||
Spieler Rot geht hier auf Nummer Sicher und legt eine Hazienda auf seine Landkette: Die bringt pro Teil bei einer Wertung einen Punkt. Außerdem umschließen seine Herde und seine Landplättchen die Wasserstelle - auch dafür gibt es pro Teil einen Punkt. |
||
Fangen wird gleich mit dem Material an. Da gibt es haufenweise Chips mit Tieren drauf - Rinder, Schweine, Schafe und Pferde. Dann gibt es Chips der eigenen Farbe als Landplättchen und es gibt viele, viele Karten, auf denen wiederum die Tiere zu sehen sind bzw. verschiedene Landschaftselemente, wie etwa Fels, Wiese oder Moor.
Ausgangspunkt ist ein großer in kleine Sechsecke unterteilter Spielplan. Darauf hat man zu Beginn eine weite noch leere Fläche an Weideland, umrahmt von einer Kette an unterschiedlichen Landschaftsfeldern. Mitten drin sind die alles entscheidenden Märkte, also Plätze, auf denen man später seine Viehherden zum Verkauf bringt.
Meine Aufgabe als südamerikanischer Rancher bei Hazienda ist es, Viehherden zu bilden und sie zu veräußern. Auf eine kurze Formel gebracht: Je größer meine Herde ist, die ich zu einem dieser Märkte führe, desto mehr Geld landet augenblicklich in meiner Kasse.
Um allerdings den richtig großen Reibach zu machen, gibt es mehrere gefinkelte Mechanismen. Die Mehrgleisigkeiten ja die Stärke fast aller Spiele von Wolfgang Kramer . Da ist einmal der Multiplikator-Effekt: Je mehr Märkte ich insgesamt erschließe, umso mehr Punkte gibt es bei den zwei Wertungen. Kleinere Herden an mehr Märkten sind meist besser als große Herden an wenigen Märkten. In der Wirtschaftssprache ausgedrückt (weil Hazienda ein Wirtschaftsspiel ist): Diversifikation ist angesagt. Dann gibt es noch den Verknüpfungs-Effekt. Als kluger Hazienda-Spieler muss ich auch das Umfeld einbeziehen, das meine Herden hat. Gibt es auf dem Weg zum Markt Wasserstellen? Die bringen wichtige Zusatzpunkte! Und das Beste ist, dass ich mein Kapital auch dafür einsetzen kann, neue Wasserstellen zu bauen. Ein Investment, das sich in aller Regel lohnt.
Was zu tun ist
Nach der Materialkunde betrachten wir einmal näher einen Spielzug. Mit einem Basispaket an zufällig verteilen Spielkarten ausgestattet, darf ich maximal drei Aktionen in einem Zug ausführen. Die Reihenfolge ist dabei ausnahmsweise einmal egal, ich darf bestimmte Aktionen auch mehrlmals in einem Zug ausführen.
Mit Tierkarten beginne oder vergrößere ich eine Herde (die immer aus den gleichen Tieren bestehen muss!), indem ich pro Karte dann einen Tierchip auf ein freies Feld lege. Mit Landplättchen (Chips) besetze ich auf der rundum verlaufenden Kette ein entsprechendes Feld. Eine Herde kann immer nur von hier aus, wo ich bereits Landschaftsfelder besetzt habe, begonnen werden. Die Anzahl der Felder, die zwischen dieser Landschaftskette und den Märkten liegt, ist unterschiedlich. Man muss sich also eine Taktik zurechtlegen, in welche Richtung man vorstoßen will. Und dabei ist auch entscheidend, dadurch eventuell den Mitspielern den Weg abzuschneiden und sie von einem Markt oder einer Wasserstelle fern zu halten.
Basis sind die Karten
Natürlich ist es auch bei Hazienda so wie in jedem Spiel, das auf Karten basiert, dass man nur selten genau die Karten auf der Hand hat, die man sich wünscht. Um neue, vielleicht bessere Karten zu erhalten, gibt es die beiden Auslagen - so sind immer vier Tierkarten und vier Landschaftskarten aufgedeckt. Eine oder auch mehrere davon auf die Hand zu nehmen, kostet natürlich jeweils eine der drei möglichen Aktionen, die einem pro Spielzug zur Verfügung stehen. Man muss sich also immer entscheiden, wie viele Aktionen investiere ich im Moment in Zukäufe, um diese Karten in der nächsten Runde auszuspielen, oder spiele ich im Moment lieber gleich das aus, was ich schon habe. Es wird immer wieder vorkommen, dass man schweren Herzens doch Variante zwei wählt, um einem Mitspieler einen Strich durch seine Rechnung zu machen.
Hazienda ist spielerisch vielschichtig angelegt. Den Grundmechanismus hat man nach zwei, drei Runden trotz des vielen Materials und der vielen Möglichkeiten verinnerlicht. Aber dann stehen einem mehrere Wege offen, ans Ziel zu gelangen. Es haben auch die Tests bewiesen, dass die Spieler praktisch immer auf verschiedenen Strategien unterwegs waren.
Es gibt übrigens im zeitlichen Ablauf zwei wichtige Merkmale: Wenn keine Tierkarten für die Auslage mehr vorhanden sind, kommt es zur Zwischenwertung. Man darf deshalb auf keinen Fall versäumen, zuvor noch lange Ketten eigener Chips mit Haziendas zu "vergolden". Das sind kleine Holzhäuschen, die auf eine Kette von Landplättchen oder Herden gelegt werden. Es kostet zwar die stattliche Summe von 12 Pesos eine Hazienda auf einer Kette zu platzieren, dafür wird ihr Wert bei der Wertung verdoppelt.
Ähnlich verhält es sich mit den Wasserstellen. Die gibt es in unterschiedlicher Form und decken unterschiedlich viele Felder ab. Jede Wasserstelle kostet ebenfalls 12 Pesos, als Gegenleistung gibt es für jedes Tier und jedes Landplättchen, das ans Wasser grenzt, einen Punkt.
Solche "Nebenaktionen" sind in fast allen Partien siegentscheidend, da die Punktestände der Spieler am Ende meist sehr knapp beieinander liegen. Gewinner wird, wer am meisten Punkte hat. Auch Pesos, die ein Spieler bei der Zwischen- und Endwertung hat, bringen noch ein paar zusätzliche Punkte. Ansonsten spielt das Geld während des Spiels die Rolle, damit Karten, Haziendas oder Wasserstellen kaufen zu können. Die Kasse wird, wie eingangs erwähnt, dann aufgefüllt, wenn eine Herde einen Markt erreicht. Ausbezahlt wird nach der einfachen Formel: Je Tier der Herde + je Landplättchen der Landschaftskette als Ausgangspunkt = 1 Peso. Da ein Markt sechs Seiten hat, kann mit dem Herumführen einer Herde rund um diesen Markt bis zu sechs Mal kassiert werden!
Fazit
Hazienda ist viel einfacher zu spielen, als die Spielregel an Anschein erweckt. Nicht abschrecken lassen! Es ist das passende Spiel für alle, die auf einen guten Mix aus vielen taktischen Möglichkeiten mit einem hohen Maß an eigenen Entscheidungen sowie einen offenem Wettstreit Wert legen. Dass eine Partie 60, 90 Minuten oder sogar ein bisschen länger dauert, spielt bei der Qualität von Hazienda keine Rolle: Hazienda ist zu jedem Zeitpunkt spannend. Wer zwischendurch auf die Uhr blickt, muss einen wirklich wichtigen Termin haben.
Test 930: Hazienda
- Legespiel für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahre
- Ca.-Preis: 30,– €
- Verlag: Hans im Glück
- Autor: Wolfgang Kramer
- Thema/Umfeld: Die Spieler sind Großgrundbesitzer, die ihre Viehherden zu Märkten bringen, um dafür Geld zu bekommen.
- Zielgruppe: Familien, Erwachsene
- Spieldauer: 60 bis 90 Minuten
- Spielmaterial: sehr gut und sehr viel. Das macht beim Verstauen in der Schachtel einige Mühe und kostet relativ viel Zeit ein neues Spiel vorzubereiten
- Schachtelinfo: gut
- Spielanleitung: die ist dem Verlag gut gelungen (was leider nicht immer der Fall war)
- Anspruch: Hazienda spricht verschiedene Fähigkeiten bzw. Vorlieben an: taktisches Geschick genauso wie das Verfolgen von bestimmten Strategien, in dieser Light-Variante eines Entwicklungsspiels seine Stärken auszuspielen.
- Spielreiz: sehr hoch
- Glück: durchschnittlich
-Service:
Spielanleitung zum Herunterladen
Notizblock der Kritiker: Was andere zum Spiel meinen
Auszeichnungen
- spiel gut