Edelmann oder Meuchelmörder
Ohne Furcht und Adel war neben Torres und Carolus Magnus (beide wurden in der Spielwiese schon ausführlich besprochen) der dritte Nominierte für das Spiel des Jahres 2000.
Aus Spielwiese 56 (2000)
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Preiswertes komplexes Spiel in der Schachtel: Ohne Furcht und Adel von Bruno Faidutti. Fotos: Hans im Glück, Spielwiese |
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Je nachdem, welchen Charakter man ausgewählt hat (oben), profitiert man auch beim Auslegen der Bauwerkkarten (unten) bei Ohne Furcht und Adel. |
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Die drei Spiele lassen sich unmöglich miteinander vergleichen, darum halten wenigstens wir uns hierzu zurück. Konzentrieren wir uns ganz auf dieses Spiel. Es ist ein Kartenspiel, also preislich einmal sehr günstig. Es ist aber kein Stichspiel, sondern eher ein Legespiel. Aber auch nicht ganz.
Autor Bruno Faidutti, trotz italienischem Namen ein waschechter Franzose, hat für sein Citadelles (so heißt es im Original) eine Reihe Komponenten zusammengefügt: man "baut", man blufft, man raubt, man sammelt und, das Wichtigste, man schlüpft in jeder Runde in eine andere Identität mit bestimmten Eigenschaften.
Die Identitäten werden so gewählt, wie man es von Verräter (siehe Spielwiese 52) her kennt: Die Karten mit den Identitäten wandern reihum und man sucht sich eine aus. Wer der aktuelle König ist, hat Vorteile: er darf als erster wählen. Weil bei Ohne Furcht und Adel immer noch Identitätskarten verdeckt beiseite liegen, weiß keiner vom anderen, wen er in dieser Runde darstellt. So soll es auch sein.
Denn einer fixen Rangfolge nach werden nun die Charaktere aufgerufen. Wer sich zu erkennen gibt, führt seine möglichen Züge augenblicklich durch, alles mit dem Ziel, als Erster acht Bauwerkkarten mit möglichst hohen Werten ausgelegt zu haben. Was kann man tun? Man kann entweder zwei Goldstücke aus dem Vorrat nehmen oder zwei Bauwerkkarten vom verdeckten Stapel, von denen er sich eine aussucht und die andere ablegt. Außerdem darf der Spieler im Anschluss eine seiner Bauwerkkarten, die er auf der Hand hat, vor sich ablegen und "bauen". Dafür zahlt der den aufgedruckten Wert in Goldstücken.
Zu jeder Zeit, wenn er an der Reihe ist, darf er seinen der Identität entsprechenden Charakter ausspielen. Der Meuchler etwa nennt einen anderen Charakter, der dann in dieser Runde aus dem Spiel ist. Weil der Meuchler als erster aufgerufen wird, weiß sein Rollenträger nicht, wen er mit dieser Aktion trifft. Der Dieb tut Ähnliches: Der Bestohlene muss ihm seinen Goldvorrat abliefern, wenn er sich zu erkennen geben muss. Der König wiederum darf, wie gesagt, als Erster auswählen und ist Startspieler der nächsten Runde, der die Charaktere aufruft.
Eine entscheidende und beliebte Rolle ist die des Händlers. Er erhält automatisch ein Extra-Goldstück und für jede grüne Bauwerkkarte, die er ausliegen hat, noch eines dazu (der Prediger wiederum für blaue, der Söldner für rote). Der Baumeister ist nicht zu unterschätzen, denn durch ihn darf man nicht nur eine Karte "bauen", sondern bis zu drei. Und der Söldner bekommt eher gegen Ende des Spiels und bei größerer Spieleranzahl Gewicht: Er macht nämlich errichtete Bauwerke zunichte. Je nach Zeitpunkt, der für die Aktion des Charakters gewählt wird, können übrigens unter Umständen unterschiedlich hohe Punktegewinne erzielt werden.
Ohne Furcht und Adel ist also ordentlich komplex, vom prinzipiellen Ablauf her aber sehr schnell zu durchschauen. Sein Reiz besteht darin, dass man ständig Überraschungen erlebt. Eine Vielzahl von Aktionen sind theoretisch möglich, man hat demnach ständig abzuwägen, was man tut oder besser lässt. Wichtig ist, dass man stets seinen Goldvorrat im Auge behält, denn auch bei diesem Spiel gilt: Ohne Geld ka Musi!
Wo Licht ist, findet sich auch Schatten. Größtes Manko ist, dass der Meuchler erst ab vier Spielern mit dabei ist bzw. der Spielfluss sehr stark von der Spieleranzahl abhängig ist. Ideal sind fünf oder sechs Spieler.
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Nr. 604: Ohne Furcht und Adel / Citadels |
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Spielwiese-Code | |
2017: Hans im Glück 2000: Hans im Glück |
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Themen: Wettstreit, Charaktere |
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Spielanleitung zum Download |
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Auszeichnungen
Rund ums Spiel
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