BUCH. Es ist ein – im Sinn von eigenartig – komisches Buch: „Brettspielprofis – Menschen und ihre Geschichten auf dem Weg vom Brettspiel zur Branche“. Schon dieser Untertitel sorgt für Stirnrunzeln, das Innere dann noch mehr. Warum das Werk dennoch nützlich ist.
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Zuerst einmal: Es ist mit an die 300 Seiten recht gewichtig, in der Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg erschienen, weil von Karin Falkenberg herausgegeben, sie war bis vor Kurzem Leiterin des Spielzeugmuseums, vom Verein Spiel des Jahres finanziell unterstützt. Bei den titelgebenden „Brettspielprofis“ drehe es sich um 70 (überwiegend noch lebende, Anm.) Personen, die – so das Buch – „auffallend klug, durch und durch kreativ-umtriebig und persönlichkeitsstark“ seien. Von A wie Helge Andersen bis Z wie Julia Zerlik.
Diesen 70 Menschen sind unterschiedlich lange Beiträge gewidmet. Womit schon ein Problem des Buches beginnt. Angeblich, erfährt der Leser im Vorwort, hat es im Rahmen des Projektes einen einheitlichen 20-teiligen Fragebogen gegeben, der beantwortet werden musste. Leider erfährt man nicht, welche Fragen das waren. So hätte man Beschreibungen und direkten Reden, aber auch den unterschiedlichen Umfang, besser einordnen können. Das nicht weniger große Problem des Buches ist, dass zu den 70 Personen keinerlei „harten“ Fakten geliefert werden. Einen Reiner Knizia und Klaus Teuber wird auch der eine oder die andere Nicht-Insiderin zumindest dem Namen nach kennen, doch beim Großteil muss sich der Leser selbst zusammenreimen, was diese Person eigentlich macht oder gemacht hat. Manchmal gelingt es besser, manchmal nur schlecht.
Warum die jeweilige Person dann überhaupt in dem Buch vorkommt, während man andere vergblich sucht, das kann man aus dem Vorwort zwar herauslesen, wirft allerdings noch mehr Fragen auf, die man besser nicht gestellt bekommen will. Frei von der Leber weg schreibt die Herausgeberin, dass die Teilnahme an der Befragung freiwillig war, dann aber einige ihre Texte nicht freigegeben hatten.
Die Texte stammen von fünf verschiedenen Personen und sind in der Qualität höchst unterschiedlich. Viele bleiben auf Schulaufsatzniveau samt Adorismen, andere bringen überraschende Reflexionen zutage, doch leider mangelt es rundum an wesentlichen strukturgebenden Formalien: Es ist ein wilder, ungeordneter Mix aus Außensicht, Lebensläufen und schlecht auseinander zu haltenden Interviewpassagen in der Ich-Form. Mal so, mal so.
Dennoch ist „Brettspielprofis“ ein Werk, das wichtig ist. Nicht zwingend heute, aber irgendwann, wenn sich die Wissenschaft intensiver mit dem Hobby Gesellschaftsspiel beschäftigt. Weil das bisher zu wenig geschieht – wenn man inhaltlich genau seziert, ist das Buch als Erfahrungsschatz zu werten und zu nutzen. Weil in dem Buch viele gute Gedanken von Autoren, Illustratoren, Verlegern, Veranstaltern und anderen Leuten aus der kleinen Branche stecken und somit auch deren Triebfedern einmal festgehalten sind.
Das war auch die Intention des zugrundeliegenden Oral-History-Projekts. Hoffentlich geben die Tonbänder zukünftigen Spieleforschern mehr.
A.M.

- Brettspielprofis. Menschen und ihre Geschichten auf dem Weg vom Brettspiel zur Branche. (Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg, Bd. 29; Hrsg: Karin Falkenberg) Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG, Petersburg
- 288 Seiten
- Oktober 2025
- 22,– Euro
- ISBN 978-3731915607
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… das einzige, was Männer wirklich ernst nehmen. Deshalb sind Spielregeln älter als alle Gesetze der Welt.