Auf und ab
Ansprechendes Spielmaterial und ein witziger Einfall auf der Plusseite, Willkür und eine heuchlerische Moral auf der Negativseite. Hab & Gut kann nicht wirklich überzeugen.
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Relativ viel und gutes Spielmaterial bietet Hab & Gut. Das Spannende an der Geschichte ist, dass jeder Spieler seine beiden Kartenübersichten mit dem linken bzw. rechten Nachbarn teilt.
Bild: Winning Moves |
Die meisten Leute wären gerne reich. Sehr reich. Und das am liebsten, ohne dafür zu arbeiten. Deshalb lockt die Börse. Wer durch sie wirklich sehr reich geworden ist, der hat vielleicht ein schlechtes Gewissen und tut Gutes.
Von all dem handelt Hab & Gut. Es nützt nichts am Ende sehr viel Geld zu haben, wenn man auf dem Weg dorthin nicht auch ausreichend karitativ gewesen ist.
Ein besserer Mensch wird durch dieses Spiel aber niemand. Die Hoffnung wäre ganz falsch.
Die Spieler schlüpfen bei Hab & Gut in die Rolle von "ehrwürdigen Aktienhändlern auf dem Weg zu Geld und Ruhm". Sie erwerben Aktien, sie verkaufen Aktien, wie das Aktienhändler auch im richtigen Leben tun. Da Börsen ein Abbild von Angebot und Nachfrage sind, geht im richtigen Leben der Kurs rauf oder runter. Bei Hab & Gut allerdings spielen die Spieler auch noch "Leben": Sie bestimmen nicht durch Kauf oder Verkauf den Kurs, sondern durch Willkür.
Damit entfernt sich dieses Spiel sehr rasch und sehr deutlich von einer ernstzunehmenden Wirtschaftssimulation. Den ureigensten Mechanismus einer Börse haben andere Autoren in anderen Börsepielen weit besser und wirklichkeitsnaher nachgestellt.
Viermal Geld raus, Geld rein
Da nützt es auch nichts, wenn beide Einflüsse durch verschiedene Aktionsphasen im Spiel getrennt wurden. Was man bei Hab & Gut zu tun hat, ist relativ einfach. Zuerst kaufen oder verkaufen die Spieler reihum Aktien. Haben das alle gemacht, beeinflussen sie den Kurs: Mit zwei Kurskarten treiben sie den Wert von einem oder zwei Gütern willkürlich rauf oder runter (wie's angestellt wird, ist durchaus neu, aber dazu gleich später).
Das wiederholt sich vier Runden. Mit anderen Worten: Viermal besteht die Möglichkeit Geld loszuwerden oder zu erhalten, viermal den Kurs zu verändern. Dann wird die Wohltätigkeit der einzelnen Spieler auf die Probe gestellt, anschließend beginnt noch einmal ein Durchgang mit wiederum vier Runden wie beschrieben.
Kurse selbst beeinflussen
Der Schlüssel zum Erfolg sind die Phasen, in denen der Kurs beeinflusst wird. Auch das machen die Spieler nacheinander – natürlich wechselt in jeder Runde der Startspieler. Die Kurskarten, die man dazu braucht, werden zu Beginn sowie nach den ersten vier Runden verteilt, indem jeder Spieler acht davon erhält und sie in einen Kartenhalter steckt. Dieser Kartenhalter wird zwischen sich und den linken Nachbarn gestellt. Nur diese beiden sollen die Kurskarten zwischen sich sehen. Somit überblickt jeder Spieler zwei Kartenhalter – einen links, einen rechts. Und aus ihnen wählt er in den Phasen, wenn es um den Kurs geht: eine Kurskarte von links, eine von rechts. Die Kurskarten sind bestimmten Gütern zugeordnet und können deren Kurs entweder zwei, vier oder sechs Wertefelder rauf oder runter treiben. Eine der beiden Kurskarten darf allerdings nur zur Hälfte wirksam eingesetzt werden.
Mit den Nachbarn das Wissen teilen
Der Effekt ist, dass immer zwei benachbarte Spieler mit dem selben Material – den Kurskarten – spielen müssen. Das hat seinen Reiz. Denn vor allem, weil's im Uhrzeigersinn geht, dem linken Nachbarn gilt die Aufmerksamkeit: Ihm kann man bewusst Kurskarten "versauen", indem ihr Wert halbiert wird. Zum Beispiel: Sie haben sich gemerkt, dass er mehrere Kaffee-Aktien kaufte, und im linken Kartenhalter steckt die "+6 Kaffee"
Sie aber haben keinen Kaffee, da liegt es doch nahe, diese Kurskarte zu nehmen und ihr nur den halben Wert zuzuteilen. Okay, das ist fies. Oberfies. Aber die Börse ist kein Mädchenpensionat.
Hab & Gut kann sich nicht entscheiden, was es will. Blanker Kapitalismus oder doch ein Funken Moral? Die Regel besagt, dass der Spieler mit dem meisten Geld am Schluss gewinnt, außer – er hat am wenigsten für wohltätige Zwecke gespendet. Wer am Ende am wenigsten Wohltätigkeit vorweisen kann, scheidet automatisch aus dem Kreis der Sieganwärter aus – selbst wenn er es geschafft hätte, am meisten Geld in die eigene Tasche zu wirtschaften, oder gerade deswegen.
Geld für einen Sonderzweck
Spielmechanisch macht das durchaus Sinn. Die Spieler sind gezwungen, in mindestens sechs von acht Runden eine ihrer Aktien (verdeckt) auf ihre Spendentafel zu legen. Das dadurch lukrierte Geld zählt nicht zur Gewinnsumme. Ganz schön heuchlerisch.
Aber das ist nicht das Kernproblem von Hab & Gut. Das liegt eindeutig in der Willkür der Kursbeeinflussung. Mit der Zeit nervt es nämlich, dass ein Spieler den Kurs für Kohle, Weizen, Kaffee, Tee, Salz oder Kautschuk rauftreibt, der nächste wieder runter, und der übernächste wieder rauf. Und das in der gleichen Runde.
Als Fazit bleibt: Das Spiel hat interessante Ansätze, aber das ständige Auf und Ab der Kurse verdirbt den Spaß.
Nr. 1032: Hab & Gut |
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Spielwiese-Code | | E | 12 | | |
2009: Winning Moves |
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Themen: Börse, Rohstoffe, Wohltätigkeit
Preis-Leistungsverhältnis |
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-Service:Spielanleitung zum Download |
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Auszeichnungen
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