Kleinvieh macht auch Mist
Das Spiel kam für viele doch überraschend auf die Nominierungsliste zum Spiel des Jahres 2008. Denn seine Stärken spielt es nicht für jeden aus – was auch an der Farbgebung des Materials liegen dürfte.
Blox in der Vogelperspektive: Die Farbgebung scheint harmonisch, ist aber nicht jedermanns Sache. | |
Beispiel fürs Einbringen neuer Figuren aufs Spielbrett: Mit einer grauen Karte kann Spieler Blau von rechts auf das graue Feld in der dritten Reihe vom Spielfeldrand. Nicht aber von oben! Denn hier liegt noch ein anderes grauen Feld davor. Man darf immer nur bis zum nächsten freien Farbfeld rücken. Das gilt auch für die Spielzüge. | |
Beispiel fürs Bauen eines Turmes: Der Spieler hat sowohl eine rote, eine graue und zwei weiße Karten als auch die entsprechenden Blöcke. Er bildet daraus einen Turm und darf ihn anstelle einer eigenen Spielfigur auf ein Feld stellen. Dafür kassiert er in diesem Fall vier Punkte. | |
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Eine Phasentafel liegt offen aus und zeigt stets an, welche Türme in dieser Phase abgeräumt und welche gebaut werden dürfen. |
Auch in den Testrunden der Spielwiese hinterließ das Frühjahrs-Hauptspiel 2008 von Ravensburger gemischte Gefühle. Aus zwei Gründen: Blox wendet sich eindeutig an ein schon erfahrenes Spielerpublikum – wer nur alle heiligen Zeiten einmal mit Würfelpoker oder MauMau in Berührung kommt, ist schnell überfordert. Blox polarisiert wegen seiner Gestaltung – die einen finden es "total ästhetisch", die anderen kritisieren die Farbgebung, die bei bestimmten Lichtverhältnissen alles andere als spielunterstützend wirkt.
Abstrakter könnte ein Spiel kaum sein. Ein Spielfeld mit unterschiedlich eingefärbten Feldern, darauf werden Türme aus verschieden farbigen Blöcken abgebaut, an anderer Stelle wieder aufgebaut. Vielleicht war Ravensburger das Amigo-Spiel Projekt Skyline eine Lehre. Geschichten, wie sie dort konstruiert wurden, dass nämliche "Hochhäuser" einfach so mir nichts dir nichts versetzt werden können, sind unsinnig und unglaubwürdig.
So geht es bei Blox themenfrei an Werk. Das ist prinzipiell kein Nachteil, abstrakte Spiele sind wieder im Kommen. Das erfahrene Autorenteam Wolfgang Kramer, Hans Raggan uind Jürgen P. K. Grunau macht es den Spielern dabei nicht einfach. Sie brauchen Zeit, um buchstäblich ins Spiel zu kommen. Man spielt Blox leider auch "nur" vor sich hin, denn für Kommunikation gibt es keine Anlässe. Das zählt schwer auf der Minus-Seite.
Guter erster Eindruck
Auf der Plus-Seite zu verbuchen ist der erste Eindruck: Blox macht neugierig, wenn die Startaufstellung auf dem Tisch aufgebaut ist. Da stehen unterschiedlich hohe Türme, das Kunststoffmaterial, das dazu verwendet wurde, fühlt sich gut an. Offensichtlich geht es auch um Geld oder Punkte. Was mache ich jetzt also mit meinen fünf Karten, die ich in der Hand halte?
Da gibt es gleich sechs Möglichkeiten, und damit beginnen schon die Schwierigkeiten. Um es an einem Beispiel zu konkretisieren: Man kann nicht einfach durch eine schwarze Karte auf ein schwarzes Feld ziehen. Außer zwischen Spielfigur und schwarzem Feld liegt kein anderes schwarzes Feld, steht kein Turm oder keine andere Spielfigur im Weg. Man kann nicht einfach einen Turm abräumen und dafür Punkte kassieren. Dazu braucht man für jeden Block des Turms eine in der Farbe entsprechende Karte: Ein Turm aus einem roten, einem weißen und zwei schwarzen Blöcken verlangt nach genau einer roten, einer weißen und zwei schwarzen Karten.
Das leuchtet sehr schnell ein, doch im Eifer des Gefechts wird dabei immer wieder gerne vergessen: Zwischen der Spielfigur und dem Turm darf kein Feld übersprungen werden, das eine der Farben hat, die im Turm vorkommt. Das sind die üblichen Anfangsschwierigkeiten bei Blox. Zu ihnen gehört auch die Beachtung der "7er-Regel": Wer sieben oder mehr Blöcke vor sich liegen hat (durch das vorige Abbauen von Türmen), darf so lange keine Türme mehr abräumen, bis er duch den Neubau von Türmen wieder weniger als sieben Blöcke hat.
Ein Stockwerk = ein Punkt
Blox ist ein Bauspiel im weitesten Sinn des Wortes. Es geht aber nicht um den größten oder schönsten Turm, um dessen Standort oder bestimmte Farbkonstellationen, sondern ganz allein um Punkte. Faustregel: Jedes "Stockwerk" eines Turms zählt einen Punkt, ganz egal, ob ein Turm nun ab- oder aufgebaut wird. Und damit der Wert eines Turms auch ganz klar ersichtlich ist, wird stets ein Punktechip der entsprechenden Zahl obenauf gelegt. Was im Verlauf des Spiels etwas mühsam ist, da immer wieder Punktechips mit hohen Werten gegen solche mit kleineren Werten mit der "Bank" oder Mitspielern gewechselt werden müssen (in einer Zweipersonen-Partie ist es unseren Testspielern sogar gelungen die "Bank" zu sprengen – das sollte eigentlich nicht möglich sein, wenn von Verlagsseite auf ausreichend Punktechips geachtet würde).
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Blox hat Spannung. Zu oft erhalten die Spieler Punkte, als dass man schon nach einer gewissen Zeit sagen könnte, ein bestimmter Spieler hätte einen uneinholbaren Vorsprung. Zudem ist die Kontrolle über die Mitspieler nur schwer möglich. Schließlich wird die Kartenhand nach jedem Zug wieder auf fünf ergänzt, werden die vier Spielfiguren ständig aufs Spielfeld und wieder herausgestellt (wenn an ihrer Stelle ein Turm errichtet wird), und selbstredend halten die meisten Spieler ihre Punktechips irgendwie geheim.
Auch die Spieldauer ist schwer abzuschätzen. Eine Partie Blox endet mit der Runde, in der der vorletzte Turm mit vier Blöcken abgeräumt wurde. Spieler, die bis jetzt in dieser Runde noch nicht an der Reihe waren, haben eine Chance auf fünf zusätzliche Punkte, wenn es ihnen gelingt einen 5er-Turm zu bauen. Bis zum Einläuten der Schlussrunde ist das Spiel durch drei Phasen gegangen. In Phase 1 durften nur Türme mit einem Block abgeräumt und nur Türme mit zwei Blöcken gebaut werden. In Phase 2 konnten 1er- und 2er-Türme abgebaut und 3er-Türme errichtet werden, usw. Eine Phase endete jeweils sofort, wenn nur noch ein Turm in der Maximalhöhe zum Abräumen auf dem Spielbrett stand.
Diese Regel bringt den Spielern auch die größte Einflussmöglichkeit bei Blox, denn man kann durch gezieltes Abräumen die Sache beschleunigen – immer unter der Voraussetzung, dass man bei Beginn seines Zuges nie mehr als sechs Blöcke vor sich liegen hat – oder verzögern, indem man vorzugsweise zusätzliche Türme baut. Destruktive Geister können auch die Regel nutzen, um andere Spielfiguren zu schlagen. Dafür braucht es mindestens drei Karten der Farbe, die dem Feld entspricht, auf dem die gegnerische Figur steht. Für jede Karte gib es einen Punkt. Erfahrungsgemäß scheuen die meisten Spieler das Schlagen, es fällt also selten ins Gewicht.
Für alle Aktionen braucht es ein bisschen Kartenglück. Auch bei Blox kann man sich zeitweise benachteiligt fühlen, über eine ganze Partie hinweg gleicht sich das aber immer wieder irgendwie aus. Wenn's gar nicht mehr anders geht oder sich gerade "die" Chance für eine punkteträchtige Aktion offenbart, gibt es einen Joker.
Dem Spiel ist keine klare Gewinnstrategie zuzuordnen. Dazu sind die Möglichkeiten zu vielfältig. Das ist gut, auch wenn man sich hin und wieder während eines Spiels fragt, wohin die Reise geht. Am Ende auch 4er-Türme abräumen zu dürfen, ist nicht wirklich ein Höhepunkt. Die Summe an Punkten, die man während des Spiels sammelt, ist die Folge vieler Einzelaktionen. Kleinvieh macht auch bei Blox Mist.
Fazit
So ist folgendes Fazit zu ziehen. Blox ist ein Spiel für Liebhaber von abstrakten Spielen, die ein geschicktes Abwägen von Chancen und Risiken erfordern. Gerade in der ersten Hälfte einer Partie ist das Spielbrett ziemlich verstellt, wodurch sich die Zugmöglichkeiten in Grenzen halten und das richtige Kartenblatt zum richtigen Zeitpunkt darüber entscheidet, wer schneller bei welchem Turm ist, um ihn abzuräumen. Später wird alles etwas übersichtlicher und das Bauen von Türmen entscheidender, vor allem wo – um sie nach Möglichkeit auch selbst wieder abräumen zu können, sollten eigene Spielfiguren in der Nähe sein und im besten Fall für die gegnerischen Spielfiguren Barrieren darstellen.
Über die Farbwahl der Blöcke kann man streiten, nicht über die Farben der Spielfiguren! Rot und Braun (oder ist es Gold?) sind schon bei normalen Lichtverhältnissen kaum zu unterscheiden. Eindeutige Farben hätten gut getan, zumal die Farbe der Spieler und ihrer Figuren nichts mit denen des übrigen Materials zu tun haben.
Nr. 987: Blox |
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Spielwiese-Code | | G | 10 | | |
2008: |
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Themen: abstrakt
Preis-Leistungsverhältnis |
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Auszeichnungen
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