Monopoly mit Einfluss
Ein imaginäres Land namens Alturien. Dort spielt eine Saga, deren erster Teil vom Handel handelt. Das Spiel basiert mit geringfügigen Änderungen auf einem Jumbo-Spiel aus 1988. Alt aber gut!
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Das Spiel in der Übersicht: Der Spielplan ist riesig! Foto: Kramer |
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Es hätten auch kleinere Felder ihren Dienst getan, wodurch der Platzbedarf für den Spielplan auf dem Tisch reduziert hätte werden können. Der Würfel lässt die Zugmöglichkeiten von 1 bis 5 zu, statt der 6 gibt es außerdem 1-3 zur Auswahl. Fotos: Spielwiese |
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Nicht immer leicht unterscheidbar: Ein Baron und der Grande (rechts). Wertungsbeispiele hier: Der Baron bringt zwei Real (1x2 Stockwerke) für Grün, der Grande 6 Real (3x2 Stockwerke) für Blau. | |
Stellen wir uns vor, es gibt ein kleines Land zu Zeiten des Mittelalters, und das heißt Alturien. Die Entwicklungspotenziale sind enorm. Das spüren auch ein paar namhafte Händlersippen, die sich am Marktplatz um die Kunden raufen. Je mehr sie davon in ihre Geschäfte locken, umso mehr gewinnen sie naturgemäß an Einfluss. Denn sie haben alle ein Ziel im Kopf: So mächtig zu werden, dass sie in den Adelsstand erhoben werden.
Das gelingt ihnen, respektive Ihnen als einer der Spieler, die bei Der Markt von Alturien die Krämer verkörpern, wenn sie als Erster eine dritte Prestigekarte kaufen konnten.
Dass Prestigekarten teuer sind, versteht sich von selbst. Um ausreichend Geld zusammenzukratzen, müssen sie zuerst einmal an strategischen Punkten Geschäfte errichten, diese aufstocken und vor allem den Kundenstrom so lenken, dass der bei Ihnen vorbeizieht. Wie bei Monopoly bzw. DKT gilt: Kommt eine Spielfigur auf einem Feld zu stehen, das Ihnen gehört, kassieren Sie Geld.
Auf dem Einkaufstrip
Doch im Gegensatz zum Wirtschaftsspiel aller Wirtschaftsspiele, haben Sie bei Der Markt von Alturien echten Einfluss auf die Figuren. Auch hier gibt es einen Würfel, aber Sie können sich die Figur aussuchen, die gezogen werden soll. Nur die Zugrichtung der einzelnen Figuren, den Kunden, ist vorgegeben. Diese ziehen durch die Gassen von Alturien, immer gerade aus. An Weggabelungen entscheiden die Spieler, in welche Richtung ein Kunde seinen Einkaufstrip fortsetzt.
Dynamik folgt
Das ist ein wichtiges Element in diesem Spiel. Denn durch diese Vorbestimmung können Kunden in jene Gassen gelenkt werden, wo Sie ein oder mehrere Geschäfte besitzen. Gleichzeitig werden dadurch die Kunden mitunter auch durch bestimmte Würfelergebnisse blockiert: Die Spielfiguren können zwar aneinander vorbei oder andere überholen, aber niemals zu zweit auf einem Feld stehen.
Wie gelangt man nun als Spieler in eine möglichst vorteilhafte Situation? Nachdem vor dem eigentlichen Spielbeginn jeder Spieler vier Geschäfte platzieren konnte und die sechs Kunden auf freie Felder gesetzt wurden, geht in einer ersten (der längeren) Phase ständig Geld zwischen Spielern und Bank hin und her: Man baut weitere Geschäfte und bezahlt ein wenig Geld, man zieht Kunden davor und erhält ein wenig Geld. Erst wenn die Spieler zehn, elf oder alle zwölf ihrer Geschäfte platziert haben, kommt die eigentliche Dynamik in den Markt von Alturien. Jetzt geht es relativ schnell dem Spielende zu: Nun sind die Gassen mit Einkaufsmöglichkeiten vollgepflastert und es fließt das wirklich "große Geld". Das, wie eingangs als Spielziel erwähnt, zur Möglichkeit führt teure Prestigekarten zu kaufen.
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1988 hatte Jumbo dieses Spiel als City veröffentlicht. Thema war ebenfalls Handel und Einkaufen, allerdings in einer modernen Innenstadt mit Läden und Kaufhäusern. Das vorliegende Spiel ist der erste Teil einer Alturien-Serie, die weitere ältere Spiele des Autors Wolfgang Kramer aufleben lässt. Das nächste ist Die Hauptstadt von Alturien und eine Adaption des Kosmos-Spiels Big Boss. Wie viele Teile der Alturien-Saga es geben wird, ist noch nicht bestimmt. |
Sobald einer der Spieler über ein Barvermögen von 10 Real verfügt, das ist die Währung in Alturien, kommt als siebter Kunde auch Gustavo ins Spiel. Gustavo hat die gegenteilige Wirkung der übrigen sechs Kunden: Er ist ein Ladendieb und nimmt den Spielern Geld.
Die Rechnerei bei diesem Spiel ist denkbar einfach. Gustavo schädigt den Besitzer eines Geschäfts um zwei Real. Besteht das Geschäft aus mehreren Stockwerken, wird die Summe für jedes Stockwerk fällig. Umgekehrt ist es bei den drei guten Kunden. Da gibt es drei Barone mit dem Wert 1 (man kassiert 1 Real pro Stockwerk), zwei Marqués mit dem Wert 2 und einen Grande mit dem Wert 3. Das ist so viel, wie das Eröffnen eines neuen Geschäfts kostet.
Düsteres Mittelalter
Wie man sich das Mittelakter vorstellt, ist die farbliche Grundstimmung des Spiels Der Markt von Alturien düster und dunkel. Das ist für den Ablauf nicht immer von Vorteil. Je nach Beleuchtung des Spieltisches sind der goldene Grande und die bronzenen Barone gut oder schlecht zu unterscheiden. Dadurch hat schon mancher Spieler irrtümlich die eigentlich falsche Figur gezogen. Auch einige der sechs Farbbereiche, in die der Markt eingeteilt ist, unterliegen einer gewissen Verwechslungsgefahr. Das ist insofern von Bedeutung, da es Sondereinnahmen gibt, wenn ein Spieler in einem der Bereiche über die Mehrheit an Einkaufsmöglichkeiten verfügt (es wird ein Unterschied zwischen Geschäften und so genannten Handelshäusern gemacht, der in der Spielanleitung allerdings schlecht erklärt ist).
Oft wird der Dieb Gustavo mit seiner an sich starken Rolle nicht übermäßig in Anspruch genommen. Das hängt von der Mentalität der Spieler ab, ob sie eher auf Konfrontation und Schaden aus sind oder eher auf Harmonie. Dass man durch das Ziehen von Gustavo noch einen weiteren Zug machen darf (und nur dann!), wird von Neuliungen bei Der Markt von Alturien zu wenig als Chance einkalkuiert.
Entscheidender ist, sich möglichst früh Mehrheiten in ein oder zwei Farbbereichen des Marktes zu sichern, um dann die Kunden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, viel Geld liegen zu lassen, dorthin zu führen. Und wichtig sind die dunklen Felder, an denen ein Geschäft automatisch zum Spezialgeschäft wird. Mit ihnen kann doppelt und mehrfach verdient werden: Befindet sich ein Kunde zu Beginn eines Spielzugs vor einem Spezialgeschäft, kassiert der Besitzer dafür erneut die Einnahmen.
Und so wird's sein: Einen Grande mit dem Multiplikationsfaktor 3 werden die Mitspieler nicht lange vor einem Spezialgeschäft stehen lassen, einen Baron hingegen eher. Aber Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist. Und gepaart mit einer Marktführerkarte für die Mehrheit in diesem Farbbereich kann ein Baron vor einem Spezialgeschäft ebenfalls wie ein Grande drei und mehr Real einbringen.
Fazit
Sie sehen, das Grundprinzip ist sehr einfach, die sich daraus ergebenden Möglichkeiten jedoch sehr vielseitig und vielschichtig. Damit Cancen und Risiken ausgewogen bleiben, sind drei, vier, maximal fünf Spieler die richtige Zusammensetzung. Zu zweit ist Der Markt von Alturien fad, zu sechst ein unberechenbares Kuddelmuddel.
Die Freude an Der Markt von Alturien kommt erst im im Verlauf der ersten oder auch späteren Partien (außer es steht jemand total auf riesige Spielpläne!). Der Spielablauf ist flüssig, die Wartezeiten sind gering. Da jeder Zug indirekt die Möglichkeiten der nachfolgenden Spieler bestimmt, ist man als Spieler auch ständig aufmerksam. Diese Form von Marktwirtschaft ist jedenfalls jedem Fan von Spielen ans Herz zu legen, bei denen es auf gute Platzierungen auf einem Spielfeld ankommt. Vor allem jenen, denen die komplizierten Siegpunkt-Orgien so vieler Mittelalter- und Entwicklungsspielen schon zum Hals heraus hängen – oder davon schlicht überfordert sind.
Nr. 969: Der Markt von Alturien
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2007: Pro Ludo
1988: Jumbo |
Rund ums Spiel
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Spielwiese-Code: | | G | 10 | | |