Am Anfang stand der Würfel
Spiele mit Würfeln müssen nicht zwangsläufig ein Glücksspiel sein. Bei Yspahan sind die Würfel nur Mittel zum Zweck.
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Das Spiel macht einen angenehmen Gesamteindruck: Auf dem großen Spielbrett sind die Basare in den vier Stadtteilen farblich sehr gut zu unterscheiden. Fotos/Illustrationen: Ystari |
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Das Würfel-Tableau: Von unten werden die Zeilen aufgefüllt. Die gelben Würfel erhöhen die Anzahl der Aktionen, sie müssen aber extra mit Gold bezahlt werden. In diesem Fall gäbe es und drei Gold, da die oberste Stufe immer belegt wird. Würfel aus Stufe 4 zu nehmen ist immer ratsam, weil diese Zeile oft leer bleibt. |
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Warensteine in die Basare bringen: Rot ist an der Reihe und hat zwei Warensteine zu vergeben, dafür gibt es nur die Möglichkeiten B und C, denn der gelbe Basar (A) ist bereits durch Spieler Blau blockiert, der rosarote Basar (C) noch frei und im blauen Basar (B) hat Rot bereits einen Warenstein liegen. Er macht ihn nun voll und kassiert am Ende der Woche dafür vier Siegpunkte. | |
Diese Spielertafel hat jeder vor sich liegen, sie zeigt die Gebäude. Spieler Gelb hat drei davon schon errichtet und profitiert jeweils von den erweiterten Aktionen. | |
Die Karawane wird der Reihe nach von hinten beginnend besetzt. Am Ende jeder Woche gibt es für jeden Warenstein zusätzliche Siegpunkte für die Besitzer. | |
Diese martialische Geste kennen wir alle, im Kontext mit der arabischen Welt hat sie sich in unseren Köpfen festgebrannt. Aber es ist kein Gewehr, das da auf der Spieleschachtel hingehalten wird. Der zweite Blick macht sicher: Der Mann auf dem Kamel hält einen Stecken in der Hand, mit dem er vermutlich sein Reittier in die gewünschten Bahnen dirigiert. Ein Gewehr wäre auch recht unpassend für das Spiel Yspahan: Hier geht es nicht um kriegerische Auseinandersetzungen von irgendwelchen Wüstensöhnen, sondern um Handel. Eine direkte Konfrontation zwischen den Spielern gibt es praktisch nicht.
Bei Yspahan findet die Auseinandersetzung einigermaßen friedlich in den Gassen der ehemaligen persischen Hauptstadt (heute: Isfahan) statt. Die Spieler besetzen Läden mit ihren Warensteinen. Da gibt es große und kleine Stadtviertel, besser und schlechter gelegene Basare. Die Gestaltung kommt mit einem Minimum an grafischem Mitteln aus, und trotzdem ist der zentrale Spielplan optisch und funktional hervorragend gelungen. Auf Firlefanz, der sonst oft die Übersichtlichkeit beeinträchtigt, wurde hier zur Gänze verzichtet. Schön.
Auswahl erwürfeln
Yspahan spielt sich aber nicht nur in den Gassen der Hauptstadt ab, sondern noch auf zwei weiteren kleineren Spielplänen: Einem Karawanen-Tableau (hier haben wir die Verbindung zum Reiter von der Spieleschachtel) und einem Würfel-Tableau. Was sich hierauf abspielt, ist das Besondere, das Yspahan von thematisch verwandten Spielen abhebt: Mit einer Handvoll Würfeln werden die unterschiedlichen Aktionsmöglichkeiten des Spiels ermittelt und zur Verteilung unter den Spieler gebracht.
Der jeweilige Startspieler schmeißt alle neun weißen Würfel auf den Tisch und bildet Gruppen aus den unterschiedlichen Augenwerten. Alle Einser (bzw. die Würfel mit dem niedrigsten Augenwert) stellt er dann auf die unterste Stufe des Würfel-Tableaus, alle Zweier auf die zweite Stufe usw. Die Sechser (bzw. die Gruppe mit dem höchsten Augenwert) kommen immer auf die oberste Stufe. Mit jeder Zeile des Würfel-Tableaus sind unterschiedliche Aktionen auf dem eigentlichen Spielbrett verbunden. Der Clou an der Methode ist, dass nun die Anzahl der Würfel in der jeweiligen Zeile des Würfel-Tableaus bestimmt, wie umfangreich die Aktion ausfällt.
Drei Würfel auf der zweiten Stufe erlauben, als Beispiel, drei Warensteine in das Stadtviertel zu legen, das durch einen Sack gekennzeichnet ist. Vier Würfel auf der dritten Stufe würden vier Warensteine für das Stadtviertel mit dem Fass bedeuten, ein Würfel eben nur einen Warenstein usw.
Auswahl treffen
Reihum entscheiden sich die Spieler nun für eine Würfelgruppe und führen die Aktion entsprechend aus. Natürlich steht jede Zeile auf dem Würfel-Tableau pro Runde nur einmal zur Verfügung. Und natürlich hat die Hierarchie des Würfel-Tableaus ihre Bedeutung:
- Stufe 1, die durch das Würfeln immer belegt wird, bringt Kamele, die man "nur" für Nebenschauplätze benötigt (davon weiter unten mehr)
- Stufe 2 bis 5: Hier geht es um die Aktionsmöglichkeiten in den vier Stadtvierteln. Stadtteil "2" ist der größte, hier braucht man für eine spätere Wertung in Relation die meisten Warensteine; Stadtteil "5" ist der kleinste, in dem man für einen vollständigen Basar am wenigsten Warensteine braucht und dafür die meisten Punkte kassieren kann. Dafür ist er aber auch den größten Gefahren ausgesetzt.
- Stufe 6: Hier wird Gold verteilt. Weil die oberste Zeile immer mit den Würfeln der höchsten Werte besetzt werden muss, gibt es auch in jeder Runde Gold.
Der Wurf mit den Würfeln entscheidet also über die Art und die Anzahl von Aktionen. Damit hat es sich aber auch schon mit dem Glück bei Yspahan: Alles andere liegt nun in der Hand der Spieler. Die Spieler agieren als Kaufleute, die um die besten Plätze in der Stadt sowie innerhalb der Handelskarawane buhlen. Ihr Spiel geht über drei Wochen à sieben Tagen = Runden. Zu jedem Tag gehören 1 x Würfeln und die anschließenden Aktionen.
Exklusive Belieferung
Ihr Hauptaugenmerk legen die Spieler auf den Spielplan mit den Basaren. Die Grundregeln sind sehr, sehr einfach: Jeder Würfel berechtigt einen Warenstein der eigenen Farbe in einen Basar des entsprechenden Stadtviertels zu platzieren. Ist ein Basar voll, gibt's dafür am Ende der Woche die Anzahl an Punkten, die beim Basar angegeben ist. Hat ein Spieler den ersten Laden eines Basars beliefert, bleiben die anderen Kaufleute (Spieler) hier außen vor. Dieses Recht auf exklusive Lieferung ist für die Mitspieler hart. Dafür gilt umgekehrt: Ein Spieler, der bereits einen vollständigen Basar in einem Stadtviertel besitzt, darf dorthin keine weiteren Warensteine mehr legen.
Soweit wäre Yspahan ein mehr als simples Setzspiel. Die zusätzlichen Elemente, von denen jetzt die Rede ist, bringen zusätzliche Würze ins Spiel. Ob es alle gebraucht hätte, darüber lässt sich streiten, besonders was die Sonderkarten betrifft (siehe Spielwiese-Tipp). Sinn macht auf alle Fälle der Aufseher. Diese Spielfigur kann sowohl Störenfried als auch angenehmer Helfer sein, und wandert durch Yspahan. Die Wahl des Aufsehers ist stets eine alternative Aktion und wie weit er durch die zwei sich kreuzenden Gassen marschiert, hängt vom Augenwert der gewählten Würfelgruppe ab. Dort, wo er zu stehen kommt, schickt er den einen oder beide Warensteine der angrenzenden Läden zur Karawane. In der Rolle des Störenfrieds kann der Aufseher so die Wertung eines fremden Basars verhindern, wenn es dem Mitspieler nicht mehr gelingt, diesen Basar wieder zu vervollständigen. Das ist freilich eine kleine Rechenaufgabe, denn jeder Warenstein in der Karawane bringt ebenfalls Punkte. Deshalb ist es in der Regel vernünftig, sich beim Aufseher weniger aufs Verhindern zu konzentrieren, sondern selbst den Nutzen daraus zu ziehen. Zumal: Hat man ein Kamel im Vorrat, darf man anstelle des Warensteins aus dem Basar einen Warenstein aus seinem Vorrat zur Karawane schicken. Das gilt auch für den Mitspieler, den man schädigen wollte. Unterm Strich ist der Aufseher damit gar nicht so bedrohlich, wie es anfangs scheint.
Karawane bringt mehrmals Punkte
Denn Warensteine auf dem Karawanen-Tableau haben den Vorteil, dass sie dort bis zum Spielende liegen bleiben und bis zu dreimal gewertet werden können. Die Warensteine in den Stadtvierteln hingegen werden nach jeder Woche nämlich wieder abgeräumt.
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Lassen Sie beim ersten Spiel die Sonderkarten gänzlich weg. Sie sorgen bei Einsteigern nur für Verwirrung und sind für ein rundes Spiel auch nicht notwendig. Als Variante kann Yspahan, zum Beispiel mit Kindern, überhaupt ohne Karten gespielt werden. |
Ebenfalls von dauerhaftem Vorteil sind Investments in Gebäude. Damit sind nicht jene in den Stadtvierteln gemeint, sondern etwas verwirrend Berechtigungen bezeichnet, seine Aktionen auszuweiten. Ein Gebäude darf am Ende eines Spielzugs immer errichtet werden. Dazu braucht es jeweils eine Kombination aus Kamelen und Gold. Es gibt sechs verschiedene Gebäude. Der Erwerb eines Lastenaufzugs ist sehr zu empfehlen, kostet vier Kamele und vier Gold, dafür darf man ab sofort immer einen zusätzlichen Warenstein in ein Stadtviertel legen. Auch der Markt sollte nicht verschmäht werden: Er ist gleich teuer und bringt für jeden vollendeten Basar zwei zusätzliche Siegpunkte bei der Wertung. Für eine Weide bzw. ein Geschäft bekommt man zusätzliche Kamele oder Goldstücke aus dem Vorrat, wenn vom Würfel-Tableau die unterste bzw. oberste Stufe gewählt wird.
Dass eine Weide kein Gebäude im Sinn des Wortes ist - dieses kleine Detail kann als ein Indiz dafür genommen werden, dass Autor und Verlag mit Yspahan vielleicht doch ein bisschen zu viel auf einmal wollten. Das Spiel wirkt ein wenig überfrachtet und inkonsequent. Da sind vor allem die verzichtbaren Sonderkarten, da ist aber auch die an sich gute doppeldeutige Rolle des Aufsehers, dessen Wirkung aber durch den Minimaleinsatz eines Kamels zunichte gemacht werden kann. Und die Einbettung einer Karawane in die Geschichte von Kaufleuten, die die persische Hauptstadt beliefern, ist zwar schlüssig. Aber weshalb die Karawane dann in drei Bereiche unterteilt ist, von denen zwei genau dieselbe Punkteverteilung - nur mit unterschiedlichen Vorzeichen - bringen, bleibt ein Rätsel.
Fazit
Was kommt bei Yspahan unterm Strich heraus? Gegenstand einer möglichen Mundpropaganda ist auf jeden Fall das Würfel-Tableau als originelles Verteilungsvehikel von Spielaktionen. Auch wenn es schlussendlich um etwas ganz anderes geht: das Würfeln ist das Herz des Spiels. Die kleinen Machtkämpfe in den Stadtvierteln selbst treten da in den Hintergrund: Yspahan bezieht seine Spannung aus der Erwartung, was gewürfelt wird und wer sich welche Möglichkeiten schnappt - die Umsetzung ist dann eher zweitrangig. Auch wenn das eigentliche Spiel mit den erwähnten Abstrichen gut funktioniert und das Thema zum Spiel, das Spiel zum Thema passt
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Nr. 964: Yspahan |
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Spielwiese-Code | | E | 9 | | |
2007: Huch & friends für Ystari
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Themen: Wüste, Karawanen
Preis-Leistungsverhältnis |
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-Service:Spielanleitung zum Herunterladen Notizblock der Kritiker: Was andere zum Spiel meinen |
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Auszeichnungen
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