Unterwegs im Ursprung Europas
Anno 412: Wilde Völker breiten sich über dem Kontinent aus und gründen neue Clans. Origo (heißt so viel wie Ursprung) ist gute Kost für leicht fortgeschrittene Spieler.
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Die Spieler breiten sich über ein sehr abstrahiertes Europa aus.
Fotos: Spielwiese |
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Gewertet werden unter anderem die größten Clans: In diesem Beispiel bringt es Spieler Orange auf neun zusammenhängende Stammesschilde. Im Hintergrund: Drei Länder sind bereits gegründet und mit einem Gründungsstein gekennzeichnet. |
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Der Wertungsplan: In der obersten Reihe stehen die Gründungssteine, in der Mitte sind die Punkte für die größten Clans und die Seemacht angegeben, in der unteren die Punkte, die es in den zwölf Ländern zu vergeben gibt. | |
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Origo kann sehr ausgewogen enden. | |
Der Anfang ist vielversprechend: Endlich einmal eine Spielanleitung, die einem Schritt für Schritt erklärt, was Sache ist
Große Bilder mit Pfeilen zu den Erklärungen. Doch schon eine Seite weiter steckt man irgendwo im Spielgeschehen und ist etwas ratlos.
Die Struktur der Anleitung ist leider nicht sofort erkennbar. So gestaltet sich der Einstieg nicht einfach. Eigentlich ist's ein Blindflug. Origo, und das muss gleich zu Beginn gesagt werden, ist aber ein zu tolles Spiel, um es an seiner Anleitung scheitern zu lassen!
Origo ist ein Entwicklungs-, man könnte auch sagen: Eroberungsspiel. Auch optisch erinnert es etwas an einen Klassiker aus dem selben Haus, an Risiko. Doch der Vergleich wird Origo nicht gerecht: Trotz martialischer Gestalten auf der Schachtel ist Origo weit friedfärtiger.
Bei Origo sind die zwei bis fünf Spieler Stammesführer von wilden Horden, die im Jahr 412 n. Chr. über den europäischen Kontinent ziehen und sich ausbreiten wollen. Erfolge werden auf der Zählleiste am Spielplanrand festgehalten. Wer dort am Ende am weitesten vorne steht, hat gewonnen.
Punkte können die Spieler auf unterschiedliche Weise sammeln: Primär durch Mehrheiten in den zwölf Ländern, in die der Spielplan recht abstrakt eingeteilt ist. Sekundär durch möglichst große zusammenhängende Clans.
Mittel zum Zweck sind Karten, von denen die Spieler relativ viele auf der Hand halten. Mit ihnen bestimmen sie den Lauf der Dinge.
Zehn Karten zur Auswahl
Erleichtert wird der Überblick durch die Einteilung in ein Raster mit einer senkrechten Buchstaben- und einer waagrechten Zahlenachse. Parker und der Autor haben einen guten Job gemacht und über das abstrakte Koordinatennetz ein sinnvolles Thema gebreitet. Also: Mit einer Spaltenkarte 2 kann ein Spieler ein beliebiges freies Feld in der Spalte mit der Zahl 2 besetzen, mit einer Reihenharte C D ein freies Feld entweder in der Reihe C oder der Reihe D.
Ein weiteres Beispiel: Mit einer Länderkarte Helvetien darf ein freies Feld in Helvetien belegt werden (so schön und klar das gesamte übrige Spielmaterial ist, so ärgerlich ist dass bei aufgefächerter Kartenhand die Namen auf den Länderkarten nicht lesbar sind).
Gründer kassiert sofort Punkte
Weiters gibt es noch Schiffskarten und Bevölkerungskarten, aber davon an anderer Stelle mehr. Zu Beginn einer Runde hat jeder Spieler insgesamt zehn Karten auf der Hand. Im Normalfall braucht man nur zwei davon pro Runde: Zwei Karten, die bestimmen wo man sich mit seinen Stammesangehörigen ausbreitet. Diese Orte (= Felder) werden mit einem Stammesschild markiert: Das ist ein einfaches Kartonplättchen in der eigenen Spielerfarbe.
Was passiert dadurch? Die einzelnen Länder sind unterschiedlich groß und damit ihre Felder auch unterschiedlich schnell belegt. Immer, wenn ein Spieler mit einem Stammesschild das letzte freie Feld eines Landes belegt, gilt dieses Land als gegründet. Dazu wird das Land mit einem Gründungsstein markiert. Dieser Gründungsstein wird vom so genannten Wertungsplan (einem kleinen Kartontableau) genommen. Unter jedem Gründungsstein ist eine Zahl – am Beginn eine niedrige 3, das steigert sich bis auf 7. Um diese Zahl zieht der Spieler, der das Land gegründet hat, seine Figur auf der Zählleiste vor.
Auch die anderen Spieler, die in dem betreffenden Land einen oder mehrere Stammesschilde "investiert" haben, werden belohnt, allerdings erst später. Insgesamt dreimal kommt es zu großen Wertungen, für den man den erwähnten Wertungsplan braucht (sagen wir so: er macht es wesentlich einfacher, weil man nichts vergisst):
- Zuerst wird einmal geschaut, wer die größten Clans, also am meisten zusammenhängende Stammesschilde hat. Dafür gibt es acht Punkte. Für die zweitgrößte Gruppe sechs Punkte usw. Es ist die einzige Wertung, bei der jeder Spieler Punkte bekommt.
- Für die größte Seemacht gibt es nur zwei Punkte, für die zweitgrößte einen Punkt – alle anderen Spieler gehen leer aus.
- Als letztes werden die Länder der Reihe nach gewertet. Hier werden in Summe die meisten Punkte vergeben. Es erhalten jeweils die drei Spieler Punkte, die mit den meisten Stammesschilde in einem Land vertreten sind. Steht in einem Land nur ein Spieler, bekommt er zwei Punkte extra.
Daraus ergeben sich unterschiedliche Strategien im Spiel, die auch abhängig von der Spieleranzahl sind. Bei zwei oder drei Spielern trachtet man tunlichst danach, möglichst in jedem Land ein Stammesschild zu platzieren. Das zahlt sich immer aus. Bei vier und fünf Spielern muss man sich auf bestimmte Länder konzentrieren. Wichtig ist auf jeden Fall, dass man in der Anfangsphase seine Stammesschilde möglichst gut verteilt, um bei der ersten und eventuell auch noch bei der zweiten Wertung einen Alleinanspruch auf eines oder mehrere Länder zu haben. Das bringt, wie gesagt, Zusatzpunkte und vergrößert den Abstand zu den Mitspielern.
Von Bedeutung ist auch der richtige Zeitpunkt, wann ein Land gegründet wird, wenn also ein Spieler ein Land mit dem letzten Stammesschild besetzt: Ist man der Letzte an der Reihe, ist das ein guter Zeitpunkt – vor allem dann, wenn dadurch anschließend eine Wertung ausgelöst wird. Kein Mitspieler kann mehr darauf reagieren.
"Die Wurzeln des Spiels Origo reichen weit zurück, bis in das Jahr 1981", schreibt Autor Wolfgang Kramer, "damals wurde das Eroberungsspiel Captain Future (ASS) verlegt, bei dem es um die Eroberung von Planeten und um Mehrheiten in einem Gebiet geht. Solange ein Gebiet nicht vollständig besetzt ist, herrscht Friede in diesem Territorium, weil sich jeder Spieler ausdehnen kann, ohne einem Mitspieler in die Quere zu kommen. Erst dann, wenn ein Gebiet vollständig besetzt ist, gibt es Auseinandersetzungen und Verdrängungen.m Diesen Mechanismus habe ich auch in Wildlife verwendet." "Ich habe versucht, die besten Elemente der beiden früheren Spiele zu übernehmen und neue Elemente hinzuzufügen." "Die drei Spiele unterscheiden sich deutlich in den Anforderungen an den Spieler. Captain Future ist das einfachste Spiel, Origo ist anspruchsvoller und Wildlife ist nochmals eine Stufe höher anzusiedeln." |
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Die Größe reizt
Es gibt Spieler, die legen es darauf an, von Beginn an den größten Clan zu besitzen. Das muss sich nicht immer auszahlen. Es gibt dafür mit acht zwar die höchst mögliche Anzahl einzelner Punkte. Doch der Abstand zum zweitgrößten Clan beträgt nur zwei Punkte – im Maximum von drei Wertungen sind das sechs Punkte Unterschied. Das ist nicht sonderlich viel in einem Spiel, bei dem die Spieler meist sehr eng beeinander liegen.
Diese sechs Punkte kann man zum Beispiel durch geschickten Einsatz der Schiffkarten wett machen. Davon gibt es allerdings sehr wenige. Mit ihnen kann man im Prinzip das Gleiche machen wie mit dem Wandern, einem zentralen Punkt bei diesem Spiel. Einmal pro Spielzug darf man einen Stammesschild auf ein freies Feld versetzen und nutzt dazu beliebig viele Felder, auf denen eigene Schilde liegen, als "Brücke". Das macht man dann, um zum Beispiel zwei Clans miteinander zu verbinden oder um sich die Mehrheit in einem Land zu sichern. Mit den durch Schiffskarten im Meer platzierten Stammesschilde heißt diese Umschichtung nicht Wandern. sondern Segeln.
Mit all diesen Möglichkeiten läuft Origo überraschend oft sehr ausgewogen: Das ist ein Markenzeichen eines typischen "Kramers". Man muss die ganze Zeit auf der Hut sein: Es ist kein Spiel, das man auf die leichte Schulter nehmen kann, und das erst beim wiederholten Spielen seine ganze Tiefe offenbart.
Angriff für Fortgeschrittene
Zum Spielweise-Tipp: Wir empfehlen beim erstenmal auf das Angreifen zu verzichten. Dadurch lässt sich das Spiel schneller und unbelasteter kennen lernen. Was hat es mit dem Angreifen auf sich? Man kann damit einem Mitspieler ein schon belegtes Feld abspenstig machen. Dazu wird der Schild, den man durch einen eigenen ersetzt haben will, benannt und braucht nun möglichst viele Karten, die von ihren Koordinaten her – wir erinnern uns: Buchstaben- oder Zahlenreihe, Länderkarte etc. – exakt auf dieses Feld zutreffen. Der Angreifer macht den Anfang, der Inhaber der Feldes kann mit ebenfalls passenden Karten kontern. Am Ende kommt es darauf an, wer mehr passende Karten hat und übrig bleibt.
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Spielen Sie Origo beim ersten Mal ohne "Angreifen". Dadurch lernen Sie das Spiel wesentlich einfacher kennen. |
Ein Angriff setzt ein gutes Blatt voraus. Diese Aktion ist auch eine Möglichkeit viele seiner Karten auszutauschen. Denn nach jedem Spielzug wird die Hand auf zehn Karten ergänzt. Und bei einem "normalen" Zug gibt man ja nur zwei Karten weg.
Fazit
Origo empfiehlt sich für Spieler, die gerne und öfters spielen. So-gut-wie-nie-Spieler werden kaum wissen, wie ihnen geschieht.
Nr. 959: Origo |
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2007: Parker |
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Spielwiese-Code: |
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