Zocken am Königshof
Es ist gar nicht das Spiel, das man sich erwartet. Tolle Karten, aber eigentlich geht's ums Würfeln.
So wunderschön die einzelnen Karten alten Gemälden nachempfunden sind - die grafischen Hinweise am unteren Rand, wie viel die Karte kostet und was man mit ihr anstellen kann, sind leider fast alle untauglich. |
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Zum beherrschenden Spielmaterial für Anfänger wird die doppelseitige Übersichtskarte - aber auch für sie braucht man wirklich gute Augen. | |
Gaukelt uns Um Krone und Kragen also etwas vor? Jein. Das mit den Würfeln, auch dass man zum Sieg sieben gleiche würfeln muss, das steht schon auf der Packung.
Aber dann legt man die Karten wie in der Anleitung beschrieben in der Tischmitte aus und denkt sich: Man muss wohl möglichst viele sammeln.
Das ist prinzipiell kein Schaden. Doch es geht um ganz was anderes. Ich brauche einfach viel Glück, um hier zu gewinnen. Die Karten helfen dem Glück nach. Unter Umständen.
Es gibt so etwas wie eine Hierarchie der Karten. Sie zeigen alle Leute bzw. Berufe, die es in einem fiktiven mittelalterlichen Königreich gibt. Um sich zu König und Königin durchzukämpfen, sind die Berufsstände aber völlig egal, wichtig sind nur die Fähigkeiten, die mit den Karten verbunden sind.
Bei Um Krone und Kragen startet jeder Spieler jede Runde mit nur drei Würfeln. Da man aber zum Sieg sieben gleiche Würfel braucht, benötigt man bestimmte Karten, damit man seine Anzahl Würfel erhöhen kann. Um in den Besitz der Karten zu kommen, setzt es wieder bestimmte Würfelergebnisse voraus. Es ist also ein Wechselspiel zweier Dinge.
Und das ist verdammt gut gelöst!
Anhand einiger Karten lässt sich das leicht erklären.
- Der Bauer ist der günstigste: Man braucht nur zwei gleiche Würfel in seinem Würfelergebnis, um ihn zu bekommen. Wird er in einer der nächsten Runden ausgespielt, darf man einen zusätzlichen Würfel in die Hand nehmen.
- Die gleiche Funktion hat auch der Scharlatan. Das ist die einzige Karte, die auch auf der Rückseite bebildert ist. Hinten (oder vorne, wie man's sieht) ist der Hofnarr. Der Hofnarr aber erlaubt dem Spieler, dass er einen Würfel noch einmal wirft. Den Hofnarr bekommt man praktisch umsonst, weil man mit seinem Wurf Null oder mehr erzielen muss.
- Mit Handwerker, Wachmann, Jäger, Pfandleiher, Ritter und Bischof bekommt man Karten, mit denen man am Ende eines Wurfs aus dem Vorrat einen Würfel dazu legt, der einen bestimmten Wert hat. Ein Beispiel: Man hat Vierer gesammelt und braucht einen weiteren. Mit dem Pfandleiher kann man ihn sich holen - die Karte kostet allerdings ein Würfelergebnis von mindestens 30 Augen.
- Der Edelmann erlaubt es einem Spieler, zu beliebig vielen ausgelegten Würfeln eine Zwei zu addieren.
- Die Dienstmagd ist da flexibler, weil mit ihr kann man zwar nur einen Würfel manipulieren, seinem Wert dafür aber entweder eine 1, 2 oder 3 dazuzählen.
- Heiß begehrt ist natürlich auch der Feldherr: Er kostet schon mal sechs gleiche Würfel, dafür darf man am Beginn seines Wurfs zwei zusätzliche Würfel auf die Hand nehmen.
Jetzt sind natürlich nicht von allen Karten so viele im Spiel, dass jeder Spieler eine ergattern könnte. Eine der Anforderungen bei Um Krone und Kragen ist die vermutlich besseren bzw. entscheidenderen Karten zu bekommen. Doch damit ist man als Anfänger heillos überfordert, weil zu viele Informationen verarbeitet werden müssen - es gbit nämlich 20 unterschiedliche Karten.
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Sie wollten immer schon wissen, was von der alles abläuft? Anhand von Um Krone und Kragen hat Amigo den "Werdegang" fürs Internet dokumentiert. mehr
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Damit kommen wir zum einzigen Problem bei Um Krone und Kragen. Verlag und Grafiker haben zwar richtig gedacht und wollten es den Spielern mit grafischen Symbolen leichter machen: Auf jeder Karte steht unten links, was sie kostet, und rechts unten, was man mit ihr machen kann. Doch die Illustrationen mit den Würfelsymbolen sind klein, eigentlich sehr klein (!), braun auf braun, und nicht immer eindeutig zu erfassen. Die gut gemeinte Hilfe ging leider völlig in die Hose. Zumal auf der Übersichtskarte zwar alles beschrieben steht, dort die Symbolik aber noch kleiner abgebildet ist.
Das hat Um Krone und Kragen den fünften Punkt der Spielwiese-Wertung gekostet.
Denn ansonsten ist nichts auszusetzen. Das Spiel folgt einer leicht verständlichen Logik, wie man schon beim ersten Spiel dahinterkommt. Die Karten sind von exzellenter Qualität: dick, "wertvoll", und für jedes Motiv wurde eigens ein Ölgemälde gemalt, das dann auf die Karten übertragen wurde. Auch die Würfel sind eine gute Wahl und unterstreichen, dass es sich bei Um Krone und Kragen in keiner Facette um ein Billigspiel handelt. Der Preis ist für Material und Spielreiz angemessen – eigentlich sehr günstig.
Für ein Zockerspiel - was es dem Kern nach ist und bleibt - bietet das Spiel erstaunlich viel spielerischen Tiefgang. Natürlich hängt vieles am Glück oder Pech, das der einzelne Spieler hat. Dennoch lässt die gelungene Symbiose aus Würfeln und Karten ausreichend viel Spielraum für Einflussnahme zu. Man hat nicht das Gefühl, selbst gespielt zu werden. Mit jedem neuen Spiel wird es einfacher (weil man die Karten dann endlich kennt) und reizvoller, die Möglichkeiten der verschiedenen Charaktere zum richtigen Zeitpunkt auszunützen.
Auch das Spielende hat es in sich: Wer als Erster sieben gleiche Würfel geworfen hat (oder sich fehlende durch den Einsatz von Karten zurechtlegen konnte), hat noch nicht gewonnen. Die laufende Runde wird noch zu Ende gespielt und dann folgt die Finalrunde. In dieser kommt der Spieler, der zuvor die sieben gleichen Würfel hatte und dafür die Königin nehmen durfte, als Letzter an die Reihe. Die anderen haben jetzt die Chance, einen guten Wurf als Vorgabe für die Königin hinzulegen. Dafür braucht man mindestens acht Würfel und wer acht gleiche mit der höheren Augenzahl werfen kann, hat vorerst die Nase vorne und erhält die König-Karte. Der Besitzer der Königin muss nun mit dem vorgelegten Ergebnis lediglich gleichziehen (kann es natürlich auch überbieten) und hat den Vorteil der Königin: Ihre Majestät erlaubt, aus dem Vorrat einen Würfel zu nehmen und ihn auf jede beliebige Augenzahl zu drehen.
Bleibt der Spieler mit der Königin unterlegen, dann hat derjenige gewonnen, der den König besitzt.
Test 935: Um Krone und Kragen
- Würfel/Kartenspiel für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahre
- Ca.-Preis: 13,– €
- Verlag: Amigo
- Autor: Tom Lehmann
- Thema/Umfeld: Ränkespiele an einem königlichen Hof. Um nach oben zu kommen, braucht man buchstäblich gute Karten
- Zielgruppe: Zockernaturen und Leute, die gerne auch ein ruhigeres Spielvergnügen schätzen
- Spieldauer: 45 Minuten
- Spielmaterial: sehr gut von der Qualität der Karten, den "Gemälden" und den Würfeln her, aber ein sattes Minus für die gut gemeinten Grafiken auf den Karten, die leider wenig hilfreich sind
- Schachtelinfo: gut
- Spielanleitung: gut
- Anspruch: Taktik, Hasardieren, Überblick und - durch die misslungenen grafischen Symbole - leider auch Merkfähigkeit
- Spielreiz: hoch, wenn man einmal drin ist
- Glück: sehr hoch
-Service:
Notizblock der Kritiker: Was andere zum Spiel meinen