Wer das Wechselgeld spart, ist schneller vorne
Ins Zeitalter der Mauren versetzt uns das Spiel des Jahres 2003. Ein Spiel mit originellem Ersteigerungsmechanismus.
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Beim Spiel des Jahres 2003 ist dieses Tableau das Herzstück: Darauf werden die Baukärtchen verkauft, daneben kann man Geld erwerben. Wer genau zahlen kann, der ist gut dran, weil er sofort eine weitere Aktion ausführen darf. Foto: Spielwiese |
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![]() Die rechte Außenmauer bringt bei einer Wertung 8 Punkte Pfeil rechts: Innen liegende Stadtmauern bringen keine Punkte Grafik: Queen Games
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Ältere Semester mögen sich an den Gassenhauer erinnern, als Rudolf Schock vom "Märchen aus 1001 Nacht" schmetterte: Der Startenor besang Granada und seine Alhambra (siehe Hintergrund). Dorthin, in die - damals - arabisch dominierte Welt entführt uns dieses Spiel, da gibt es Serails, also die Unterkünfte der Sultane, und Gemächer, wo Letztgenannte sich zu vergnügen pflegten.
Lustwandeln lässt sich bei Der Palast von Alhambra auch in Pavillons, Gärten, unter Arkaden und wohl auch mancher Turm könnte seine Geschichte erzählen. Aus diesen sechs Gebäudearten setzen die Spieler ihre eigene Alhambra zusammen.
Ziel ist es, die mächtigste Alhambra zu errichten, was mit Punkten belohnt wird. Da ein Sultan dem anderen das Zahnweh neidig ist, gibt es nur für jene Spieler Punkte, die von einer Gebäudeart am meisten, zweit- oder drittmeisten haben. Alle anderen gehen leer aus. Außerdem ist man bei Sultans ein bisschen leutscheu und ängstlich, deshalb wird auch noch Wert auf eine möglichst umfassende Außenmauer gelegt. Auch für sie gibt es Punkte – ähnlich der längsten Straße bei Die Siedler von Catan.
Der Palast von Alhambra ist ein Legespiel. Aber nicht nur das. Es ist auch ein Ersteigerungsspiel. Der Modus dazu ist das Herzstück und wurde vom Autor schon für Stimmt so! (siehe Hintergrund) ersonnen. Vier Gebäudekärtchen werden wie in einer Auslage für die Spieler angeboten – sie kommen blind gezogen aus einem Stoffbeutel. Für jedes der vier Gebäude gilt allerdings eine andere Währung! Der Euro war im 12. Jahrhundert ja noch völlig unbekannt. Natürlich kann man den auf dem Gebäudekärtchen angegebenen Preis überbieten, aber besser dran ist, wer die geforderte Summe in der bestimmten Währung genau hat: Zur Belohnung darf man dann nämlich gleich noch eine weitere Aktion ausführen. Damit verschafft man sich in der Regel einen guten Vorsprung.
Wechselstube
Woher kommt nun das Geld? Auch die Dukaten, Denare, Dirham und Gulden müssen zuerst einmal erworben werden. Man ist zwar mit einem Grundstock ausgestattet ins Spiel gestartet, aber schnell verrinnt das vermeintliche Vermögen durch Käufe. Wer an der Reihe ist, steht deshalb vor drei Möglichkeiten und muss sich für eine Aktion entscheiden: Er kauft ein ausliegendes Gebäudeteil, baut seine bereits gewachsene Alhambra um oder er nimmt sich Geld. Dazu wurden die zu Beginn offen ausgelegten vier Geldkarten im Verlauf des Spiels laufend ergänzt. Natürlich darf nicht beliebig viel Geld genommen werden, das wäre nicht nur zu einfach, sondern auch ungerecht. Man nimmt sich eine Geldkarte aus der Auslage bzw. mehrere, wenn deren Summe nicht größer als 5 ist. Es kommt einem wie verhext vor, wenn längere Zeit die gewünschte Währung partout nicht aufgedeckt wird oder nur solche Gebäudearten zum Verkauf angeboten werden, die den Gegnern, aber nicht einem selbst ins Konzept passen. Aber mit diesem Glücksfaktor muss man bei Der Palast von Alhambra fertig werden.
Worauf es die einzelnen Spieler vor allem abgesehen haben, kriegen sie im gegenseitigen Beäugen ihrer Aktionen rasch mit. Mehr oder weniger geheim bleibt eigentlich nur, wer gerade wie viel Geld und von welcher Sorte auf der Hand hat. Beim Bauen ist es am offensichtlichsten, welche Strategien die Spieler verfolgen. Der eine will vielleicht unbedingt die längste Außenmauer errichten: Jedes Mauerteil – ein schwarzer Strich am Rand eines Gebäudekärtchens – kann einen Punkt zählen. Ein anderer Spieler geht aufs Ganze und will seine Mehrheit bei Türmen und Gärten verteidigen. Sie zählen bei allen drei Wertungsdurchgängen am meisten, können dafür allerdings sehr teuer im Ankauf sein. Ein dritter Spieler verfolgt eine durchwachsene Baukonzeption und schaut, dass er zumindest überall dabei ist. Damit kann er – und das kommt öfters vor! – unter Umständen sogar mehr Punkte erzielen jene, die von einer Gebäudeart mehr in ihrer Alhambra stehen haben als er. Bei Gleichstand an Kärtchen werden die Punkte nämlich geteilt und abgerundet.
Strenge Regeln für Umbau
Doch zurück zur Baustelle. Wer ein Gebäude kauft, legt es den Bauregeln entsprechend in seiner Alhambra an oder legt es vorläufig auf seinem "Reservebauplatz" zur Seite. Für bessere, sprich: passendere Zeiten. Das kann bei der dritten zur Verfügung stehenden Aktion sein, dem Umbau. Die Möglichkeiten zum Umbau sind allerdings restriktiv und das ist für den Spielfluss auch gut so.
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Der Reservebauplatz birgt auch ein gewisses Risiko. Kommt es zu einer Wertung, zählen die hier zwischengelagerten Gebäude natürlich nicht. Für die Wertungen werden zwei spezielle Karten in den Nachziehstapel fürs Geld gesteckt. Bei der ersten Wertung punktet nur der Spieler, der von einer Sorte am meisten hat, bei der zweiten auch der zweitbeste. Am Ende punkten die ersten drei. Außerdem: Die letzten Gebäudeteile erhält – unabhängig von ihrem Wert – der Spieler, der noch das meiste Geld in der entsprechenden Währung auf der Hand hat.
Man findet bei Der Palast von Alhambra schnell ins Spiel. Ein paar Tücken lauern dennoch. Beim ersten Mal verwechselt fast jeder mindestens einmal die Farben von Währung und Gebäuden, weil man instinktiv irgendwie zuerst einmal auf den Wert der feilgebotenen Gebäude schaut. Da hat man schon das günstige rote Serail-Kärtchen in die Hand genommen und will mit "roten" Dirham zahlen – doch der Serail lag auf dem Gulden-Feld, und Gulden sind nun einmal gelb. Wer auf die längste Außenmauer spitzt, sollte seine Alhambra nicht zu "schlank" bauen, sonst schränkt er sich zu sehr ein: Alle Gebäudekärtchen müssen in der gleichen Ausrichtung liegen. Der Kauf eines Gebäudes mit linker Außenmauer nützt nichts, wenn man rechts einen Abschluss braucht. Die Außenmauer bringt mächtig Punkte – und zwar nur für einen Spieler. Aber, wie das Testen ergab, man kann auch ohne sie gewinnen.
Was wir nicht nachvollziehen können, ist die Zeitangabe von 45 bis 60 Minuten, die auf der Schachtel steht. Eine Stunde ist eher Minimum. Aber keine Bange: Jede Minute länger lohnt sich! Auch deshalb rechnete die Spielwiese - und sollte Recht behalten - Der Palast von Alhambra von vornherein gute Chancen auf den Titel Spiel des Jahres 2003 ein – auch wenn das Spiel recht unkommunikativ ist.
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Nr. 813: Der Palast von Alhambra / Alhambra |
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Spielwiese-Code | |
2005: Queen Games 2003: Queen Games
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Themen: Paläste, Spanien |
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Auszeichnungen
Rund ums Spiel
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