Biederes Eisenbahnspiel statt Seelentransporter
Legespiel oder Kartenspiel – darüber scheiden sich die Geister. Ist aber auch egal.
Aus Die Spielwiese 66 (2002)
|
|
Spielprinzip: Die Bahnhofskarten werden nach einem bestimmten Muster ausgelegt und müssen dann mit Streckenkarten verbunden werden. Foto: Spielwiese |
|
Schematische Darstellung der Kartensymbole und ihrer Bedeutungen Grafik: franjos |
|
In den USA zeichnete es die Zeitschrift "Games" 2001 jedenfalls als bestes Kartenspiel des Jahres aus. Tatsache ist, dass zehn Bahnhofskarten - wie alle anderen quadratisch - am Beginn auf dem Tisch nach einem bestimmten Muster ausgelegt werden. Die Freiräume dazwischen gilt es mit Streckenkarten zu füllen. Diese 50 gut gemischten Karten zeigen verschiedene Streckenführungen.
Sie zeigen aber auch vier Symbole, auf die es eigentlich noch mehr ankommt – womit wir beim Kartenspielfaktor sind. Streckenkarten können z.B. auch auf den Ablagestapel ausgespielt werden, dann kommt es auf den Aktionswert an (siehe Grafik): Man darf dann entweder seine kleine Holzlokomotive um entsprechend viele Felder (Schwellen) ziehen oder entsprechend viele neue Karten vom Nachziehstapel ziehen.
Ein Spieler kann seine Streckenkarten aber auch hinter seine Lokkarte, die er vor sich liegen hat, hängen. Das geht dann, wenn das Symbol Ankoppeln passt: In unserem Bildbeispiel müsste dazu die Holzlokomotive des Spielers in Bahnhof C stehen.
Aber eigentlich geht es bei FrachtExpress um die beiden übrigen Symbole auf den Karten (alle anderen sind nur Mittel zum Zweck): Man versucht Karten mit möglichst hohen Waggonwerten (2 bis 9) zu sammeln: Die Punkte werden am Ende addiert. Dazu muss die entsprechende Streckenkarte aber erst einmal abgekoppelt werden – in unserem Beispiel geht das nur, wenn die Holzlok in Bahnhof D steht. Die Karte verschwindet bis zum Spielende unter der Lokomotivkarte. Oder sinngemäß: Der Frachtauftrag wurde erledigt.
Warten auf Gelegenheiten
Die Theorie ist einfacher als die Praxis: Auch wenn die Spielregel es ausdrücklich erlaubt die verschiedenen Aktionen in beliebiger Reihenfolge und beliebiger Anzahl nacheinander und innerhalb eines Spielzuges auszuführen. Meistens fehlen die Gelegenheiten. Und außerdem gibt es zwei gravierende Einschränkungen. Der vor dem Spieler liegende Güterzug darf maximal fünf Waggons umfassen und zum Bewegen der "richtigen" Lok ist ein hoher Aktionswert zwar prinzipiell gut, doch muss er mindestens so hoch sein wie die Anzahl der momentan angehängten Waggons vor dem Spieler. Mit einem Satz: Das Dilemma ist allgegenwärtig!
FrachtExpress ist glücksabhängig, das ist überhaupt keine Frage. Spielt man nach der Grundregel, kann man das als schicksalhaft einfach annehmen und das Beste daraus machen. Im Spiel für Fortgeschrittene, wie die Variante genannt wird, wird es allerdings unfreiwillig komisch. Zehn von neun Bahnhöfen kommt jetzt noch jeweils eine besondere Bedeutung zu, sprich: sie erlauben bestimmte Aktionen, wenn man mit der Lok einfährt. Da dürfen dann plötzlich den anderen Karten geklaut werden, man darf Strecken umbauen, Waggons ab- und anhängen etc. Dagegen darf auch mit zusätzlichen Karten Einspruch erhoben werden oder ein Mitspieler zu bestimmten Aktionen gezwungen werden. Ob das eine wirkliche Verbesserung des Grundspiels ist, ist fraglich. Der Clou sind aber zwei Flugtickets, die ebenfalls im Spiel sind. Mit ihnen darf eine Lokomotive (!) freie, also noch nicht belegte Felder überspringen.
Seelenverkäufer
Was hanebüchen klingt, hat seinen Ursprung im Originalspiel, das HellRail, also übersetzt Höllenbahn heißt. Im amerikanischen Original ging es nicht um bloßes Stückgut, dargestellt durch Waggonwerte, sondern es mussten verlorene Seelen ihrer Bestimmung übergeben werden. Der deutsche Kleinverlag schreibt in der Anleitung, dass dies einem "weniger unheimliches Thema weichen musste".
Der Originalität wegen: Warum eigentlich?
Nr. 769: FrachExpress |
|
|
Spielwiese-Code | | E | 8 | | |
2001: franjos |
|
Themen: Eisenbahn
Preis-Leistungsverhältnis |
|
|
|
Auszeichnungen
|
|
|
|