Wie man sich doch täuschen kann!
Wussten Sie, dass man Schlauchboote essen kann? Bevor sie Ein solches Ding nicht gespielt haben, wissen Sie eine ganze Menge noch nicht. Aber keine Angst: Das ist kein weiteres Wissensquiz. Sie werden Tränen lachen und sich furchtbar ärgern. Auf jeden Fall werden Sie Ihre blauen Wunder erleben.
Überarbeitet aus Spielwiese 1/1990
Das Spiel profitiert auch von den witzigen Zeichnungen des Grafikers Res Brandenberger. |
Die einfachsten Ideen sind oft die besten. Der Schweizer Urs Hostettler, der schon mit Kreml einen irren Erfolg landen konnte, stellte 1988 Ein solches Ding aus seinem kleinen Fata Morgana-Verlag vor. Die erste Auflage war schnell vergriffen. Und was aufgrund des Vertriebsweges vorher vielen Spielern verschlossen blieb, war ein Jahr später praktisch in jedem Laden zu haben, weil das Spiel nun F.X. Schmid herausgebracht hatte.
220 Karten sind mit simplen und verrückten Eigenschaften beschriftet. Eine nach der anderen wird von den Spielern (man hat zu Beginn neun auf der Hand) zu einer wachsenden Begriffskette ausgelegt, bis jemand den Sinn anzweifelt. Jetzt gilt es Farbe zu bekennen, was für ein Ding denn nun damit gemeint ist. Dabei müssen alle Eigenschaften, und wenn sie noch so widersinnig sind, zu einem einzigen Ding passen, das sich bis dahin jeder Spieler nur still im Kopf zusammengereimt hat.
Den Letzten beißen die Hunde
Anders ausgedrückt: Man hofft seine Karten als Erster loszuwerden und ja nicht nach dem Ding gefragt zu werden. Die Frage kann bei diesem Spiel jeder jederzeit stellen, antworten muss jedoch jener Spieler, der die letzte Karte an die Reihe angefügt hat.
Ein Beispiel aus der Praxis. Die Eigenschaften, wie sie auf den Karten stehen, sind in dieser Farbe wiedergegeben, und alles begann ganz harmlos:
- Darüber spricht man auf Cocktail-Partys. – (Mein Gott, worüber wird auf Parties denn nicht gesprochen!) Es
- war schon mal außerhalb der Erdatmosphäre. (Naja, da fliegt ja allerhand Müll im Weltraum rum) Es
- hat ein Gehirn oder eine komplizierte Mechanik. (Auch kein Problem, bei Raketen und Astronauten ist man über jeden Zweifel erhaben. Soll ruhig einer fragen!)
- Wird meist wieder geflickt, wenn es kaputt geht. (Da tüftelt die NASA ja schon lange herum, ihren Weltraumschrott wieder einsatzfähig zu machen.)
- Es ist integraler Bestandteil eines größeren Dings. (Schön, ist es halt die Schaltzentrale im Space-Shuttle.)
- Kann man vollständig und unbeschädigt in eine Weinflasche hineinschieben oder -gießen. (Jetzt will ich's aber wissen, bevor ich als nächster an die Reihe komme!)
"Was ist das für ein Ding?" Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: "Der kleine Finger von Neil Armstrong!"
Wir alle sind baff. Da führt kein Feilschen und Palavern daran vorbei: Recht hat er, die Antwort ergibt Sinn. Phantasie muss man eben haben.
Die Mitspieler sind nun natürlich aufgestachelt. Dem zeigen wir's! Doch unser Tschacko ist um Antworten nicht verlegen. Und um an Akrobatik grenzende Körperbeherrschung auch nicht, wie sich wenig später feststellen lässt. Ein Ding, das im wesentlichen flach ist, man innerhalb von fünf Minuten auftreiben und hier in die Mitte legen könnte, und ich allein mit den Füßen vom Boden aufheben könnte, ist bei ihm eine "Goldene Karte von American Express".
Aufstacheln gehört dazu
Aha! Ein Raunen geht durch die Spielrunde. Soso. Tschacko fühlt sich angegriffen: "Aber sicher! Soll ich es euch beweisen?" Natürlich, das wollen wir sehen! Eine Kreditkarte wird auf den Boden gelegt, er befreit sich von Schuh und Socke, verkrampft seine untersten Fortsätze. Es ist schön, wie er sich abplagt. Das macht Spaß. Das kleine Stück Plastikgeld will nicht recht zwischen den Zehen bleiben. Nach einer Minute wird der Versuch als gescheitert erklärt, der Proband verlangt eine weitere Chance. Und tatsächlich gelingt es ihm, die Kreditkarte vom Boden aufzuheben.
Es ist allerdings keine von American Express, und gülden ist sie auch nicht. Aber, wir sind ja nicht so kleinlich: Sein Einsatz muss belohnt werden, und außerdem ist es höchste Zeit, dass er wieder seine Socke anzieht!
Ein solches Ding bereitet unglaublich viel Vergnügen. Das Gelächter ist, wenn sich ein Befragter windet, genauso groß wie die Schadenfreude.Aber es ergeht einem ja auch nicht besser. Und dann giftet man sich fürchterlich, wenn man sich innerhalb einer Minute doch noch zu einem halbwegs vernünftigen Begriff durchgerungen hat, und die anderen winken ab: "Njet!"
Groß war die Diskussion und die Spielrunde in zwei Lager gespalten, als ich mich einmal darauf versteift hatte, dass man Schlauchboote essen kann. Warum? Alle ausliegenden Karten deuteten ganz klar auf eines dieser gelben Boote hin, mit denen Waghalsige sich durch den Grand Canyon treiben lassen. Nur eine Karte wollte nicht so recht passen: Hat sicher einen gewissen Nährwert. Allerdings würde ich nur im Falle einer Hungersnot davon essen/trinken. In der Not frisst der Teufel Fliegen, sage schon der Volksmund. Doch Klaus war unerbittlich. Ein Schlauchboot sei zum Rudern und nicht zum Essen da. Basta! Wortgewandt, wie es der Beruf einmal verlangt, redete ich auf ihn ein wie auf eine kranke Kuh. Mit Erfolg, ich hätte doch Politiker werden sollen!
In diesem Fall musste Klaus als der Zweifler zur Strafe drei zusätzliche Karten auf die nehmen. Wäre ich mit meinem Schlauchboot baden gegangen, hätte ich die drei Karten ziehen müssen.
Freilich hat Ein solches Ding seine Längen. Die Zusammensetzung der Karten ist nun einmal auch dem Zufall überlassen, und der meint es nicht immer gut mit der Aufrechterhaltung der Spiellaune. Auch sollte man sich hüten, die Angabe auf der Schachtel, dass Ein solches Ding schon zu zweit gespielt werden kann, ernst zu nehmen. Sicher, man kann. Aber im Spielwiese-Test hat sich bestätigt, dass der Spaß erst bei mindestens vier Spielern beginnt.
Strenge Maßstäbe
Das Beherrschen des Bluffens hat sich darüber hinaus als wirksam erwiesen, wenn die Spielrunde schon am Auseinanderbrechen ist, man selbst aber gerne noch eine Runde spielen möchte. Dann geht man folgendermaßen vor: Ziel des Spiels ist es ja, als Erster alle seine Karten loszuwerden, um als Sieger hervorzugehen. Hält man seine Karte(n) ein bisschen versteckt , so dass keiner merkt, dass man gleich einmal seine letzte ausspielen kann, fühlen sich die anderen überrumpelt und dürsten auf Revanche. Ein Hindernis stellt sich dann allerdings immer noch: Nach dem Ausspielen der letzten Karte muss man selbstverständlich noch sagen, welches Ding denn nun gemeint ist. Die Mitspieler legen in diesem Fall besonders strenge Maßstäbe an. Darauf können Sie Gift nehmen. A.M.
Nr. 72: Ein solches Ding |
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Spielwiese-Code | | E | 14 | | |
2004: Fata Morgana/ 1998: Abacus 1989: F.X. Schmid 1988: Fata Morgana/ Abacus |
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Themen: Fantasie
Preis-Leistungsverhältnis |
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-Service:Spielanleitung zum Download |
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Auszeichnungen
Rund ums Spiel
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