Früchtchen am Windrad
Für viele war Finca der Favorit unter den Anwärtern für das Spiel des Jahres 2009. Wahrscheinlich, weil es zu normal, zu typisch für das Genre ist.
Finca gehört zur Sorte Brettspiele, die beim ersten Auspacken die meisten Herzen höher schlagen lassen: Sooo viel Material! Da haben sich die 24 Euro schon rentiert!
Es ist wirklich viel drin in der Schachtel. Unter anderem 108 bunte Früchte aus Holz. Daneben Spielfiguren aus Holz, viele Kartonplättchen (dick, stabil, bravo!). Was den Einsatz der Früchte anlangt, so ist durch ihre kräftigen Farben der Überblick immer gewahrt – sie liegen stets außerhalb des Spielplans. Anders ist es beim Spielplan selbst. Dessen Farbgebung ist zwar harmonisch, aber mit seiner Reduktion auf Braun- und Grüntöne auch eintönig. Gerade Anfänger halten Finca deshalb nicht ganz zu unrecht für ziemlich unübersichtlich.
Ausgewogen und einfach
Mit diesem Makel kann man leben. Denn alles andere bei Finca ist ausgewogen und kommt allen Spielern entgegen, keine komplexen Regeln, einen schnellen Einstieg und relativ schnellen Spielverlauf wollen. Nicht zu vergessen: die auch auf ein ständiges Hin und Her stehen. Was ihnen Interaktion vorspielt.
Als Einschub das Spielziel in wenigen Worten: Früchte sammeln, sie auf einem Eselskarren zu den Inselgemeinden bringen, dort "verkaufen" und dafür Punkte kassieren.
|
Tatsächlich haben die Spieler nicht direkt miteinander zu tun. Sie spielen aneinander vorbei, "streifen" sich vielleicht. Vor allem auf dem tragenden Element des Windrads – einem Symbol für Mallorca. Zufällig waren in der Vorbereitung die zwölf Flügel zum "Farbkreis" ausgelegt worden. Die Spieler haben ihre Figuren darauf gestellt und jedesmal jene Frucht erhalten, die auf dem Flügel abgebildet ist. Und immer, wenn man zieht, gibt es neue Früchte. So viele, wie dann Figuren auf dem Flügel stehen. Auch fürs Ziehen ist die Anzahl der Figuren relevant: Steht man allein am Ausgangspunkt, zieht man einen Flügel weiter, steht man zu zweit, dann zwei Flügel weit usw., wobei keine Rolle spielt, ob es sich um die eigenen oder um fremde Figuren handelt. So bezieht man also in seine Überlegungen mit ein, wo Mitspieler stehen bzw. als Nächstes hinziehen (könnten). Das funktioniert einmal besser, einmal schlechter.
Der ideale Zeitpunkt
Wichtiger und planbar ist der ideale Zeitpunkt seine Früchte in Punkte umzuwandeln. Blicken wir dazu auf den eher kleinen Spielplan. Darauf ist Mallorca in zehn Gemeinden unterteilt. In jeder liegt anfangs ein kleiner Stapel aus vier so genanten Früchteplättchen. Das oberste liegt offen und stellt den Bedarf an Trauben, Zitronen, Mandeln etc. der betreffenden Gemeinde dar. Es kann eine Sorte sein, es kann eine Mischung sein. Die Anzahl beläuft sich auf 1 bis 6. Dem entsprechend ist der Punktewert. Wer ein Früchteplättchen haben will, die geforderten Früchte in den allgemeinen Vorrat zurück. Dann wird das nächste Früchteplättchen der Gemeinde aufgedeckt. Ist das letzte Früchteplättchen einer Gemeinde vergeben, kommt auch ihr Fincaplättchen zur Verteilung. Es bringt immer fünf Punkte und zeigt eine oder zwei Sorten Früchte. Es bekommt, wer von diesen Sorten am meisten davon auf seinen gesammelten Früchteplättchen nachweisen kann.
Häuschen bestimmen Spielende
Das Fincaplättchen wird durch ein fälschlicherweise als Holzfinca (siehe Kasten) bezeichnetes Häuschen ersetzt. Das signalisiert, dass hier nichts mehr zu holen ist. Vor allem aber wird dadurch das Spielende eingeläutet: Sind alle vier Holzfincas (bei zwei Spielern; bei drei fünf, bei vier sechs Häuschen) platziert, ist Finca zu Ende.
Um die Belieferung der Inselgemeinden zu reglementieren, haben sich die beiden Autoren Eselskarren einfallen lassen. Für jeden Transport, also um Früchteplättchen zu ergattern, braucht es einen Karren. Die gibt's, wenn man mit einer seiner Figuren die Achse des Windrades überschreitet. Nach Gebrauch kommt der Eselskarren wieder zurück auf das Ablagefeld.
Sichtbarer Vorrat
Manchmal wird dieses Ablagefeld leer sein, oder es sind auch zu wenige Früchte einer bestimmten Sorte im allgemeinen Vorrat. Das kommt beim Spiel zu zweit eher selten vor, sehr wohl aber bei mehr Spielern. In einem solchen Fall müssen alle (!) Spieler alle Eselskarren bzw. betreffenden Früchte in den Vorrat zurückgeben, bevor der Spieler am Zug belohnt wird. Da zu jeder Zeit sämtliche Früchte (und Eselskarren) sowohl im Vorrat als auch vor den Spielern sichtbar liegen müssen, sieht man als aufmerksamer Spieler, ob sich ein Engpass anbahnt und kann ihn gegebenfalls auch zum Schaden der Mitspieler herbeiführen.
Ein paar Nebenhers
Wer Früchteplättchen in den Werten von 1 bis 6 als Zahlenreihe sammeln konnte, darf sich über ein Bonusplättchen freuen. Für den Ersten bringt das sieben Punkte, für den Zweiten sechs, den dritten fünf und für den Vierten noch vier Punkte.
Ein wenig kann bei Finca dem Erfolg mit den vier Aktionsplättchen nachgeholfen werden, die jeder Spieler hat, und die er nur je einmal einsetzen kann. Damit kann beispielsweise der Stand der Figuren auf dem Windrad beeinflusst werden. Aktionsplättchen sind aber nur etwas für die Schlussphase und verlangen genaues Abwägen.
Fazit
Finca ist ein "typisches" Familienspiel: Es setzt nicht allzu viel voraus, läuft rund, und macht Otto Normalspieler Spaß. Für anspruchsvolle Spieler hat es allerdings zu wenig Einflussmöglichkeiten und Tiefgang. Der Spielmechanismus ist nicht wirklich neu und funktioniert bei allen Besetzungen klaglos. Die thematische Besetzung hält einer genaueren Betrachtung jedoch nicht stand. Die Verteilung der Früchte über eine Windmühle ist an den Haaren herbeigezogen! Auch dass Früchte wieder dorthin gekarrt werden müssen, wo sie eigentlich herkommen, wirkt eigenartig.
Doch Otto Normalspieler wird sich daran nicht stoßen.
![]() |
Nr. 1029: Finca |
|
Spielwiese-Code | |
2019: Franjos 2009: Hans im Glück |
|
Themen: Mallorca, Früchte, Landwirtschaft |
|
Spielanleitung zum Download |
|
Auszeichnungen
Rund ums Spiel
|
|