Landeroberung, diesmal friedlich
Catan, ein malerisches Eiland inmitten eines unbekannten Ozeans, ist nach dem Willen des Autors mit den wichtigsten Naturschätzen ausgestattet, die für eine erfolgversprechende Besiedlungstätigkeit vonnöten sind. Schrieb die Spielwiese 1995.
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2003 wurde von Holz auf buntes Plastik gewechselt. | |
Ackerland, Wald und Weideland stehen in ausreichender Menge zur Verfügung, der für den Häuser- und Straßenbau benötigte Lehm ist im Hügelland zu finden und im Gebirge gibt es gewaltige Erzvorkommen. Aus den genannten Feldern, in Form von sechseckigen Spielplättchen, setzt sich die variable Insellandschaft zusammen, wobei Gebirge und Hügelland dreimal vorhanden sind, die drei anderen Kategorien je viermal. Dazu kommen noch ein unproduktives Wüstenfeld und rundherum die Meeresfelder. Die derart nach dem Zufallsprinzip entstandene Insel wird nun noch spiralförmig mit Zahlenchips in vorgegebener Reihenfolge belegt; das Wüstenfeld bleibt ausgespart.
Ziel des Spiels ist es, als Erster zehn Siegpunkte zu ergattern, wobei jede eigene Siedlung prinzipiell einen Punkt, jede Stadt zwei Punkte bringt. Für deren Bau werden allerdings Rohstoffe benötigt.
Siedlungen werden an den Punkten errichtet, an denen drei Felder aneinandergrenzen (im Spiel als Kreuzungen bezeichnet). Der betreffende Spieler ist in der Folge an der Rohstoffproduktion dieser Felder beteiligt.
Rangelei zu Spielbeginn
Zu Spielbeginn rangeln sich die Spieler um die besten Startplätze, denn jeder beginnt mit zwei Siedlungen. Der Ertrag der zweiten Siedlung wird sofort ausbezahlt (ein Rohstoffkärtchen pro angrenzendem Feld). Im weiteren Verlauf des Spiels besteht die erste Handlung jedes Spielers darin, mit zwei Würfel auszuwürfeln, welches Feld einen Ertrag abwirft. Dabei bringt das Feld, dessen Zahlenchip mit der Würfelsumme übereinstimmt, jedem beteiligten Spieler eine Rohstoffkarte (im Fall einer angrenzenden Stadt zwei entsprechende Karten). Statistisch gesehen werden dabei Werte um 7 natürlich häufiger vorkommen als Grenzwerte wie 2 oder 12, weshalb auch die betreffenden Felder logischerweise begehrtere Siedlungsgebiete darstellen.
Während das Würfeln bei jedem Spielzug für alle von Interesse ist, kann der darauffolgende Handel mit Rohstoffkarten nur mit dem am Zug befindlichen Spieler erfolgen. (Wobei es aber jedem Spieler erlaubt ist, eigene Tauschvorschläge einzubringen.) Sollte sich allerdings kein geeigneter Handelspartner finden, so kann der sogenannte Binnenhandel ausgeführt werden, d.h. vier gleiche Rohstoffkarten können gegen eine beliebige andere Karte getauscht werden. Bestimmte Hafenfelder erlauben (sofern man dort eine Siedlung besitzt) eine wesentlich günstigere Tauschquote von 3:1 oder 2:1, allerdings nur für ein bestimmtes Produkt, z.B. Getreide. Durch diese Vielfalt an Handelsoptionen ist eine totale Abhängigkeit von den Mitspielern ausgeschlossen.
Als dritte und letzte Aktionsmöglichkeit kann mit den derart erworbenen Rohstoffkarten gebaut werden: Für den Bau von Straßen, Siedlungen und Städten ist eine bestimmte Produktkombination abzugeben. Dabei gilt die Bedingung, daß zu jeder neuen Siedlung eine eigene Straße hinführen muß, und darüber hinaus darf nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu anderen Siedlungen gebaut werden. Vielmehr muß mindestens eine freie Kreuzung dazwischenliegen. Nur bereits bestehende Siedlungen können zu Städten ausgebaut werden.
Der Räuber mit der 7
Als unberechenbares Element ist noch der Kauf von Entwicklungskarten möglich, wodurch ebenfalls Siegpunkte erworben werden können. Außerdem sind darunter Ritterkarten – bei deren Einsatz kann, ebenso wie beim Würfeln einer 7, die schwarze Räuberfigur auf ein beliebiges Spielplanfeld gestellt werden, das somit vorläufig von der Produktion ausgeschlossen wird. Zusätzlich darf man einem Spieler, der an diesem Feld beteiligt ist, eine Karte entwenden.
Apropos Ritter: Im Gegensatz zu den bisher bekannten Besiedlungsspielen wie z.B. Targui, Minos, Rheingold etc. ist es Klaus Teuber mit Die Siedler von Catan gelungen, gänzlich ohne kriegerische Spielhandlungen auszukommen. Das Ausspielen einer Ritterkarte kann nicht als Kampfhandlung zwischen zwei Spielern verstanden werden. Der Einsatz von Rittern kann aber auch direkt zum Sieg verhelfen, da je zwei zusätzliche Siegpunkte an jene Spieler vergeben werden, die über die größte Rittermacht bzw. über die längste ununterbrochene Handelsstraße verfügen.
Auch Spielregel setzte Maßstäbe
Eine weitere Novität stellt die wirklich vorbildliche Spielregel dar. Das gesamte Regelwerk für ein derart komplexes Spiel auf einer Seite (Sie haben richtig gelesen) und noch dazu in vollständiger und leicht verständlicher Form unterzubringen, ist bislang noch nicht gelungen. Der beigelegte, 12seitige "Kleine Siedler-Almanach" hilft bei Zweifelsfällen in Form von alphabetisch gereihten Stichwörtern weiter. Außerdem wird für Einsteiger eine exemplarische Startaufstellung empfohlen, die zweifellos dazu beiträgt, übliche Fehler beim ersten Spiel schon in der Startphase zu vermeiden. Über die Chancengleicheit bei dieser Grundaufstellung läßt sich sicher diskutieren – ich selbst habe bei späteren Spielen weitaus ausgewogenere Ausgangssituationen erlebt.
Wenn ich schon beim Meckern bin, noch ein letzter Kritikpunkt: Obwohl das Material die gewohnt hohe Franckh-Qualität aufweist, ist die Farbgebung der Spielfiguren keineswegs günstig, sodaß man bei den zu ähnlichen roten und orangen Spielfiguren bei schlechten Lichtverhältnissen schon sehr genau hinschauen muß (geändert durch die spätere Ausstattung in Plastik, Anm.).
Doch selbst die zuletzt genannten Mängel können nicht darüber hinwegtäuschen, daß Die Siedler von Catan zu den absoluten Top-Spielen zu zählen ist. Die Mischung von strategischen, taktischen und Glückselementen ist hervorragend gelungen, auch wenn auf den ersten Blick der Anschein erweckt wird, daß Zufallselemente (Würfeln, Karten ziehen) sehr stark vorhanden sind. Durch die vielfältigen spielerischen Möglichkeiten, die zum Ziel führen, wird die Bedeutung dieser Faktoren jedoch stark reduziert. Alle Spielmechanismen ergänzen sich derart harmonisch zu einem stimmigen Ganzen.
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Nr. 295: Die Siedler von Catan |
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Spielwiese-Code | |
2025: Kosmos 2015: Kosmos 2010: Kosmos 2006: Kosmos
2003: Kosmos 1995: Franckh
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Themen: Inseln, Besiedelung, Rohstoffe |
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Auszeichnungen
Rund ums Spiel
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