Dreh dich nicht um, der Raubfisch geht um
Andere Verlage hätten dafür wohl ein Spielbrett und auf jeden Fall eine größere Schachtel gebraucht. Doch Helvetiq hat, fast schon minimalistisch, ein vielschichtiges Sammelspiel auf wenige Karten und wenig Material eingedampft.
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Nr. 1538: Barrakuda | Spielwiese-Code | | G | 9 | | | |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Die gute Nachricht
Ungewöhnliche, hochstehende grafische Umsetzung
Die schlechte Nachricht
Unterschiedliches Spielgefühl bei unterschiedlicher Spieleranzahl
Schönes Stillleben des Verlags: Die sechs Wrack-Karten (Mitte) werden jedes Mal neu beliebig aneinander ausgelegt. Jeder Spieler erhält zwei Karten zum Ablegen des Goldes (Goldsack und Tresor) sowie sechs Handkarten, die nacheinander verdeckt gemeinsam für Bewegungen des Tauchers oder den Barrakuda ausgespielt werden. |
Bild: Helvetiq |
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Rein ins Spiel!
Die erste Herausforderung ist, den Ablauf zu verstehen. Barrakuda gehört nämlich zu jener Art Spiele, die nach dem ersten Mal die Geister scheiden. Da die einen, die auf den Geschmack des Systems geführt wurden und, da man „gelernt“ hat und mit „Jetzt spielen wir richtig!“ motivieren wollen. Dort die anderen, die sich damit schwer tun, weil es eben kein oberflächliches Spiel ist.
Dabei: Viel Material ist nicht vorhanden. Es liegen sechs Karten aus, die aneinander grenzen, jede ist zwischen 1 und 6 nummeriert und jede Nummer/Karte hat andere Eigenschaften. Die sind durch zwei der vier Symbole definiert. Je nachdem, auf welcher Karte man mit seiner Spielfigur steht, darf und kann man verschiedene Dinge tun oder wird „Opfer“ bestimmter Konstellationen. Das Ganze hat natürlich ein Thema. Wir befinden ins an der Pazifikküste vor Cartagena in Kolumbien, wo tatsächlich ein riesiger Schiffsfriedhof existiert. Bei Barrakuda ist jede dieser Karten ein Schiffswrack. Wir sind Taucher und bewegen uns von einem Wrack zum anderen auf der Suche nach dort mit dem Schiff untergegangenem Gold. Unsere Feinde sind erstens einmal der titelgebende Raubfisch in Form eines schematischen Holzstücks und unsere Mitspieler.
Die schon angesprochene Herausforderung besteht darin, die (sich verändernden) Möglichkeiten mit sechs Handkarten zu nutzen. Das sind fünf Bewegungskarten von 1 bis 5 sowie die Barrakuda-Karte. Am Beginn einer Runde wählt jeder und jede von uns eine Handkarte, legt sie verdeckt vor sich ab und auf Kommando drehe alle ihre ausgespielte Karte um. Spiele ich beispielsweise die 4 aus, ziehe ich mit meinem Taucher auf das Wrack (Karte) 4. Ausgespielte Karten bleiben offen liegen, bis man welche durch eine bestimmte Aktion wieder auf die Hand nehmen kann. Das bedeutet, dass man immer besser abschätzen kann, was die Mitspielerinnen und Mitspieler als nächstes vorhaben könnten. Das ist insofern wichtig, weil es einen Unterschied macht, ob man gerade allein oder mit anderen zu einem bestimmten Wrack taucht. Dafür gibt es die Symbole auf den Wrack-Karten für „Sonderaktionen“ (allein) und/oder „Allgemeine Aktion“ (mit anderen). Wer am wenigsten Bewegungskarten vor sich liegen hat, ist immer im Vorteil, weil dann darf nur er oder sie die Sonderaktion wählen oder – als bösartige Alternative – allen, die ebenfalls in diesem Wrack tauchen, das Gold wegnehmen.
Das Gold, um das geht es im Endeffekt. Wer zuerst acht Goldstücke gesichert hat, ist Sieger bei Barrakuda. Gold wird zuerst einmal in einen Goldsack gesteckt und von dort aus in den Tresor. Für beides haben die Spieler je eine Karte vor sich liegen, auf die sie die Goldstücke legen. Braucht es eigentlich nicht, macht aber alles übersichtlicher und hält auch Schummeln hintan. Und um Gold von einem Wrack in den Goldsack und vom Goldsack in den Tresor zu befördern, dazu dienen eben die Symbole „Sonderaktion“ und „Allgemeine Aktion“ auf den Wrack-Karten. Und danach richtet sich eben auch, wohin man seinen Taucher bewegen will bzw. den gewünschten Vorteilen Schritt für Schritt näherkommen will – schließlich sind die notwendigen Bewegungskarten ja nicht permanent zur Verfügung, weil einige noch offen vor einem liegen und somit blockiert sind.
Bleibt noch die Sache mit dem fischigen Störenfried zu klären. Hier wird unterschieden, ob nur ein Spieler oder mehrere in der Runde ihre Barrakuda-Karte ausgespielt haben. Hast nur du das gemacht, dann wirfst du den Entfernungswürfel und bestimmst, wohin der Barrakuda gezogen wird. Die Botschaft dazu lautet in der Spielanleitung, du hättest den Raubfisch erfolgreich von deinem Taucher abgelenkt. Haben jeoch mehrere ihre Barrakuda-Karte ausgespielt oder niemand, dann werden zwei Würfel gewürfelt. Der eine zeigt die Weite an, der andere die Richtung, in die der Barrakuda gezogen wird. Das erfolgt immer auf dem kürzesten Weg. Trifft der Barrakuda mit einem oder mehreren Spieler auf demselben Wrack zusammen, müssen sie ihre Goldsäcke leeren und das Gold auf diesem Wrack fallen lassen. Das könnte in der nächsten Runde jemand einsacken, der auf dieses Wrack zieht.
Fazit
Du hast schon gemerkt, dieses kleine Kartenspiel ist ziemlich vielschichtig. Die 20 Minuten Spieldauer, die angegeben sind, die sind nicht immer zu halten. Was bleibt also als Fazit? In Barrakuda steckt mehr drin, als man zuerst angenommen hat. Wer es unterschätzt, wird überrascht werden. Mit wenigen Mitteln werden sehr viele mögliche Konstellationen und Situationen erzeugt – zum Beispiel mit dem Richtungswürfel, der ein ganz normaler Zahlenwürfel ist. Das Gesamtpaket verspricht viel an Spannung. Dennoch kann eine Partie lähmend sein, weil du immer wieder dein Gold verlierst oder sonstwie ins Hintertreffen gerätst. Den Machern von Barrakuda ist es leider nicht wirklich gelungen, für unterschiedliche Spieleranzahlen das gleiche Spielerlebnis zu schaffen. Je mehr mitspielen, desto häufiger treffen Spieler auf demselben Wrack zusammen, was vom Verlag mit der Bezeichnung „Begegnungen" verharmlost wird. Harmlos sind sie zumindest für einen beteiligten Spieler nicht.
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Nochmals spielen? Bedingt. Denn es ist nicht immer leicht hineinzukommen und bei vielen Begegnungen stellt sich Frust ein |
Rund ums Spiel
Das Rezensionsexemplar wurde von Helvetiq zur Verfügung gestellt |