Macht den Planeten grün!
Schaut gut aus, ist auch gut. Evergreen ist ein wohl durchdachtes Setz- und Positionsspiel, in dessen Verlauf sich für vier Wertungen die Bedingungen verändern. Thematisch hat jeder einen kahlen Planeten vor sich, der in Zonen unterteilt ist und der mit kleinen und großen Bäumen begrünt werden soll.
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Nr. 1491: Evergreen | Spielwiese-Code | | G | 9 | | | |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Die gute Nachricht
hervorragendes Spielmaterial
Die schlechte Nachricht
Muss gesagt sein, weil es manche als Mangel sehen: Man spielt für sich; wer auf anregende Diskussionen aus ist, ist hier falsch
Bei Evergreen haben alle Spielenden ihren eigenen Planeten. den sie begrünen. Dazu wählen sie der Reihe nach Biomkarten aus, die Aktionen und Fähigkeiten bewirken. In jeder Jahrezeit scheint die Sonne (gelbe runde Scheibe) von einer anderen Seite auf die Bäume, wodurch sich anhand des Schattenwurfs unterschiedliche Wertungen ergeben. |
Bild: Horrible Guild |
Rein ins Spiel!
Es ist schon interessant: Noch jede und jeder unserer Testspieler hatte anfangs seine Schwierigkeiten beim Auseinanderhalten von zwei Dingen, die eigentlich eindeutig unterschiedlich sind. Und zwar wenn eine Karte aus der Auslage gewählt wurde und ich dann 1. dann im Gebiet, das die Karte zeigt, eine der vier Aktionen A, B, C oder D ausführen muss, und 2. zusätzlich eine Fähigkeit nutzen kann, die durch das eine Symbol, unten rechts auf der Karte, erlaubt ist, was ich aber auch in jedem anderen Gebiet tun kann.
Kommen wir zur Sache, worum es sich bei Evergreen dreht, wenn wir hier von Gebieten sprechen. Nicht um alte Schlager, sondern um einen Planeten, der wieder begrünt werden soll. Die einzelnen Gebiete – genannt: Biome – sind nämlich ausgetrocknet. Nachdem auch Rom nicht an einem Tag erbaut wurde, dauert es auch bei Evergreen etwas Zeit, bis der Planet bewaldet und für die abschließende Punktevergabe hergerichtet ist. Bäume kommen nicht einfach so auf die Welt, jeder Baum fängt als kleiner Spross an, wächst zu einem kleinen Baum heran und schließlich zu einem großen Baum. Alles ist als schönes Holzmaterial vorhanden. Dazwischen gibt’s noch Büsche und kleine Seen, die punktetechnisch bestimmte Nebenrollen spielen.
Jetzt wissen wir aus eigener Erfahrung, dass Bäume Schatten spenden. Bei Hitze im realen Leben mögen wir das, bei Evergreen nicht. Denn ein kleiner Baum im Schatten eines großen Baums wächst nicht so gut. Oder gar nicht. Beschattete Bäume bringen bei bei der sogenannten Sonnenwertung keine Punkte. Die Sonnenwertung – dahinter steckt der Clou dieses Spiels: Gespielt wird über vier, immer kürzer werdende Abschnitte, die Jahreszeiten. In der ersten Jahreszeit scheint die Sonne von der Mitte oben, die Bäume werfen also zu den Spielenden hin ihre Schatten; in der nächsten Jahreszeit ist die Sonne ein Viertel weiter gewandert und sorgt für Schatten von rechts, in der dritten von unten und in der vierten und letzten von links. Da alle Bäume die ganze Zeit stehen bleiben, höchstens die Größe verändern, werfen sie ihre Schatten folglich in jeder Jahreszeit anders.
Die Spieler und Spielerinnen müssen also bedenken, was da später noch an Vorteil und/oder Nachteil entsteht, wenn sie aus einem Spross einen kleinen und aus einem kleinen Baum einen großen wachsen lassen.
Davon sollten sie klarerweise auch abhängig machen, welche Biomkarte sie aus der Auslage wählen, wenn sie an der Reihe sind. Zu Rundenbeginn liegt immer eine Biomkarte mehr aus, als Spielende am Tisch sitzen. Die Biomkarte, die übrig bleibt, wird Teil einer Sonderfunktion, die beim ersten Spiel ziemlich sicher vom einen oder anderen unbeachtet, sprich: vergessen wird. Sehr vereinfacht gesagt: Fast alle Biomkarten haben ein oder mehrere Symbole für Fruchtbarkeit oder Dürre. Übrig gebliebene Biomkarten gleicher Sorte zählen am Spielende zusammen, die Anzahl der Fruchtbarkeitssymbole ist Multiplikator für die Anzahl der großen Bäume im dazu gehörigen Biom. Da kommen gut und gerne viele Siegpunkte zusammen, wenn man früh genug darauf achtet und seine Pflanz- und Wachstumsaktivitäten danach ausrichtet. Das war schon mehrmals spielentscheidend. Eine andere, nicht minder vielversprechende Strategie ist, sich über alle vier Jahreszeiten auf einen immer größer werdenden zusammenhängenden Wald zu konzentrieren. Auch das bringt massig Punkte. Da zählen nämlich auch die Büsche mit, was bei der Sonnenwertung nicht der Fall ist.
Spielgefühl und Fazit
Evergreen sticht von der Aufmachung her auf jeden Fall aus der Masse hervor. Eine freigestellte Illustration auf einem weißen Cover, das gibt es selten. Innen drin setzt es sich mit hervorragenden Illustrationen und einer sehr zurückhaltenden Grafik und Typografie fort. Das ist große Klasse und wurde verdient als „schönstes Spiel“ mit dem „Graf Ludo 2023“ ausgezeichnet. Viele Kleinigkeiten, wie die vertiefte Punkteleiste oder die „Kerben“, in denen die Sonne rund um den Spielplan wandert und von dort die Bäume bescheint, ziehen die Spieler und Spielerinnen glaubwürdig ins Thema hinein und lassen sie in der Welt von Evergreen wie selbstverständlich agieren. Zumindest ab dem zweiten Spiel. Das Spielmaterial ist hochwertig, Evergreen ist ein absoluter Hingucker, wenn die Bäume aus unterschiedlich bemaltem Holz nach und nach den Planeten begrünen.
Das Spiel ist kein zeitraubendes Strategiemonster. 60 Minuten, das kommt auch beim ersten Spielen hin. Wir stufen Evergreen als Familienspiel gehobenen Anspruchs ein, lassen aber auch das Etikett Kennerspiel gelten. Denn tatsächlich hat das Spiel große Varianz, so dass man stets aufs Neue gefordert ist, das Beste aus dem Angebot zu machen und sich spätestens ab der dritten Jahreszeit seinen „Masterplan“ zurechtzulegen und zu verfolgen. Dass es praktisch keine Interaktion zwischen den Spielern gibt, kann man bekritteln. Evergreen hat dafür andere Meriten.
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Nochmals spielen? Unbedingt. |
Rund ums Spiel
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