Zweidimensionales Yoga
Die gehypte Brettspielversion des Computerspiels „Dorfromantik“ ist so gar nichts für Leute, die auf Wettbewerb und Sieg aus sind. Dafür können jene, die Kooperationsspiele zum Einschlafen finden, durch dieses Landschaften Gestalten eines Besseren belehrt werden.
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Nr. 1471: Dorfromantik | Spielwiese-Code | ![]() ![]() |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Die gute Nachricht
Ein Spiel, bei dem sich jeder einbringen kann
Die schlechte Nachricht
Draufzukommen, dass einem diese Art Entspannung insgeheim schon lange gefehlt hat
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Dorfromantik ist kooperativ: Alle arbeiten gemeinsam am Gestalten einer Landschaft. |
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Eine Landschaft im Detail: Flächen müssen nicht unbedingt identisch an ihren Kanten sein, nur Flüsse (oben) und Eisenbahnen verlangen nach Fortsetzung. |
Bilder: Pegasus, spielwiese.at |
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Rein ins Spiel!
Am Anfang ist da nichts. Aber das ist ja oft so bei Legespielen. Und eigentlich passiert ja auch nichts bei diesem Spiel, wenn wir ehrlich sind. Aber darum geht’s auch irgendwie. Alle haben sich lieb, da oder dort eine kleine Verrenkung, aber nur eine kleine.
Yoga, zweidimensional.
Im Zusammenhang mit Dorfromantik ist immer von Ruhe, von relaxen, von Entspannung die Rede. Wenn die „Zeit“ zum Computerspiel schreibt, der Erfolg beruhe auf der „quasi Zen-buddhistischen Ruhe“, die es ausstrahle, oder Heise „vom perfekten Zeitfresser als Abwechslung vom stressigen Alltag“ schreibt, dann lässt sich das 1:1 auch auf die Brettspiel-Ausgabe übertragen.
Jetzt lassen wir aber trotzdem etwas „passieren“. Der Startspieler oder die Startspielerin nimmt das erste verdeckte Auftragsplättchen. Je nachdem, ob es zum Wald, einem Fluss oder einer der drei weiteren Landschaftsarten gehört, kommt ein Auftragsmarker derselben Art drauf. Auch die liegen verdeckt bereit und so weiß man nicht, wird es ein … nennen wir es einfach mal so: ein 4er-, ein 5er- oder ein 6er-Auftrag. Die Zahl gibt vor, wie viele Flächen oder Teile der betreffenden Landschaftsart zusammenhängend gelegt werden müssen, damit der Auftrag erfüllt ist. Die Zahl ist gleichzeitig auch jene für die Wertung.
Das ist fast schon alles, was man bei Dorfromantik wissen muss. Die zweite wichtige Regel: Es müssen immer drei Aufträge gleichzeitig im Spiel sein. Heißt: Wird ein Auftrag erfüllt, muss zuerst wieder ein drittes Auftragsplättchen gelegt werden, bevor mit einem „normalen“ Landschaftsplättchen weiter angelegt werden darf.
Alle spielen aufs selbe Konto. Es gibt also keinen Wettbewerb. Sondern es wird fleißig miteinander diskutiert, wo das aktuelle Plättchen am besten platziert werden könnte. Bei aller Harmonie: Im Zweifelsfall hat der Spieler am Zug das letzte Wort.
Weil’s Sechsecke mit Variationen aus fünf möglichen Grund-Landschaften sind, da oder dort noch ein Fähnchen eine zusätzliche Bedingung schafft, scheinen die Kombinationen unendlich. Zumal man bei diesem Spiel, ganz entgegen üblicher Regeln, auch unterschiedliche Landschaften Kante an Kante legen darf. Einzige Ausnahmen: Flüsse und Eisenbahnschienen. Die dürfen nicht anstoßen, wo’s nicht weitergeht. Man tut also gut daran, Wasserläufe und Eisenbahnen eher nach außen hin zu orientieren. Und je länger sie werden, desto besser.
Auch wenn wir uns alle nett und unaufgeregt unterhalten und jede Partie eine ganz andere Landschaft hervorbringt als die vorangegangene … irgendwann droht bei Dorfromantik die kollektive Tiefenentspannung überhand zu nehmen. Damit Langeweile erst gar nicht aufkommt, orientieren sich die beiden Autoren des Brettspiels am Geschäftsmodell der Gaming-Welt: Locke sie mit Freischaltungen und besonderen Fähigkeiten. Der Unterschied ist: Käufer des 1305 Gramm schweren Spiels müssen nicht noch einmal extra dafür bezahlen. Fünf Schächtelchen sind schon dabei. Das erste gibt’s schon nach der dritten Partie, das zweite nach der neunten. Das Ganze nennt sich dann Kampagne, wie das heute halt so heißt.
Der Einstieg ist – zumindest in den Anfangsphasen einer Kampagne – einfach. Das bedeutet, dass beispielsweise Robert die ersten vier Spiele mit Frau und Tochter spielt, diese 14 Tage später mit vier Freunden fortsetzt und zwischendurch mal eine Partie alleine spielt, um partout ein bestimmte Erfolgskarte freizuschalten. Alles ist möglich.
Welcher Inhalt in den fünf kleinen Schachteln steckt, ist geheim. Nur ein bisschen wollen wir über die erste Schachtel verraten: Ein Herz aus Holz triggert uns, einem bestimmtem Teil unserer Landschaft besonderes Augenmerk zu schenken und zusätzliche Auftragsmarker sorgen für mehr Gleichgewicht unter den Landschaften, was die erzielbaren Punkte angeht.
Kein Fazit, sondern …
Anstelle eines Fazits, das nur erneut auf die Kraft der Ruhe hinauslaufen müsste, drei ergänzende Anmerkungen zu diesem Spiel.
Autoren und Verlag haben es geschafft, die Dauer einer Partie relativ kurz zu halten. 30, 45 Minuten, das ist genau die Länge, nach der man gerne noch eine Partie anhängt. Sie haben es weiters geschafft, einen watscheneinfachen Wertungsmodus vorzulegen. Und zu guter Letzt: Beim Karton, der für die Plättchen verwendet wurde, merkt man den Qualitätsunterschied. Der lässt manch anderem bekannten Konkurrenten alt aussehen. Top!
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Nochmals spielen? Natürlich, da locken ja noch viele Levels! |
Rund ums Spiel
Das Rezensionsexemplar wurde von Pegasus zur Verfügung gestellt |