Wechselvoller Kartenklau
Ein kleines Kartenspiel aus Japan sorgt auch bei uns für Begeisterung. Mit seiner Schnelligkeit entwickelt es einen mit Uno vergleichbaren Suchtfaktor. Die Jury Spiel des Jahres hat es zu Recht für die Auszeichnung nominiert.
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Nr. 1436: Scout | Spielwiese-Code | ![]() ![]() |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Die gute Nachricht
Flott und abwechslungsreich wie wenige Spiele
Die schlechte Nachricht
Zwei Dinge störten uns (siehe unten), sind aber zu vernachlässigen
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Die Karten, die man ausgeteilt bekommt, dürfen nicht verändert werden bei Scout. Allerdings darf man die Kartenhand zu Beginn auf den Kopf stellen und erhält dadurch andere Zahlen – nämlich jene, die hier unter den großen Ziffern zu sehen sind. Weil nur benachbarte Karten ausgespielt werden dürfen und es um gleiche Zahlen und Zahlenreihen geht, würden wir bei diesem Bild die Kartenhand drehen: Das ergäbe 10-10-10 sowie 1-2 oder auch 9-10 und 10-10. Nicht umgedreht gäbe es zu Beginn nur die Möglichkeiten 1-1 und 5-6. Bild: Oink Games |
Rein ins Spiel!
Udo Bartsch, Mitglied der Jury, die Scout soeben zum Spiel des Jahres 2022 nominiert hat, ordnet das Kartenspiel in seiner persönlichen Klassifikation in der zweithöchsten Stufe „außerordentlich“ ein, die nur noch von „genial“ zu übertreffen gewesen wäre. Wir könnten auch mit „genial“ leben, haben wir doch unsere höchstmögliche Wertung vergeben.
Warum? Scout ist in der Tat in mehrerlei Hinsicht außer der gewohnten Ordnung. Eigentlich auf seine Art perfekt. Nur in zwei – eher nebensächlichen Punkten – zeigt es Schwächen. Dazu merken wir jedoch erst am Ende etwas an. Scout ist ein Kartenspiel, bei dem es so etwas wie Stiche gibt, bei dem eine Runde endet, sobald ein Spieler keine Karten mehr hat, bei dem es Punkte zu sammeln gilt, bei dem man seine Karten auf der Hand nicht sortieren darf und …
Bisschen viel auf einmal? Keine Angst, es ist eigentlich ganz einfach, das aber sehr, sehr abwechslungsreich!
Zum Grundsätzlichen. Es gibt 45 Karten mit Werten zwischen 1 und 10. Entweder spielt man gleiche Zahlen aus oder zusammenhängende Zahlenreihen. Die spezielle Spielmechanik bedingt, dass immer nur vor einem Spieler oder einer Spielerin Karten liegen. Das nennt man die „aktuelle Serie“ und das kann auch nur eine einzelne Karte sein. Der jeweils nachfolgende Spieler hat drei Möglichkeiten, genannt "Show", "Scout" oder beides in Kombination "Scout & Show":
- Mit "Show" eine stärkere Serie ausspielen: Heißt mehr oder höhere Karten. Zwei Sechser schlagen beispielsweise zwei Fünfer, aber auch zwei Einser schlagen eine Reihe aus 7 und 8, weil gleiche Zahlen stärker als Reihen sind. Umgekehrt aber schlägt eine Reihe aus drei Zahlen ein Zahlenpaar, weil es eben mehr (gültige) Karten sind. Schlagen ist so wie Stechen, wobei bei Scout die Karten der aktuellen Serie zum Spieler kommen, der sie überboten hat. Er legt sie verdeckt vor sich ab. Am Rundenende zählt jede Karte einen Punkt, unabhängig von ihrem Wert.
- Bei der Aktion "Scout" hat der aktive Spieler die Möglichkeit, eine Karte aus der aktuellen Serie zu sich auf die Hand zu nehmen. Das kann taktisch klug sein, meistens aber ist es eher eine Notlösung, weil man die aktuelle Serie nicht schlagen kann. Besteht die aktuelle Serie aus mehreren Karten, darf bei "Scout" nur die äußerste linke oder äußerste rechte Karte genommen werden. Wem durch "Scout" eine Karte geklaut wurde, bekommt einen Scoutchip aus der Tischmitte, der beim Werten einen Punkt zählt. Das kann sich läppern.
- Und schließlich die Kombination "Scout & Show", die pro Runde allerdings nur einmal möglich ist, sich aber doppelt auszahlt. Zuerst nimmt man eine Karte auf die Hand, die man womöglich gleich wieder für eine "Show"-Aktion verwenden kann, um die aktuelle Serie zu schlagen und die Karten einzustreifen.
Befriedigung und Hürde
Durch "Show" bzw. "Scout & Show" Karten einzustreifen und zu Punkten zu machen, ist sehr befriedigend. Wem die Karten entrissen werden, der verkraftet das problemlos. Schnell ist man nämlich selbst wieder in der Position zuzugreifen. Etwas gute Karten vorausgesetzt.
Denn Scout hat eine besondere Hürde. Je nach Spieleranzahl wurde zu Rundenbeginn eine bestimmte Anzahl Karten verteilt. Die Karten nimmt man auf die Hand, darf deren Reihenfolge aber nicht verändern! Kaarten ausspielen – also die Aktion "Show" – darf man nur, wenn die Karten unmittelbar nebeneinander sind. Dazu müssen sie entweder gleiche Zahlenwerte haben oder eine Reihe bilden. (Notfalls darf man immer eine einzelne Karte ausspielen) Dazu sind zwei Dinge zu sagen:
- Ebenfalls zu Rundenbeginn besteht die einmalige Möglichkeit die Kartenhand auf den Kopf zu drehen. Jede Karte hat nämlich zwei Werte (siehe Bild oben) und grafisch geschickt gemacht sieht man beim Auffächern der Karten, welche Karten nebeneinander sind, wenn man die Kartenhand auf den Kopf stellt. Man wird sich für jene Seite entscheiden, wo mehr gleiche Zahlen nebeneinander stehen oder Reihen bilden
- … wobei sich die Kartenhand laufend und sehr schnell ändert: Wenn man aus der Mitte zu Beispiel zwei, drei Karten als „Show“ auslegt, erhalten die Karten links und rechts davon auf der Hand sofort neue Nachbarn und bei einer "Scout"-Aktion beeinflusst man sein Kartenbild aktiv mit einem Neuzugang und neuen Chancen.
Genau dieses ständige Wechseln macht den großen Reiz von Scout aus! Da ist natürlich – wie bei jedem Kartenspiel – ein Stück weit Glück dabei. Es gibt allerdings genügend Einflussmöglichkeiten im Spiel. Ein Beispiel, als taktischer Tipp: Weil es immer schwieriger wird Karten zu überbieten, je höher ihre Werte sind, lohnen sich Zahlenreihen mit 5 und höher fast jedes Mal besonders. Mit ihnen provoziert man sozusagen "Scout"-Aktionen bei den folgenden Spielern – mit dem Effekt, dass man für jede einzelne Karte, die einem links oder rechts aus der aktuellen Serie genommen wird, einen Punkt sicher hat.
So oder so: Scout bietet eine tolle Mischung aus Glück und eigenem Zutun.
Die beiden Schwächen
Wir schon oben angekündigt, gibt es jedoch auch zwei Dinge, die uns weniger oder überhaupt nicht überzeugten.
Spielanleitungen dieses Verlags sind manchmal mühsam. Weil man mit einer sehr kleinen Schrift fertig werden muss, aber auch mit einer Farbgebung, die dem Zweck der augenblicklichen Verständlichkeit nicht dienlich ist.
Der japanische Spieleautor Kei Kajino hatte ursprünglich kein Thema für sein Spiel. Es war abstrakt, hieß aber von Beginn an Scout. Ob er selbst dann das Thema Zirkusdirektor-sucht-Artisten aufsetzte oder Oink Games, wir wissen es nicht. Jedenfalls geht das Thema völlig unter, da helfen auch keine Namen von Artisten und keine kleinen Symbole auf den Karten. Hat überhaupt jemand entdeckt und wahrgenommen, dass Victoria sowohl am Trapez wie auch auf Stelzen einsetzbar ist? Oder James jonglieren kann?
Zum Glück für das Spiel ist das egal. Scout überzeugt vollends durch seinen Mechanismus und die daraus resultierende Spielfreude.
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Nochmals spielen? Auf jeden Fall! |
Rund ums Spiel
Das Rezensionsexemplar wurde von Oink Games zur Verfügung gestellt |