Money makes the world go round!
Aus Russland stammt dieses Kapitalistenspiel, dem nicht nur wir eine große Zukunft voraussagen. Es trifft genau den schmalen Grat zwischen leichtem Einstieg für Otto Normalspieler, aber gerade so viel Tiefe, damit auch fortgeschrittene Spieler ihre Freude daran haben.
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Nr. 1410: Furnace | Spielwiese-Code | ![]() ![]() |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Beispiel
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Hier hat ein Spieler schon eine beträchtlich lange Produktionskette aufgebaut. Jede der Fabriken steht für einen Produktionsschritt.
Bilder: spielwiese.at |
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Beispiel dafür, wie eine Fabrik aufgebaut ist. Oben sehen wir als sogenannte Förderung 1 Eisen. Wer diese Fabrik ersteigern wollte, aber leer ausgeht erhält Eisen aus dem allgemeinen Vorrat nach der Formel 1 Eisen x Höhe des Gebots. Unten: In jeder Produktionsphase gibt es für diese Fabrik 2 Kohle. Wird die Fabrik modernisiert, kommt jedes Mal noch hinzu, dass bis zu 4 Eisen gegen jeweils 2 Geld eingetauscht werden können. | |
Die gute Nachricht
Leicht zu verstehen, aber immer anders
Die schlechte Nachricht
Wir wüssten keine. Manche vermissen aber jetzt schon eine Erweiterung
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Rein ins Spiel!
Frank Noack, die eine Hälfte des Kobold Spieleverlags sowie anderer einschlägiger Unternehmungen, hat uns seine Ansicht verraten, warum dieses und andere Spiele aus Russland derzeit so viel Aufmerksamkeit erfahren. Dort dürfe der Ladenpreis – kaufkraftbereinigt – nicht höher als etwa 20 Euro sein, willst du auch ernsthaft die Masse bedienen. Was russische Verlage (wie in diesem Fall Hobby World) dazu zwinge, mit möglichst wenig Material möglichst großes Kino zu inszenieren.
Das ist hier gut gelungen.
Die Schachtel von Furnace enthält in der Tat keine Materialschlacht. Aber auch nicht nichts. Und dieses Material ist wertig und vermittelt mühelos das Flair des Themas: Der Übergang von der ersten zur zweiten Epoche der Industrialisierung. Anders ausgedrückt und ins Spiel übertragen: Eine Fabrik haben wir bereits, wir wollen die Produktion jedoch durch weitere Fabriken und die Modernisierung derselben ausbauen. Zurück zum historischen Hintergrund: Für den Erfolg waren damals vor allem Feuer und Hitze notwendig, in Form eines Schmelz- oder Hochofen. Dieser heißt im Englischen Furnace. Nein, haben wir vorher auch nicht gewusst.
Jede der vier Runden des Spiels ist zweigeteilt in eine Auktions- und eine Produktionsphase. Das geht sehr flott, vor allem im Grundspiel, weshalb die gesamte Spieldauer zwischen 30 bis an die 60 Minuten wirklich realistisch, kurz und knackig ist. Am Ende gewinnt, wer mit seinen Fabriken am meisten Geld gescheffelt hat. Ein Kapitalistenspiel. Die Fabriken selbst oder noch vorhandene Rohstoffe zählen am Ende höchstens bei einem Gleichstand. Geld regiert die Welt. Nichts sonst.
Rohstoffe … es gibt drei unterschiedliche, die hierarchisch grob so zu bewerten sind: Kohle, aus der Eisen wird, das gegen Öl getauscht werden kann, das wiederum am meisten Geld bringt. Die Spieler versuchen bei Furnace in nur vier Runden ihre Produktionskette zu optimieren. Neudeutsch heißt das Engine-building.
Jeder Spieler beginnt mit einer zufällig zugeteilten Startfabrik. Fabriken sind Karten, die alle oben eine sogenannte Förderung zeigen und unten Produktionsschritte. Dann werden je nach Spieleranzahl sechs bis acht Fabriken am Tisch in einer Reihe ausgelegt. Es beginnt die Auktionsphase, bei der die Spieler offen um diese Fabriken bieten. Dazu hat jeder Spieler jeweils vier Holzscheiben in seiner Farbe mit den Werten von 1 bis 4. Reihum wird immer mit einer Holzscheibe für eine Fabrik geboten, wobei zwei wichtige Einschränkungen gelten: Niemand darf zweimal für die gleiche Fabrik bieten und auf keiner Fabrik dürfen Holzschreiben mit gleichen Zahlen sein. Wer am meisten für eine Fabrik geboten hat, erhält sie. Er kann ab der laufenden Runde die Produktionsschritte dieser Fabrik nutzen.
Das Ersteigern muss nicht automatisch die beste Wahl sein. Alle, die ebenfalls für diese Fabrik geboten hatten und unterlegen waren, erhalten die schon angesprochene Förderung. Und zwar in Form eines Multiplikators. Ein Beispiel: Die Förderung beträgt 2 Kohle (kommt am häufigsten vor), dann erhält ein unterlegener Spieler, der 2 geboten hat, 2x2=4 Kohlen. Wer 1 geboten hat, erhält 2 Kohlen. An dieser Stelle ein kleiner Tipp: Eisen ist im Spiel sehr, sehr oft Mangelware, weshalb es selten verkehrt ist Eisen über eine Förderung zu ergattern.
Eisen und die anderen Rohstoffe bzw. Vorteile gibt es auch über die Produktionsschritte, das sind die Symbol-Zeilen im unteren Feld der Fabriken. Die erste Zeile gilt immer, die konturenhaft zweite erst, wenn die betreffende Fabrik modernisiert wurde. Dafür ist ein Schraubenschlüssel das Symbol, der sich auf jeder Startfabrik befindet, aber auch sonst ersteigert oder getauscht werden kann. Mit einem Schraubenschlüssel kann eine Fabrik modernisiert werden, was nichts anderes bedeutet, dass auch die zweite Symbol-Zeile auf Dauer aktiviert wird (dazu wird die Farbrik auf die Rückseite gedreht, wo die Smbole farbig aufgedruckt sind).
Für das Grundspiel besagt die Anleitung, dass in der Produktionsphase einer Runde jeder Spieler seine Fabrik(en) je einmal produzieren lassen kann und die Reihenfolge ihm überlassen bleibt. Die Reihenfolge macht oft den entscheidenden Unterschied. Wenn ich beispielsweise die Fabrik habe, mit der ich zweimal 2 Kohle gegen 2 Geld eintauschen kann, muss ich zuvor irgendwie an Kohle kommen, sonst nützt mir die Fabrik nichts. Da mit der Zeit Kohle, Eisen, Öl, Schraubenschlüssel und Geld in unterschiedlichsten Kombinationen im Spiel sind, heißt es in jeder Runde gut die Reihenfolge abzuwägen.
Oder man spielt von vornherein die anspruchsvollere Variante, bei der nach der Ersteigerung einer Fabrik festgelegt wird, an welcher Stelle diese Fabrik ab sofort in der Produktionskette zum Einsatz kommt. Wir haben gesehen, ab der zweiten Partie Furnace ist das eine taugliche, spannungsfördernde Entscheidung. Auch den Einsatz der sogenannten Unternehmer sollte man zumindest probieren. Hier empfiehlt der Verlag, sie beim ersten Mal noch weg zu lassen. Ansonsten wird jedem Spieler zu Beginn eine Unternehmer-Karte zugelost, die einen das ganze Spiel über mit einer besonderen Fähigkeit ausstattet. Ihre unterschiedliche Macht sorgt für zusätzliche Möglichkeiten, allerdings sind sie nicht hundertprozentig ausgewogen. Der Unternehmer, der eine zusätzliche Auktionsscheibe mit einer 2 erhält, hat einen beträchtlichen Vorteil, weil er jedes Mal einmal mehr bieten kann als seine Mitspieler. Auch die Fähigkeit, einmal pro Runde mit 2 Kohlen eine Fabrik ein zweites Mal produzieren zu lassen, kann das Ergebnis einer Partie verzerren.
Fazit
Furnace kann Otto Normalspieler und Kennerspieler genauso begeistern. Das Spiel ist ein Glückstreffer, wobei mit Glück nicht der Spielablauf gemeint ist. Denn der sollte von beinharter Taktik geleitet sein. Eine Partie ist rasch gespielt, abwechslungsreich und bis zum Schluss spannend. Angenehm ist auch, dass nichts aufgeschrieben oder auf einer Zählleiste etwas markiert und bewegt werden muss.
PS.: Was den meisten gar nicht auffällt: Die Illustrationen der Fabriken sind auf der Vorder- und Rückseite der Karten unterschiedlich – weil sie ja „modernisiert“ wurden.
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Nochmals spielen? Unbedingt! |
Rund ums Spiel
Das Rezensionsexemplar wurde von Kobold zur Verfügung gestellt |