Die Fliesenleger kommen
Azul ist einer der seltenen Fälle, bei denen man sogleich merkt: Dieses Spiel hat das gewisse Extra, das ist wirklich gut!
Nr. 1272: Azul | Spielwiese-Code | | G | 8 | | | |
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Was ist's?
Für wen?
Was braucht's?
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Hier sind wir in einem Spiel zu viert mit insgesamt neun ausgelegten Manufakturplättchen. Auf dreien liegen noch Fliesen. Die Spieler haben sich schon mehrfach bedient und so liegen Fliesen auch in der Tischmitte. Da wie dort: Es müssen immer alle Fliesen der gleichen Sorte genommen werden. Bilder: spielwiese.at |
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Ein Blick auf das persönliche Tableau eines Spielers. Ganz oben die Punkteleiste, links darunter die Musterreihen. Dieser Spieler hat die zweite und dritte Musterreihe jeweils mit der gleichen Sorte gefüllt. Das ist erlaubt, nur die Sorten innerhalb einer Musterreihe zu mischen, ist verboten. Jeweils eine rote Fliese wandert später auf das entsprechende Feld der Wand rechts davon. Auf der Wand ist die zweite Spalte bereits voll, was am Ende sieben Zusatzpunkte bringt. Ganz unten: die Bodenreihe für überschüssige Fliesen und den Startspielerstein, der 1 Punkt Abzug bringt. |
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Die gute Nachricht
Der seltene Fall, dass ein an sich abstraktes Spiel mit einem passenden Thema schlüssig umgesetzt worden ist
Die schlechte Nachricht
Das Spielgefühl ist spürbar anders, ob man zu zweit oder mit mehreren Spielern spielt. Es funktioniert jedoch jede Konstellation.
Rein ins Spiel!
Wow, was für tolles Material! Man ist sofort beeindruckt. Viele – 100 um genau zu sein – kleine bunte Steine, die in einen blauen Stoffsack kommen, dazu farbenfrohe Ablagetableaus, alles im retromäßig angehauchten Look. Retro passt, denn hier geht es um die alte Tradition der Azulejos. Wer schon mal in Portugal war, kennt dessen Faible mit den bunten Azulejo-Kacheln die Häuser zu schmücken.
Selbiges sollen wir als Spieler tun. Zwar soll kein Haus, sondern nur eine 5 mal 5 Felder große Wand mit den Fliesen bestückt werden. Die Spieler machen das über einen kleinen Umweg. Der ist nicht sonderlich beschwerlich und geht nach wenigen Zügen sehr einfach vonstatten.
Wir haben: Je nach Spieleranzahl fünf bis neun runde Manufakturplättchen zwischen den Spielern auf dem Tisch. Hier werden die Fliesen „produziert“. Je vier Fliesen – es gibt fünf Sorten (Farben) – kommen zufällig aus dem Stoffsack auf jedes dieser Manufakturplättchen. Schon kann das Spiel beginnen. Wer am Zug ist, nimmt alle Fliesen einer Sorte von einem der Manufakturpltättchen und legt sie bei sich ab. Alle anderen Fliesen auf diesem Manufakturplättchen werden herunter in die Tischmitte geschoben. Hier wächst ein allgemeiner Vorrat und hier besteht ab ab sofort die zweite Zugmöglichkeit, nämlich sich in der Tischmitte zu bedienen. Auch dabei müssen alle Fliesen einer Sorte, für die man sich entscheidet, genommen werden.
Abgelegt werden die Fliesen zuerst einmal auf dem persönlichen Spieltableau in sogenannten Musterreihen links der eigentlichen Wand. Diese Musterreihen sind ein bis fünf Felder lang. In jeder Musterreihe darf nur die gleiche Sorte Fliesen gelegt werden.
So geht es reihum, bis alle Fliesen vom Tisch verteilt sind. Jetzt werden Fliesen von den Musterreihen in die gleiche horizontale Reihe der Wand übernommen. In der Wand kommt jede Sorte waagrecht und senkrecht nur einmal vor. Die entsprechenden Felder sind vorgedruckt und die Verteilung ist bei allen Spielern gleich. Nur aus einer vollständig besetzten Musterreihe können die Spieler jeweils eine Fliese in die Wand eingefügen. Die restlichen verfallen, doch das ist egal.
Es geht bei Azul darum, zum Zeitpunkt der Endabrechnung die wertvollste Wand gefliest zu haben. Ermittelt wird das durch zu vergebende Punkte. Schon beim Einsetzen einer einzelnen Fliese in die Wand gibt es Punkte, und zwar je mehr, desto mehr Fliesen schon benachbart liegen. Das große Absahnen kommt am Ende, wenn es für vollständige Reihen und Spalten Zusatzpunkte gibt und vor allem, wenn es den Spielern gelingt, von einer Sorte Fliesen alle fünf möglichen Felder auf der Wand zu belegen. Dafür rückt der Wertungsstein gleich um zehn Felder vor. Das rechnet sich, ist aber nicht einfach zu erzielen.
Die Spieler sind bei ihren Zügen demnach stets gefordert, sich für eine Strategie zu entscheiden, welche Sorte Fliesen sie gerade zu sich nehmen wollen. Weil, wie gesagt, der Rest auf dem Manufakturplättchen wandert in den allgemeinen Vorrat und es muss stets mitbedacht werden, was das für die Mitspieler bedeuten kann, aber auch für einen selbst, wenn man wieder an die Reihe kommt. Denn jede Sorte Fliese gibt es nur 20-mal im Spiel.
Noch etwas, und das ist nicht ganz unumstritten, wie groß der Startspielervorteil ist. Wer sich als Erster im allgemeinen Vorrat bedient, ist Startspieler der nächsten Runde, wenn alle Manufakturplättchen wieder aus dem Sack zufällig befüllt werden. Er darf als Erster wählen. Liegen dann zufällig auf einem Manufakturplättchen vier gleiche Fliesen, ist das von großem Vorteil. Damit ist die Vierer-Musterreihe schon mal abgehakt, vorausgesetzt man hat die entsprechende Sorte Fliese nicht schon in die Wand eingefügt.
Der Startspielervorteil wird dadurch etwas ausgeglichen, dass er einen Punkt Abzug bedeutet. Punkteabzüge gibt es auch für Fliesen, die nicht in eine Musterreihe gelegt werden können, weil sie überzählig sind. Solche Fliesen werden in die sogenannte Bodenreihe gelegt. Sie stellen jende Fliesen dar, die dem Handwerker so zu sagen zu Bruch gegangen sind. Auch in diesen Detail passen Regel und Thema zueinander.
Während man sich beim Spiel zu viert und zu dritt immer wieder nach der taktischen Decke strecken muss und Azul davon lebt, wer wem was vor der Nase wegschnappt, ist das Spielgefühl beim Spiel zu zweit ein anderes. Die Auswahl ist durch nur noch fünf Manufakturplättchen deutlich eingeschränkt, weshalb man sich viel stärker auf seine zwei Ziele konzentrieren muss. Erstens durch möglichst wenige Züge seine Musterreihen und respektive seine Wand optimal zu füllen und zweitens das Spiel vor dem Mitspieler zu beenden, um zu verhindern, dass dieser seine Punkte maximiert. Unabhängig von der Spieleranzahl endet eine Partie Azul immer damit, dass (mindestens) ein Spieler am Ende einer Runde mindestens eine waagrechte Reihe seiner Wand gefüllt hat.
Speziell beim Spiel zu zweit ist es meist das größte Problem, die letzte, fünf Felder große Musterreihe zu füllen und somit eine Fliese in die unterste Reihe der Wand zu transferieren. Weil eben insgesamt weniger Material zur Verfügung steht. Doch selbst die „Einer-Reihe“ bei Azul sollte nicht unterschätzt werden. Sehr schnell kann es passieren, dass man diese fehlende einzelne Fliese nur dadurch erhält, indem man mehr als nur eine dieser Sorte vom Tisch nehmen muss und sich damit Abzugspunkte einhandelt.
Fazit
Obwohl jeder für sich spielt, gibt es bei Azul einen hohen Grad indirekter Interaktion. Wer, egal wo, zu Fliesen greift, beeinflusst damit auch die Möglichkeiten der Mitspieler, die das mit Argusaugen beobachten. Die Ausgangssituation ändert sich ständig. Der einfache Mechanismus macht Azul spannend und die Gestaltung mit hervorragendem Material lässt rundum zufriedene Spieler zurück.
Nochmals spielen? Keine Frage! |
Rund ums Spiel Auszeichnungen
Spielanleitung zum Herunterladen
Das Rezensionsexemplar wurde von Pegasus zur Verfügung gestellt |