Reif für die Insel?
Wer hat nicht schon von einem beschaulichen Eiland geträumt! Bei diesem hier heißt es jedoch hartes Arbeiten, um Sonne und Strand genießen zu können. Nicht jeder ist reif für diese Insel.
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Die zehn Orte von Hawaii werden jedesmal neu gemischt und unterschiedlich in den Rahmen des Spielfelds eingesetzt. Auf ihnen werden Ortsplättchen und Preisplättchen platziert. |
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Am Ende einer Runde kehren die Häuptlinge an den Strand zurück und holen sich zusätzliche Preisplättchen. Wo, bestimmt die Spielreihenfolge der nächsten Runde. Der nächste Startspieler geht leer aus, hat aber den Vorteil der freien Auswahl an Ressourcen. | |
Dieser Spieler hat bereits vier Dörfer begonnen (jeweils von links nach rechts) und weil alle von mindestens einem Tiki (oben) "überdacht" sind, kommen auch alle in die Schlusswertung. | |
Hawaii gehört zu jenen Spielen, die einem die Erarbeitung sehr schwer machen. Nach der ersten Partie fragt man sich ernsthaft, ob sich der ganze Aufwand gelohnt hat. Hawaii hinterlässt nämlich auch noch einen anfangs sehr zwiespältigen Eindruck: ein interessanter Mechanismus auf der einen Seite, eine sehr puristische Schlusswertung auf der anderen Seite.
Zu Beginn steht jedenfalls jede Menge Arbeit. Über 200 Kartonteile müssen aus den Stanzbogen herausgebrochen werden (übrigens von sehr guter Qualität!), und diese Teile müssen vor jedem Spiel dann auch noch neu arrangiert werden. Der Spielplan von Hawaii ist nämlich jedes Mal ein bisschen anders. Die zehn Orte des Spielfelds werden jeweils gemischt und zufällig ausgelegt und darauf die kleineren Ortsplättchen nach einem vorbestimmten System draufgelegt.
Das wäre der eine Teil der Arbeit. Der schwierigere ist die Erarbeitung der Spielregel. Die ist einfach schlecht! Die Spielanleitungen waren schon öfters der Pferdefuß bei an sich guten Spielen des Verlags Hans im Glück. Dieses Mal haben es die Münchner offenbar selbst gemerkt, denn zu der eigentlichen Spielanleitung und einem vierseitigen Beiblatt (wobei man immer wieder zuerst einmal suchen muss, wo was steht) liegt der Schachtel auch noch ein kleineres Blatt mit "Klarstellungen" bei. Der Eingangssatz spricht Bände: "Leider mussten wir feststellen, dass sich in der üblichen Hektik vor der Veröffentlichung einige Unklarheiten und kleinere Fehler eingeschlichen haben …".
Die "übliche Hektik" darf keine Entschuldigung für diesen Pfusch sein! Eigentlich müsste es heißen: Zurück an den Start!
Fortgeschrittene Spieler kommen trotz dieser Widrigkeiten mit Hawaii einigermaßen klar. Einsteiger oder Gelegenheitsspieler sind mit dem Anleitungswirrwarr allerdings heillos überfordert. Eine derart schlechte Anleitung hat das Spiel nicht verdient!
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Füße, Muscheln und Früchte werden bei Hawaii mehr und mehr zur Mangelware. Sie dienen dem Kauf oder der Forbewegung. | |
Verknappungsspiel
Denn der Autor Gegory Daigle hat sich sehr viel bei dem Spiel gedacht, was sich erst nach und nach dem Spieler erschließt und Fortgeschrittene durchaus ins Schwärmen geraten lässt. Es macht viel Spaß, sich der heute bei dieser Art von Spielen allgegenwärtigen Herausforderung Verknappung zu stellen. Dazu kommt die exzellente grafische Umsetzung von Dennis Lohausen. Gut möglich, dass wir hier bereits das Kennerspiel des Jahres 2012 vor uns haben.
Die Geschichte
Der Handlungsstrang von Hawaii ist, dass auf einer dieser Pazifikinseln der Platz knapp ist, dort die Bewohner um die bestausgebauten Dörfer ringen und zum Teil auf Erträge von Nebeninseln angewiesen sind.
Das variable Spielfeld stellt die Hauptinsel mit den zehn verschiedenen Orten dar, ringsum verläuft die Wertungsleiste (am Ende gewinnt, wer die meisten Punkte gesammelt hat), und im unteren Bereich der Strand als zentrales Handlungselement. Dort bestimmen die Spieler zum Beispiel die Reihenfolge, gehen auf Fischfang und setzen von hier zu den Nebeninseln über und vor allem: von hier aus geht es zu den zehn Orten im Inselinneren, die quasi die "Rohstofflager" sind. Um von einem Ort zum anderen zu gelangen, braucht es Füße, um zu bezahlen Muscheln oder Früchte. Mit einem Grundvorrat werden die Spieler zu Beginn ausgestattet, pro Runde (es gibt fünf) gibt es immer weniger davon.
Die Aktionen
Jeder Spieler hat einen Winkel vor sich liegen, in den die so genannten Ortsplättchen gelegt werden. Mehrere Ortsplättchen aneinandergelegt, ergeben ein Dorf. Ein Dorf kann aus Hütten bestehen, aus Bewässerungen, aber auch aus Götter-Plättchen, Surfern und Hulatänzerinnen. Die gibt es primär auf der Hauptinsel in den zehn Orten. Und jetzt beginnt es wirklich interessant zu werden!
Wie schon gesagt, braucht man Füße, um überhaupt irgendwohin zu kommen. Was die Objekte kosten, die man erwerben will, das bestimmt ein raffinierter Zufallsmechanismus. Preisplättchen mit Werten von 2 bis 6 werden aus einem schwarzen Beutel gezogen und damit zuerst einmal alle leeren, Kaufplätze genannten Felder der Orte gefüllt. Jeder Ort hat einen bis drei Kaufplätze, wobei einer bereits einen vorgedruckten Preis hat. Der kann jedoch reduziert werden. Nehmen wir zur Verdeutlichung den Ort mit den Fischerbooten her. Er hat zwei leere Kaufplätze und einen dritten mit Kosten von 12. Zufällig wurden auf die leeren Preisplättchen mit den Werten 4 und 6 ausgelegt. Nun wird ein drittes Preisplättchen aus dem Beutel gezogen. Ist es die 2, dann wird die 12 überdeckt, weil die Regel des Ganzen folgendermaßen lautet: Ist die Summe aller gezogenen Preisplättchen niedriger oder gleich dem vorgedruckten Preis, wird der vorgedruckte Kaufplatz durch das dritte Preisplättchen ersetzt. Ist die Summe höher, wandert das dritte Preisplättchen umgedreht an den Strand. Auf der Rückseite zeigen die Preisplättchen ein, zwei oder drei Fische. Die können noch wichtig werden, davon aber gleich mehr.
Um ein Ortsplättchen zu erwerben und es in einem Dorf zu platzieren, müssen an dem Ort überhaupt erst ein Preisplättchen vorhanden sein. Wer etwas kauft und mit Muscheln oder Früchten bezahlt, nimmt das Preisplättchen zu sich und nimmt sich im Regelfall das billigste. Muss er aber nicht. Denn am Ende einer Runde werden Punkte verteilt, doch gibt es für diesen Vorgang eine Hürde zu nehmen, die von Runde zu Runde höher wird. Nur wer in einer Runde Preisplättchen in Summe von 9, 11, 13, 15 oder am Ende gar 17 gesammelt hat, darf seinen Wertungsstein weiterziehen. Mitgezählt werden dabei auch die oben erwähnten Fische, die vergleichsweise günstig zu ergattern sind. Der Grund: Bewegungen am Strand sind generell kostenlos, man braucht dafür keine Füße.
Einfluss der Inselgötter
Die Welt, in die uns Hawaii als fleißige Inselbewohner versetzt, ist zweierlei: es ist keine reine Fantasiewelt, sondern das ganze Tun ist recht realistisch – so oder ähnlich könnte das Leben auf einer exotischen Insel ablaufen; und, was durchaus ins Bild passt, es ist auch eine von Göttern und Häuptlingen bestimmte Welt. Als Häuptlinge spielen die Spieler selbst die Rolle, so heißen nämlich die Spielfiguren, und Götter –wiederum Ortsplättchen – erleichtern die eine oder andere Aufgabe. Als besonders hilfreich erweist sich der Besitz des Gottes Pele. Fortan kostet ein Zug, ganz egal welcher Weite, immer maximal zwei Füße.
Es gäbe noch eine ganze Reihe an Dingen aus der Welt von Hawaii zu berichten. Eines noch zwei Details, weil sie wichtig sind: Das Ende einer Runde bestimmt jeder Spieler für sich selbst. Dazu zieht er mit seinem Häuptling auf eines der Reihenfolge-Felder am Strand. Auch hier wurden außer der ersten Position am Beginn einer Runde Preisplättchen gelegt. Je weiter hinten ein Spieler in der folgenden Runde an der Reihe ist, umso höher fällt sein Preisplättchen aus – das ja zur Summe zählt, um in die Rundenwertung zu kommen. Wer auf ein Preisplättchen verzichtet und sich die Rolle des Startspielers für die nächste Runde ergattert, hat dafür die größte Auswahl an günstigen Ortsplättchen. Das ist nicht unentscheidend. Denn gerade die Tikis sind Mangelware, an dem Ort wo Tikis angeboten werden, gibt es oft nur ein einziges Preisplättchen und nur ein einziger Spieler kann in einer Runde überhaupt ein Tiki erwerben. Die Tikis spielen eine gewichtige Rolle im zweiten Detail, das wir noch beschreiben müssen.
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Beide Seiten der Preisplättchen haben ihre eigene Bedeutung. | |
Halten wir uns dazu den Winkel mit den Dörfern vor Augen. Diese "wachsen" von links nach rechts und können schon bei den Rundenwertungen Vorteile, zum Beispiel zusätzlichen Nachschub an Füßen, Muscheln und Früchten bringen. Oben am Winkel gibt es eine Leiste für die Tikis, die sich von rechts nach links füllt. Nur Dörfer, die von mindestens einem Tiki "überdacht" sind, kommen in die Schlusswertung! Dementsprechend sind diese mythischen Holzschnitzereien begehrt.
Die Schlusswertung, dieses Gefühl hat mán zumindest nach dem ersten Spiel, gibt nicht viel her. Doch nur über sie lässt sich Hawaii gewinnen, aber das kriegt man erst mit, wenn man sich einmal durch den schwierigen und mühseligen Einstieg und das erste Spiel gekämpft hat.
Fazit
Trotz der eingangs beschriebenen Mängel (für die es in dieser vorliegenden Ausgabe einen Punkt Abzug gibt!) ist Hawaii ein Spitzenspiel für engagierte und erfahrerene Spieler. Ja, eigentlich ein "must-have". Im Spielmechanismus passt alles zusammen und hat eine sehr gesunde Mischung aus Zufall und eigenem Einfluss. Und wer denkt, nur zu fünft ist es schwierig, sich gegen die permanente Ressourcenverknappung zu behaupten, irrt. Es ist zu viert oder auch zu dritt nicht leichter.
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Nr. 1112: Hawaii |
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Spielwiese-Code | |
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Themen: Inseln, Götter, Dorfbau
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Rund ums Spiel
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