Spiel für den großen Tisch
Sind die eigentlich bei Trost?! Schreiben die doch glatt 30 Minuten Spieldauer auf die Schachtel! Beim ersten Mal glaubt man es kaum, aber es ist machbar.
Die Fülle des Spielmaterials und vor allem die Auslage der Karten erfordern für 7 Wonders einen großen Spieltisch. |
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An der Spieltafel jeden Spielers werden die Ressourcenkarten aufgefächert, um stets den Überblick zu behalten bzw. die anderen Karten rundum ausgelegt. |
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Was die einzelnen Karten kosten und bringen. Zwei Bespiele: Die Tongrube kostet 1 Geldeinheit, der Tempel je einmal die Ressource Holz, Ziegel und Glas (Symbol jeweils links oben). Wer bereits die Karte Altar bei sich liegen hat, würde für den Einsatz der Karte Tempel nichts bezahlen: das steht als Zusatzinformation neben der Angabe Kosten (rechts unten wiederum steht der Hinweis, dass mit dem Besitz des Tempels in einer späteren Runde die Karte Pantheon kostenlos ausgespielt werden kann). Die Tongrube erlaubt ab nun pro Runde jeweils den Einsatz der Ressource Ziegel oder Erz, der Tempel bringt am Ende 3 Siegpunkte. |
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Noch zwei Beispiele: Die Karte Weinberg kostet nichts, um sie auszuspielen und seiner Kartensammlung anzufügen. Die Karawanserei kostet entweder zweimal Holz oder setzt den Besitz der Karte Markt voraus. Die Karten bringen: der Weinberg bringt dem Spieler für jede braune Karte, die er sowie seine beiden unmittelbaren Nachbarn bereits ausliegen haben (Pfeile), jeweils ein Geldstück. Der Besitzer der Karawanserei kann ab nun für jede Runde zusätzlich entweder einmal Holz, Stein, Erz oder Ziegel als Ressource für den Erwerb weiterer Karten einsetzen. |
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So viele dieser verwirrenden Dinge. Karten in unterschiedlichen Farben, mit unterschiedlichen Bedeutungen und Symbolen, Spielmaterial für Konflikte, Geld …
Nun, 7 Wonders ist definitiv kein Spiel für Leute, die überhaupt noch nie gespielt haben. 7 Wonders ist das erste Spiel, das von der Jury Spiel des Jahres die Auszeichnung "Kennerspiel des Jahres" verliehen bekommen hat. Kennerspiel, genau. Das impliziert: ein Spiel für Freaks, die sich auf einem Gebiet sehr genau auskennen.
Dieses Gebiet ist das Feld der "1000-Möglichkeiten-Spiele" und mit 7 Wonders um einen weiteren interessanten Vertreter reicher. Wer sich im Regellesen auskennt (vielleicht kommt Kennerspiel ja daher …) weiß, dass ein umfangreiches Regelwerk nicht zwangsläufig ein kompliziertes Spiel bedeuten muss. Da steht oft nur viel drin, weil ein Spiel eben mehrere Wege offen lässt.
So gibt es auch bei 7 Wonders nicht die einzig wahre Gewinnstrategie.
Vielmehr wirken sich die vielen Entscheidungsmöglichkeiten unterschiedlich aus – und man wird dennoch nicht fremdgespielt. Klar, Kartenglück und Kartenpech gehören dazu, aber im Wesentlichen macht das Spiel des Einzelnen den Unterschied.
Als unbefleckter Neuling hat man freilich keine Ahnung, tastet sich nach dem Öffnen der Schachtel neugierig an das Material heran, hinterfragt Optionen und zaudert und zaudert. So kommen beim ersten Mal zwei Stunden Spielzeit heraus (bei sechs Spielern, wohlgemerkt!). Nix da mit 30 Minuten! Beim ersten Mal ist 7 Wonders ein Blindflug. Schon beim zweiten Spiel haben sich die dichtesten Nebelfetzen aufgelöst und die Spieldauer verkürzt sich dramatisch mit jedem weiteren Spiel. Und plötzlich kann man es auch recht einfach erklären. Es ist an der Zeit, das auch hier und jetzt zu machen.
Die Erklärung
7 Wonders ist im Grunde ein Kartenspiel. Die Spieltafeln – jeder hat eine für eines der sieben antiken Weltwunder gezogen – erfüllen nur Nebenrollen. Es geht darum, in drei abgegrenzten Phasen, Zeitalter genannt, mit Hilfe der Karten für seine Stadt, in der das Weltwunder errichtet wird, möglichst viele Punkte zu machen.
Punkte gibt es für verschiedene Aktionen. Abgerechnet wird zum Schluss, nach dem dritten Zeitalter. Ja, auch übrig gebliebenes Geld bringt Punkte (eine Frage, die immer eingeworfen wird; sie ist vielen Menschen offenbar wichtig).
Ganz wichtig: bei 7 Wonders ist nichts verloren: Karten, die ich im ersten Zeitalter erwerbe, behalte ich auch fürs zweite und dritte Zeitalter!
Der Ablauf einer Runde ist einfach und immer gleich: Von den Handkarten wählen alle Spieler eine aus und legen sie verdeckt vor sich ab. Nach dem gleichzeitigen Aufdecken wird man unter Anfängern die Karten der Reihe nach durchspielen, später kann das auch parallel erfolgen, wenn man die Regeln schon intus hat. Das spart eine Menge Zeit. Die restlichen Karten aus der Hand werden an den Nebenmann weitergegeben. Das bedeutet: bei 7 Wonders hat jeder Spieler in jeder Runde ein anderes Blatt.
Was zweifellos gewöhnungsbedürftig ist, sind die mit zum Teil viel Informationen bestückten und unterschiedlichen Kartensorten. Aber auch dafür gibt es eigentlich ein einfaches System zur Orientierung: Ganz links oben stehen die Kosten der Karte. Im ersten Zeitalter sind viele sogar gratis, die anderen kosten entweder Geld oder einen bestimmten Baustoff (auch Ressource genannt). Am besten, Sie schauen sich die vier Beispiele rechts an.
Kosten heißt: Erst wenn ich eine Karte aus der Hand auswähle und sie ins Spiel bringe, fallen diese Kosten an.
Was die Karten dem Spieler bringen, steht groß in Symbolen oben in der Mitte der Karte. Etwa eine neue Ressource, oder aber eine fixe Anzahl an Punkten oder Punkte je nach einer späteren Konstellation. Recht viele Karten zeigen hier Fähigkeiten – zum Beispiel als "Zwitter", will heißen: man kann zwischen mehreren Ressourcen aussuchen. Nochmals an dieser Stelle gesagt, weil wichtig: Keine eingesetzte Karte geht verloren! Einen einmal erworbenen Baustoff Glas hat man bis zum Schluss und kann ihn immer wieder einsetzen. Je nach Funktion werden zusammengehörende Karten (nach Farben) aufgefächert an bestimmten Stellen rund um die Spieltafel auf den Tisch gelegt. Jeder soll jederzeit den Überblick haben, was die Nachbarn so treiben.
Für gewonnene Konflikte erhalten die Spieler Marker zur Punkteabrechnung am Ende. Hier: 5 Punkte für einen gewonnenen Konflikt im Zeitarlter III. | |
Nur noch eines muss man wissen, bevor es losgeht. Die roten Karten zeigen Schilde und stehen für die schon angedeuteten Konflikte. Am Ende jedes der drei Zeitalter wird die Anzahl der eigenen Schilde mit der der beiden direkten Nachbarn verglichen. Wer weniger hat, kassiert jeweils einen Minuspunkt, wer mehr Schilde als der linke oder rechte Nachbar hat, kassiert für jede Mehrheit Pluspunkte. Damit lassen sich relativ viele Punkte sammeln: für jeden gewonnenen Konflikt nach Zeitalter I gibt es einen Punkt, nach Zeitalter II schon drei Punkte und gewonnene Konflikte nach Zeitalter III sogar fünf Punkte. Im Maximalfall läpperst sich das auf 18 Punkte, während das Ende eines Zeitalters sonst keine unmittelbaren Auswirkungen hat.
So weit, so gut
Mit diesem Wissen kann man getrost ins Spiel einsteigen. Den Rest und die Feinheiten von 7 Wonders liest man später bei Bedarf nach, vor allem fürs Zeitalter III. Schon mit dem Zeitalter II sind neue und andere Karten ins Spiel gekommen, doch im dritten gibt es mit den violetten Karten, so genannten Gilden, noch eine Steigerung. Diese Karten verschaffen nur unter bestimmten Bedingungen Siegpunkte. Weil nie alle Gilden ins Spiel kommen – das ist von der Anzahl der Spieler abhängig – und die Bedingungen sehr breit gefächert sind, lassen wir sie hier außen vor. Bis man im Zeitalter III angelangt ist, hat man bereits so viel Erfahrung mit dem Grundmechanismus und den Wechselbeziehungen bei 7 Wonders gesammelt, dass der Blick in die detaillierten Erklärungen zu den Karten in der Spielanleitung Klarheit schafft.
Viele Wege führen zum Ziel
7 Wonders unterliegt keiner Wiederholungsgefahr. Dazu sind zu viele unterschiedliche Karten jedes Mal ganz anders verteilt. Jeder Spieler startet auch mit anderen Voraussetzungen, die ihn bei jedem Spiel auf andere Karten "scharf" macht. An welchem Weltwunder = Spieltafel ein Spieler "arbeitet", wird ausgelost. Bei sieben Weltwundern können bis zu sieben Spieler mitmachen, bei nur vier Spielern bleiben damit aber schon einmal drei Weltwunder ungenutzt. Jedes Weltwunder = Spieltafel hat zudem zwei verschiedene Seiten. Auf jeder ergeben sich drei weitere Möglichkeiten, durch die Ablage einer Karte (kostet natürlich etwas!) zusätzliche Fähigkeiten zu erwerben und Siegpunkte zu sammeln. Das kann man tun, muss es aber nicht, wie in der Spielregel fairerweise hingewiesen wird. Es ist nämlich nicht zwangsläufig spielentscheidend. Es ist nur eine von vielen Möglichkeiten.
Zwei wichtige Dinge, die man wissen muss
Einmal wird es sich als goldrichtig erweisen, auf blaue Karten zu setzen und vorranging solche zu sammeln. Ein andermal die so genannten Forschungsgebäude, das sind die grünen Karten. Hier gelten andere, aber spannende Regeln zur Punktemaximierung: Je mehr gleiche Forschungsgegenstände ich sammle, desto höher fällt die Punkteanzahl am Ende aus.
Zwei Dinge sollte man bei 7 Wonders auf jeden Fall beherzigen:
- Strategie wäre als Wort zu hart, aber seiner Linie sollte man treu bleiben! Hat man zum Beispiel schon einen Grundstein gelegt über Konflikte "reich" zu werden, muss man die entsprechenden Karten mit den Schilden dann auch wirklich wählen, wenn sie im Blatt enthalten sind. Und zwar über alle Zeitalter hinweg, weil's erst gegen Ende richtig lukrativ wird! Je nach Spieleranzahl hat man mehrmals oder gar nur einmal die Chance, ein am Beginn jedes Zeitalters zufällig zusammengestelltes Blatt wieder in die Finger zu bekommen. Jedes Blatt besteht am Anfang aus sieben Karten, jeder Spieler bekommt ein Blatt, das nach jeder Runde weitergegeben wird.
- Verschiedene Ressourcen zu sammeln, zahlt sich eigentlich immer aus. Es gibt sieben verschiedene, und es ist ganz, ganz ärgerlich, bei fortgeschrittenem Spiel eine tolle Karte nicht erwerben zu können, weil eine zur Zahlung benötigte Ressource fehlt.
Mit der Zeit bekommt man ein Gespür dafür, welche Karten eigentlich wie oft vorhanden sind, also über prinzipielle Chancenverteilungen. Die Symbole, die für bestimmte Sorten, Kosten und Fähigkeiten der einzelnen Karten gewählt wurden, sind nach etwas Einübung durchwegs klar und selbsterklärend. Je weiter eine Partie 7 Wonders in die Tiefe der Zeitalter geht, desto mehr war Grafiker Miguel Coimbra gefordert, die Spiel- und Wertungsmöglichkeiten in einem einzigen Piktogramm darzustellen. Auch das ist ihm gut gelungen, wenngleich der Blick ins Regelheft oder auf die Kurzübersicht immer wieder einmal notwendig ist.
Die Übung macht den Meister
7 Wonders ist, wie gesagt, in erster Linie ein Kartenspiel – auch wenn Schachtel und Material ein anders Signal setzen. Und Kartenspiel bedeutet immer noch: Aus der jeweiligen Situation – dem aktuellen Blatt auf der Hand – das jeweils beste zu herauszuholen. Hier macht erst die Übung den Meister. Die relativ kurze Spieldauer (wenn man die ersten Hürden erst einmal genommen hat, siehe Anfang) und die auf nur eine Aktion pro Runde eingedickte Regel begünstigen das Feeling eines schnellen Spiels.
Am Ende wird addiert
Wozu das Ganze? Diese Antwort sind wir im Detail noch schuldig. Klar, es geht um Punkte. Punkte machen die Spieler im Idealfall aber durch insgesamt sieben verschiedene Wertungsmöglichkeiten. In sieben Kategorien werden am Ende die Punkte festgestellt, auf einem Wertungsblock festgehalten und addiert:
- Differenz aus Plus- und Minuspunkten der Konflikte
- überzähliges Geld bringt je drei Einheiten einen Punkt
- die drei Baustufen des eigenen Weltwunders, je nach Erfüllung
- Karten mit Wertungspunkten
- Punkte aus Wechselbeziehungen der so genannten Handelsgebäude (gelb-orange Karten), wobei hier – und das ist ein interessantes Detail! – auch Punkte für Karten gesammelt werden können, die bei einem Nachbarn ausliegen. Deshalb: Nachbarn immer im Auge behalten!
- dieses Detail gilt erst recht für die Gilden, die in Zeitalter III ins Spiel kommen. Oft werden diese violetten Karten nichts nützen, aber wenn: dann sind sie wahre Punkteverstärker!
- und schließlich die jeweils potenzierten Punkte für die grünen Karten (Forschungsgebäude): je mehr von einer Sorte, desto besser!
Wertungsbeispiel für ein Spiel zu sechst. Man sieht, es kann sehr knapp werden. | |
Kein Spieler kann und wird einen Großteil davon überragend abschließen. Es kommt auf den guten Mix an. Zahlreiche Testrunden mit meist sehr geringen Punkteunterschieden haben den Eindruck gefestigt, dass die Chancen sehr, sehr gut austariert sind. Andererseits lässt dieser Umstand auch den Schluss zu, dass das Kartenglück nicht unterschätzt werden darf: Ein Grund mehr, stets zuzuschlagen, wenn einem das Schicksal gute Karten in die Hand spielt.
Fazit
Das Gesamturteil für 7 Wonders fällt absolut positiv aus. Es ist ein Karten- und Sammelspiel mit steil ansteigender Spannungs- und Lernkurve. Schon in der zweiten, spätestens dritten Partie bewegt man sich sich recht sicher durchs Kartenangebot und lotet die Möglichkeiten aus. Was freilich auch ins Auge gehen kann, ist Fortuna gerade anderweitig beschäftigt. Anzukreiden, wenn man schon danach sucht, ist der geringe Grad an Interaktion der Spieler. Jeder kümmert sich eigentlich nur um sein eigenes Feld. Dafür braucht es im wahrsten Sinn des Wortes Platz: 7 Wonders ist kein Spiel für kleine Tische.
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Nr. 1105: 7 Wonders |
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Spielwiese-Code | |
2020: Repos Production
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Themen: Antike, Bauen |
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Auszeichnungen
Rund ums Spiel
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