Das Wasser kommt näher und näher …
Zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren hat es der Spieleautor Matt Leacock auf die Nominierungsliste zum Spiel des Jahres geschafft. Zwischen seinem Spiel Pandemie (2009) und dem im Herbst erschienenen Die verbotene Insel gibt es Parallelen.
Bei Pandemie mussten die Spieler nichts Geringeres als die Menschheit vor bösen Erregern retten. Dieses Mal gibt es Leacock etwas billiger, die Spieler müssen nur ihre Expeditionsteilnehmer und vier Schätze retten.
Dazu entführt er die zwei bis vier Spieler in eine Fantasywelt, wo auf einer Insel vier Artefakte auf die Bergung warten, bevor das Eiland in den Fluten versinkt. Dass das gar nicht so einfach ist, erlebten wir bei den ersten beiden Testspielen und begannen bereits an unseren spielerischen Fähigkeiten und an der Sinnhaftigkeit der Spielregeln massiv zu zweifeln.
Aber, das stellte sich ab dem dritten Spiel heraus: Alles passt, es war nur ein sich wiederholender dummer Zufall. Ergo: Um gemeinsam Die verbotene Insel zu gewinnen, gehört auch einiges an Glück dazu.
Detailreine bemalte Spielfiguren zeichnen das Spiel aus. Hier der Ingenieur. | |
Die Handlung
Ein geheimnisvolles Eiland ist Stück für Stück von den Fluten dem Untergang geweiht. Weil sich dort aber noch vier wertvolle Schätze (Artefakte), machen sich bis zu vier Abenteurer auf den Weg, sie zu holen. Das gelingt nur, wenn sie zusammenarbeiten. Die verbotene Insel ist ein glasklares Kooperationsspiel.
Die Ausgangslage
24 toll gemalte Inselfelder werden in der Tischmitte ausgelegt. Alle tragen sie mystische Namen wie Medusas Palast oder Tempel der Sonne. Die offen liegende Seite ist bunt, auf der blauen Rückseite sind die Motive nur noch schematisch angedeutet. Jeder der vier Artefakte kann theoretisch auf jeweils zwei Inselfeldern sein, bestimmte Inselfelder sind die Startplätze der Abenteurer, außerdem gibt es noch einen Landeplatz der Versager. Hierhin müssen die Abenteurer alle vier Artefakte bringen, um dann gemeinsam dort mit dem Hubschrauber vor den Fluten zu fliehen. Gelingt dies, haben alle Spieler gemeinsam gewonnen. Kommt vorher was dazwischen, haben alle gemeinsam verloren.
Raffinierter Mechanismus
Wie schon bei Pandemie hat sich der Autor auch für Die verbotene Insel einen äußerst raffinierten Mechanismus einfallen lassen. Was die Spieler zu tun und zu beachten haben, das ist aber ungleich einfacher und überschaubarer als bei Pandemie. Spannend und fordernd ist es allemal. Schauen wir es uns anhand einer Runde im Detail an.
Jedes Spiel beginnt damit, dass die obersten sechs Flutkarten offengelegt werden. Jede entspricht einem Inselfeld. Die betroffenen Inselfelder werden auf die blaue Rückseite gedreht. Das bedeutet, dass diese Teile der Insel schon leicht überflutet sind. Steht darauf einer oder mehrere Abenteurer, dann heißt es sich sputen. Jeder Zug eines Spielers besteht aus drei Schritten …
- Er darf bis zu drei Aktionen ausführen. Eine Aktion ist den Abenteurer auf ein Nachbarfeld ziehen, oder ein Inselfeld trockenlegen (von Blau wieder auf die Vorderseite drehen), oder einem Mitspieler Artefaktkarten geben (dazu später) oder ein Artefakt bergen.
- Artefaktkarten bekommt man (neben zweien zum Anfang) in Schritt 2. Der Spieler an der Reihe zieht zwei vom Nachziehstapel.
- Zum Schluss werden in Schritt 3 so viele Flutkarten aufgedeckt, wie der Wasserpegel anzeigt.
Wie man gemeinsam verlieren kann
Zum besseren Verständnis schildern wir die Auswirkungen von Schritt 3 zuerst. Je nach Spielfortschritt werden zwei bis fünf Flutkarten aufgedeckt und die entsprechenden Inselfelder auf Überflutung gedreht – oder wenn sie bereits überflutet sind, ganz aus dem Spiel genommen. Steht ein Abenteurer gerade drauf, geht nicht nur dieser in den Fluten unter, sondern das ganze Spiel ist für alle vorbei. Dieser Fall tritt auch ein, wenn der Landeplatz der Versager endgültig versinkt, denn nur von dort aus können die Abenteurer die Insel verlassen. Vorzeitig zu Ende ist das Spiel auch, wenn beide Inselfelder eines Artefaktes aus dem Spiel kommen, bevor der Artefakt geborgen ist.
Ein Artefakt ist geborgen, wenn ein Spieler auf dem entsprechenden Feld landet und vier passende Artefaktkarten gesammelt hat. Artefaktkarten werden, wie schon erwähnt, bei jedem Zug nachgezogen. Doch im Stapel befinden sich auch jeweils drei Sonderkarten:
- Helikopter = gut, weil sie Flüge zu einem beliebigen Inselfeld erlauben (und für die Flucht von der Insel nötig sind)
- Sandsäcke = gut: damit lässt sich ein beliebiges Inselfeld jederzeit trockenlegen, ohne dass ein Abenteurer darauf stehen muss
- Die Flut steigt! = ganz schlecht!
Steigt die Flut, werden sofort alle bereits aufgedeckten Flutkarten gemischt und auf (!) den Nachziehstapel gelegt. Das heißt konkret, dass bereits überflutete Inselfelder schon beim Zug des folgenden Spielers endgültig versinken können. Steht ein Abenteurer darauf …
Genau das ist uns bei den ersten zwei Testspielen passiert. Den „Todesengel“ nannten wir Ulli, die beides Mal das Kunststück fertigbrachte, als erst zweite Spielerin an der Reihe eine Die Flut steigt!-Karte zu ziehen und beim Aufdecken der Flutkarten gleich einen Mitspieler zu versenken!
Soweit zu möglichem wirklichen Pech. Glück hat man zum Beispiel, wenn der überlebenswichtige Landeplatz der Versager überhaupt nicht überflutet wird, weil sich die entsprechende Flutkarte ganz unten im Nachziehstapel befindet.
Der verflixte Wasserpegel
Wenn die Flut steigt, wird der Pegel neu eingestellt. | |
Eine weitere Auswirkung der ungeliebten Die Flut steigt!-Karte ist, dass – wie der Name schon sagt – der Wasserpegel steigt und auf einer „Messlatte“ mit einem Clip eingestellt wird. Man startet bei Pegel 2 und muss nach jedem Zug zwei Flutkarten aufdecken, dann drei usw. Bei vieren wird’s wirklich haarig.
Aber das ist auch zu schaffen, wenn sich die Spieler gut absprechen. Die Verbotene Insel hat neben den bisher schon erwähnten klugen Konditionen noch eine zusätzliche Zufälligkeit zu bieten, die jedes Spiel anders macht. Bei immer maximal vier Spielern gibt es insgesamt sechs Abenteurer, die zu Beginn ausgelost werden. Jeder Abenteurer bringt zusätzliche Fähigkeiten ins Spiel: Der Pilot zum Beispiel darf einmal pro Zug auf ein beliebiges Inselfeld fliegen. Der Ingenieur ist einer der wichtigsten und beliebtesten, weil er für eine Aktion zwei angrenzende Inselfelder trockenlegen darf, und der Bote kann für eine Aktion einem anderen Abenteurer eine Artefaktkarte aus seiner Sammlung übergeben, ohne dass sich beide Spieler auf demselben Inselfeld befinden. Was sonst Bedingung ist.
Nicht unerwähnt gelassen werden sollte, dass die Spieler am Ende eines Zuges nie mehr als fünf Artefakt- und Sonderkarten vor sich liegen haben dürfen. Sie liegen dem Kooperationsgedanken verpflichtet, natürlich offen. Damit man immer sieht, welche Mitspieler auf vier gleiche Artefaktkarten zur Bergung zusteuern, wem man dabei helfen kann, und überhaupt die nächsten Schritte gemeinsam zu planen.
Es wird also viel diskutiert und abgewogen bei Die verbotene Insel. Und das ist schön!
Fazit
Die verbotene Insel scheint ob seiner vielen Möglichkeiten und Unwägbarkeiten nur anfangs überfrachtet und kompliziert. Doch das Grundprinzip ist sehr einfach, die Lernkurve der Spieler steigt rasch nach oben.
Zum absolut positiven Gesamteindruck gehört, dass die vier Artefakte nicht nur irgendwie auf Kärtchen abgebildet sind, sondern die Spieler sich bei erfolgreicher Bergung auch ein paar Zentimeter hohes physisches Pendant als Trophäe vor sich stellen können. Dann die bemalten Abenteurer-Figuren und nicht zuletzt die Gesamtillustration von C. B. Canga!
Material und Spielablauf, beide sind extrem stimmig. Dazu kommt ein fast schon konkurrenzloser Preis von unter 20 Euro für ein Spiel dieser Klasse und Ausstattung.
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Nr. 1087: Die verbotene Insel |
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Spielwiese-Code | |
2010: Schmidt |
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Themen: Expeditionen, Abenteuer, Inseln |
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Auszeichnungen
Rund ums Spiel
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