9. JULI 2014
Unüberhörbares Nichtgesagtes
-------------------------------------------------- ARNO MILLER --------------------------------------------------
Die Welttagung für Planspiele hat mir einmal mehr vor Augen geführt, welches Image Spielen hat.
Ich muss gestehen bis vor drei Wochen nichts von der Existenz eines Weltverbandes für Planspiele gehört zu haben. Dabei gibt es ihn schon seit bald 50 Jahren. Die Bildungslücke hätte wohl noch länger bestanden, träfe sich die Community nicht ausgerechnet diese Woche vor meiner Haustür zu ihrer 45. Welttagung.
ISAGA heißt die Vereinigung, das ist englisch und steht für International Simulation And Gaming Association. Es gibt auch einen Dachverband für die deutschsprachigen Länder, der allein schon 300 Mitglieder zählt, und sich SAGSAGA abkürzt. Ist eigenartigerweise auch englisch: Swiss Austrian German Simulation And Gaming Association. Das nur nebenbei.
«Der sozialkritische Ansatz von Monopoly war dem Verlag zu heikel und blieb unberücksichtigt. |
Die Welttagung findet noch bis Freitag an der Fachhochschule Vorarlberg statt. Dort stünden in der Lehre an die 40 verschiedene Planspiele im Einsatz, was sie auf diesem Gebiet zu einer der führenden im deutschsprachigen Raum macht. Damit kommen wir dem Kern der Sache schon näher. Ich zitiere: „Heute werden mit Hilfe von Planspielen Systemabläufe nachgebildet und untersucht, die man in der Wirklichkeit aus Zeit-, Kosten- oder Gefahrengründen nicht real durchführen kann oder will.“ Einerseits zum Beispiel eben in der Lehre – an einer FH, Uni, natürlich auch in Seminaren –, andererseits in der Wirtschaft.
Fragen der Journalistenkollegen bei einer Pressekonferenz heute sowie die Berichte rund um die ISAGA-Konferenz in den Tagesmedien waren bezeichnend für das Image des Spielens an sich. Wie, Studenten oder gar gestandene Manager spielen wirklich miteinander? Unüberhörbares Nichtgesagtes: Das machen doch nur Kinder …
Willy Kriz mit der Rekonstruktion eines der ersten Planspiele: Ein Kriegsspiel des Mathematikers Christian Ludwig Hellwig von 1780. |
Bemerkenswert, wie es Willy Kriz, Konferenz-Organisator, SAGSAGA-Capo und FH-Professor in Vorarlberg, auf den Punkt brachte. Du und ich spielten öfter „Planspiele“, ohne sie als solche zu bezeichnen und vor allem, mit dem wesentlichen Unterschied: Zuhause würden Abläufe und Ergebnis nicht reflektiert, was in der Wissenschaft, Lehre oder Anwendung in der Praxis aber genau Zweck der Übung ist. Als griffigstes Beispiel nannte Kriz: Monopoly – im Ursprung als geradezu klassisches Planspiel konzipiert. Die Engländerin Elizabeth Magie hatte den Vorläufer The Landlord’s Game ersonnen, um aufzuzeigen, dass arbeitslose Einkünfte von Grundbesitzern bei breiten Teilen der Bevölkerung zu Armut und Verelendung führen können. Deshalb baute sie eine Besteuerungsvariante ein, die der Bodenspekulation Einhalt gebot. Der Spieleverlag Parker wurde mit Monopoly groß, lehnte das Spiel jedoch ursprünglich als zu komplex und zu politisch ab. Die Variante wurde denn auch nie Teil des Familienspiels, der sozialkritische Ansatz des Ur-Monopoly blieb außen vor.
Planspiele sind also kein „Kinderkram“, sondern eine ernste Sache. Deshalb ist auch immer wieder von „serious games“ die Rede. Ihre Entwickler und Anwender machen sich dabei jedoch den angeborenen Spieltrieb der Menschen zunutze. Über weitere Parallelen und Verzahnungen zwischen Planspielen und „Unterhaltungsspielen“ schreibe ich im nächsten Blog.
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