1. FEBRUAR 2014
Stochern im Cyberspace
-------------------------------------------------- ARNO MILLER --------------------------------------------------
Sind die Spielehersteller einen Schritt weiter gekommen, ihre (weitgehend) auf Karton gebaute Welt mit dem digitalen Universum zu verbinden? Die Spielwarenmesse blieb eine klare Antwort schuldig. Und braucht's das überhaupt?
Schmidt, so heißt es dort, will den digitalen Zug nicht verpassen. Noch in diesem Jahr kommt deshalb eine Art Sammelkartenspiel mit Marvel-Superhelden. Die Karten werden einen NFC-Chip haben, so dass im Kampf Spieler gegen Spieler die Gegenrechnerei an Sieges-, Vernichtungs- und anderer Punkte überflüssig wird, weil das jedes Smartphone erledigt. Man lädt eine App herunter und fürs Spielen schiebt man abwechslungsweise seine Karten unter das kluge Telefon. Auf dem Bildschirm sieht man dann, wie gut oder schlecht man steht.
Naja.
«Das Messepublikum blickte interessiert, stimmte jedoch keine Revolutionslieder an. |
Aber immerhin ist dieses Konzept schlüssiger als die holprigen Versuche zahlreicher Hersteller, wo man am Smartphone oder Tablet eintippt, was man soeben ein paar Zentimenter daneben auf einem herkömmlichen Spielbrett gemacht hat. Einigermaßen unschlüssig, was man davon halten soll, lassen einen auch Spiele zurück, bei denen via App irgendeine zusätzliche Möglichkeit offen bleibt, die man nutzen kann, aber nicht muss. Beispielsweise beim neuen Kosmos-Quizspiel Eye Know. Hier kann jeder Spieler zweimal im Laufe des Wissensspiels eine Art Dalli-klick-Aufgabe wählen und einen Gegenstand erraten. Muss er aber nicht.
Am konsequentesten packt Ravensburger die Sache an. Smart Play heißt eine neue Reihe, die im Herbst auf dem Markt kommt. Dazu braucht man sein Smartphone und dafür einen Halter, der Teil von drei Basisspielen ist (darunter ein adaptiertes King Arthur) und das Smartphone in gut einem halben Meter Höhe über dem Spielbrett schweben lässt. Über die Handykamera erkennt eine App jeden Spielzug, weiß wer an der Reihe ist, ob eine Aufgabe richtig oder falsch gelöst wurde usw. Die Stimme im Smartphone erklärt natürlich auch die Spielregeln und informiert über den Spielstand. Ein Spiel-Big Brother aus der Hosentasche.
Optisch ist das Ganze mit dem Handyhalter etwas befremdlich. Allerdings übernimmt hier das Smartphone eindeutig eine hilfreiche Rolle, ohne dass man sich mit ihm auseinandersetzen muss, sprich: etwas händisch und umständlich filmen, fotografieren oder eingeben muss.
Wie die Brett- und Kartenspieler darauf reagieren werden und ob Ravensburger damit die digitale Generation fürs traditionelle Spiel(gefühl) gewinnen kann – man weiß es noch nicht. Das Nürnberger Messepublikum blickte jedenfalls interessiert, stimmte jedoch keine Revolutionslieder an.
Nach dem vielen Stochern im Cyberspace, nach all dem aufgesetzten App-Quatsch der vergangenen zwei, drei Jahre kann allerdings eine Frage mit einem zaghaften Ja beantwortet werden: Ob die Verbindung aus analogem Spielen und digitaler Untestützung konkreten Nutzen und damit überhaupt Sinn ergibt.
Was denkst du darüber?