Und wieder macht es die Jury Spiel des Jahres nicht allen recht! Dabei meint sie es gut mit uns Spielern, wie noch nie.
Neun nominierte Spiele statt zehn wie in den Vorjahren, dafür in drei statt zwei Kategorien. 2011 macht die Jury Spiel des Jahres einiges anders. Gut so. Die bessere Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und Bedürfnisse war überfällig.
Die interessanteste Frage im Zusammenhang mit der Einführung eines "Kennerspiels" war zweifellos jene nach der Trennlinie, die die Jury zieht. Mit ein paar Tagen Abstand zur Veröffentlichung der beiden Nominierungslisten "rot" und "anthrazit" (die Kinderspiele lassen wir einmal außen vor), legt sich die anfängliche Überraschung oder auch Enttäuschung beim einen oder anderen. Der neue Jury-Vorsitzende Tom Felber hat es in seinem Kommentar plausibel begründet: "Die Trennlinie zwischen ,Spiel des Jahres' und ,Kennerspiel des Jahres' führt hauptsächlich über den Aufwand, der notwendig ist, um in die jeweilige Spielwelt eintreten zu können."
Auch und gerade unter diesem Gesichtspunkt war der Begriff Kennerspiel eine geschickte Wortwahl. Der Kenner oder Feinschmeck schätzt (und erwartet) eben Feinheiten, für die er auch mehr Mühe in Kauf nimmt – wie zum Beispiel umfangreichere Spielanleitungen, das Vorbereiten von vielen Bestandteilen auf dem Spieltisch oder auch eine Spieldauer, auf die sich Otto Normalspieler erst gar nicht einlässt. Manche verwechseln da Kennen mit Können. Dass die Erwartungshaltung vieler eingefleischter und Neuheiten-süchtiger Spieler mit den drei Nominierten nicht erfüllt wurde, wie sich in einschlägigen "Experten"-Foren niederschlägt, war so sicher wie das Amen im Gebet. Der Anspruchslevel dieser Spieler-Schicht ist a) individuell zu unterschiedlich und b) schraubt sich in Summe generell von Jahr zu Jahr nach oben.
Von solch selbst auferlegten Zwängen bleiben ganz normale Leute völlig unberührt: Für sie ist das herkömmliche Spiel des Jahres – und im besten Sinn des Wortes: gut genug.
Nur über die Sinnhaftigkeit, für den neuen dritten Hauptpreis keine eigene Empfehlungsliste zu veröffentlichen, sondern Kennerspiele und Nicht-Kennerspiele auf einer Liste zu vermischen, sollte die Jury noch einmal nachdenken. Es ist jedenfalls nicht logisch, hier (Nominierungen) zur vielbeschworenen Orientierung von Spielkäufern bewusst zu trennen, sich aber dort (Empfehlungen) um die Entscheidungshilfe für die Konsumenten zu drücken.
Das Wichtigste aber ist: die Jury hat 2011 Mut zur Veränderung bewiesen und das Spiel des Jahres als wichtigsten Spielepreis mit einer klaren Fokussierung aufgewertet.
Arno Miller
PS.: Wie in den Vorjahren wird es, nachdem die Nominierungen feststehen, wieder ein eBooklet der Reihe "Spielwiese kompakt" geben. Dieses Mal mit den Nominierten zum "Spiel des Jahres" und zum "Kennerspiel des Jahres".
Zu den Meldungen der Jury-Listen
- Spiel(e) des Jahres: Das sind die Nominierungslisten 2011
- Spiel des Jahres 2011: Das sind die Empfehlungen der Jury