Die Preisverleihung der Spiele des Jahres 2024 hinterlässt mehrere verstörende Eindrücke. Die Jury hat sich summa summarum übernommen.
22. JULI 2024
Ich gehe davon aus, dass gestern niemand den Livestream angesehen hat, der nicht irgendwie mit der Branche verbandelt ist oder zu den wirklich leidenschaftlichen Spielerinnen und Spielern zählt. Denn wer sonst tut sich das zwei Stunden an einem Sonntag zwischen 18 und 20 Uhr an.
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Es waren durchschnittlich 2000 (zweitausend) Leute live dabei. Das ist eine überschaubare Anzahl.
Und unter diesen relativ Wenigen befinden sich allerdings zu viele mit irritierenden oder sogar verbohrten Ansichten. Diesen Schluss lassen die parallelen Chats zu. Die Jury ist daran leider nicht unschuldig. Denn schon seit einigen Jahren ist der Ton der Vereinsspitze schulmeisterlicher geworden und versucht mit politischen Kommentaren und Anspielungen den Verein zu überhöhen.
Lassen wir doch bitte die Kirche im Dorf: Es geht immer noch um Spiele!
Um das Spiel an sich wäre es auch bei e-Mission gegangen, als die beiden Autoren auf die Bühne der Preisverleihung geholt wurden. Aber ein, viel interessanter erschien den Moderatoren nachzufragen, ob es Reaktionen von Klimaleugnern gab, ob die beiden bei ihren Recherchen zum Thema vom Glauben an ein gutes Ende abwichen und so weiter. Zu allem Überfluss trug Matteo Menapace, der eine Autor des frischgebackenen Kennerspiel des Jahres, auch noch eine subtile, für politisch Engagierte jedoch klar als israelfeindlich identifizierbare Botschaft auf seinem T-Shirt. Ein solches persönliches Statement hat bei einer Veranstaltung wie dieser nichts verloren. Dem Spiel hat die Aktion einen Bärendienst erwiesen. Jetzt sind wir schon so weit, dass bei einer Veranstaltung wie dieser eine Kleiderkontrolle eingeführt werden sollte. Was kommt als Nächstes?
Ich unterstreiche ausdrücklich, dass die Initiative "Spielend für Toleranz", die aus den Reihen des Vereins Spiel des Jahres hervorging, nicht gemeint ist, was die Kritik angeht. Im Gegenteil, gerade die teils unterirdischen Chat-Beiträge haben bewiesen, wie notwendig ein respektvolles Gemeinsam wäre.
Das Fass den Boden ausgeschlagen haben jene Zeitgenossen, die das Jurymitglied Christoph Schlewinski dafür geißelten, weil er sich über seine Körperfülle lustig machte. Super, jetzt ist also schon Selbstironie ein Verbrechen! Ich persönlich kann gut und gerne auf solche woken Hosenscheißer verzichten. Großen Respekt für Schlewinskis leidenschaftliche Erklärung, was hinter "Spielend für Toleranz" steht!
Das internationale Publikum bekam das in einer guten Simultanübersetzung mit. Umgekehrt blieb ein beträchtlicher Teil des heimischen Publikums ratlos für den Bildschirmen, weil die beiden Moderatoren es nicht der Mühe wert fanden, die vielen auf Englisch geführten Interviews wenigstens kurz auf Deutsch zusammenzufassen.
Immerhin bei diesem Kritikpunkt muss ich den zahlreichen Meckerern im Youtube-Chat recht geben. Arroganz mit Ignoranz, das ist eine schlechte Mischung.
Was denkst du darüber?
Leserinnen und Leser schauten sich auch das an: